Korschenbroich Neues Leben in der Schweiz

Korschenbroich · Vor sechs Jahren packte Sonja Kreutzer ihre Koffer, um in der Nähe von Zürich eine Arbeit anzunehmen. Die 36 Jahre alte Baumschulmeisterin hat sich in der Schweiz längst eingelebt. Was ihr fehlt: die niederrheinische Sprache.

 In ihrem Atelier "Alptraumfabrik" entsteht Kunst aus Holz - ihre Arbeiten zeigt Sonja Kreutzer regelmäßig auf dem Hoeren-Hof in Raderbroich.

In ihrem Atelier "Alptraumfabrik" entsteht Kunst aus Holz - ihre Arbeiten zeigt Sonja Kreutzer regelmäßig auf dem Hoeren-Hof in Raderbroich.

Foto: M. Reuter

Am Wochenende ging alles sehr schnell: Vater Josef Kreutzer holte seine Tochter am Düsseldorfer Flughafen ab, eine Stunde später war sie bereits im HoerenHof, wo sie ihre Holzskulpturen ausstellte. Drei- bis viermal im Jahr kommt die 36-Jährige, die in Raderbroich aufgewachsen ist, zurück nach Hause. Einmal im Jahr wird sie von ihren Eltern besucht. Die junge Frau, deren Vater eine kleine Baumschule in Raderbroich besitzt, braucht an ihrem Arbeitsplatz in der Schweiz nicht mehr so hart zupacken. "Irgendwann merkt man doch, dass man eine Frau ist", sagt Sonja Kreutzer, die als Verkaufsleiterin arbeitet.

Sie lebt in Egg bei Zürich. Die rheinische Kopfweiden-Idylle hat sie eingetauscht gegen eine Wohnung am Berg — mit Blick auf die Alpen. "Alptraumfabrik" nennt sie denn auch ihr Atelier, in dem Kunst aus Holz entsteht. Hügel, Wälder, Obstwiesen — eine Umgebung, in der sich die Raderbroicherin wohlfühlt. Der Schweizer unterscheide sich von der Mentalität jedoch deutlich vom Rheinländer: "Er ist eher reserviert." Trotzdem lässt es sich im Alpenland gut leben: "Die Gehälter sind höher als in Deutschland und die Schweizer achten mehr auf Qualität, beispielsweise bei der Ernährung", hat Sonja Kreutzer sehr schnell gemerkt.

Die Frau, die als Baumschulmeisterin in Korschenbroich und Umgebung vergeblich nach einer passenden Stelle gesucht hat, ist noch Single. Der "Richtige" ist ihr eben noch nicht begegnet. Trotzdem begnügt sie sich keinesfalls damit, sehnsuchtsvoll in Richtung Alpen zu schauen: "Ich habe in der Schweiz schon Freundschaften geschlossen", gibt Sonja Kreutzer zu verstehen. So schön die Landschaft in ihrer Wahl-Heimat auch ist: Regelmäßige Reisen müssen sein — egal, ob eben mal nach Berlin oder in die Ferne. Für den Winter plant die Raderbroicherin eine lange Reise in die Sonne — das genaue Ziel steht noch nicht fest.

Eine ihrer besten "Freundinnen" ist die Kettensäge, die sie als Künstlerin immer wieder einsetzt. Auch in der Schweiz stößt ihre Holz-Kunst auf erstaunlich positive Resonanz: "Von der Kunst jemals leben zu können, das zeichnet sich derzeit aber nicht ab." Immerhin freut sich Sonja Kreutzer, dass sie bezüglich ihres Arbeitsmaterials an der Quelle sitzt: "Immer, wenn in meiner Baumschule alte Bäume ausrangiert werden, bin ich da, um sie mir direkt zu sichern."

So gut es der jungen Frau aus Raderbroich auch in der Schweiz gefällt — eine Rückkehr in ihre Heimat möchte sie nicht kategorisch ausschließen. Eines steht aber für sie fest: "Wenn Deutschland — dann Rheinland." Die Baumschule ihres Vaters wird sie allerdings nicht übernehmen.

(NGZ)
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