Betreuer der deutschen Mannschaft Neusser bei Eishockey-WM unverzichtbar

Neuss · Schlittschuhe schleifen, Trikots waschen, ein offenes Ohr für die Spieler – ohne Betreuer funktioniert kein Eishockey-Team. Der Neusser Christian Menningen kümmert sich aktuell bei der WM um die deutsche Nationalmannschaft.

 Betreuer Christian Menningen wechselt während eines Spiels der Krefeld Pinguine die Kufe eines Schlittschuhs.

Betreuer Christian Menningen wechselt während eines Spiels der Krefeld Pinguine die Kufe eines Schlittschuhs.

Foto: City-Press GbR/Marco Leipold

Wer ist unverzichtbar im Eishockey? Außenstehende würden sagen: Kapitän, Torwart, Trainer. Fragt man innerhalb, kommen schnell die Betreuer ins Spiel, Neu-Deutsch: die Equipment-Manager. Die, die dafür sorgen, dass überhaupt trainiert und gespielt werden kann. Sie bringen die Ausrüstung von A nach B, sie schleifen Schlittschuhe, waschen Trikots und Schwitzwäsche, lüften Protektoren und Handschuhe, befüllen Trinkflaschen, bestellen und verteilen Material und haben immer ein offenes Ohr für die Sorgen der Spieler.

Christian Menningen ist so ein Equipment-Manager. Seit mehr als zwei Jahrzehnten macht der gebürtige Dormagener das. Erst ehrenamtlich beim Neusser EV, seit 2005 festangestellt bei den Krefeld Pinguinen in der Deutschen Eishockey Liga, mittlerweile auch für die Nationalmannschaft. Deshalb ist Menningen derzeit in Riga bei der WM. Am heutigen Dienstag (19.15 Uhr/Sport1) steigt das letzte Gruppenspiel gegen Gastgeber Lettland. Gewinnt das deutsche Team, steht es im Viertelfinale – und das wäre dann auch der Verdienst von Christian Menningen. Eigentlich kommt der 56-Jährige vom Fußball, spielte beim VfR Neuss, Bayer Dormagen und dem FC Straberg. „Aber dann hat mich mein Schwiegervater zum NEV mitgenommen, die Geschwindigkeit des Spiels hat mir gleich gefallen“, erinnert sich Menningen, der fortan häufiger kam.

Und als irgendwann ein Betreuer gesucht wurde, ließ er sich überreden. Über Jahre organisierte er Kabine und Spielerbank für den NEV, und wenn der zweite Torwart ausfiel, zog er sich die Ausrüstung an und stellte sich im Training ins Tor. Er, der nie Eishockey gespielt hatte. Das ging so weit, dass er zwei-, dreimal bei einem Spiel „als Ersatzgoalie auf der Bank“ saß, „ich bin dann sogar kurz vor Schluss eingewechselt worden“.

2005 wurde aus dem Spaß Ernst. Menningen war im Eishockey-Shop in Krefeld-Fischeln, da hörte er, dass die Pinguine einen neuen Equipment-Manager suchen. Menningen, damals im Hauptberuf Gebäudereiniger, bewarb sich und bekam den Zuschlag. Seitdem arbeitet er während der Saison 80, 90 Stunden die Woche. Los geht es meist schon um 6.30 Uhr. „Ich bin immer dreieinhalb Stunden vor dem Training in der Kabine und bereite alles vor.“ Hinterher, wenn die Spieler längst weg sind, sammelt er alles ein, wäscht mehrere Maschinen Wäsche, räumt auf.

Richtig stressig wird es an den Spieltagen, und davon gibt es zwei bis drei pro Woche, mit Testspielen, Hauptrunde und Play-offs können das bis zu 70 im Jahr werden. Vor allem auswärts kann das schlauchen. Menningen reist separat mit einem Transporter an, bereitet die Kabine vor, nicht mal während der Spiele kann er entspannen. Dann steht er hinter der Bank, reicht Trinkflaschen oder Handtücher an, repariert Helme, und wenn ein Schläger bricht, muss er schnell reagieren. Bei 20 Spielern mit je zwei bis drei Ersatzschlägern gar nicht so einfach, den richtigen zu finden.

Hinterher wird aufgeräumt. Alles in Metallkisten und ab in den Transporter. Dann geht es zurück nach Krefeld. Doch wenn das Team nach der Ankunft aus Bayern oder Berlin um 5 Uhr morgens nach Hause darf, geht es für Christian Menningen noch weiter. Transporter ausladen, Wäsche in die Maschinen, alles lüften. Erst danach darf er nach Hause auf die Neusser Furth. Bei der WM läuft das entspannter. Dort ist er nicht allein, zudem ist die Vorrunde stets an einem Ort. Dafür ist die Taktung höher, sieben Spiele in zwölf Tagen. Aber dennoch bleibt Zeit, sich außerhalb der Halle umzusehen. Er war schon in Dänemark und der Slowakei dabei, nun in Lettland, aber wegen der Corona-Auflagen darf er die abgeschottete WM-Blase mit Hotel und Eishallen nicht verlassen.

Den Spaß nimmt ihm das nicht. Er genießt das internationale Flair, tauscht sich mit den Kollegen aus Russland, Kanada, Schweden oder Finnland aus, lernt ein wenig die Sprachen der beteiligten Nationen. Das hilft ihm im Klub, denn die Spieler kommen aus aller Welt. Die wichtigsten Eishockey-Begriffe kennt er längst. Ende Juni ist dann endlich Urlaub, aber nicht lange, die Vorbereitung in Krefeld steht an, dafür muss er noch allerlei Material bestellen. Aber jetzt geht es erstmal ums Nationalteam. Und mit dem hat er einen großen Traum: „Olympia 2022 in Peking, das wäre doch was.“

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