TSV Bayer Dormagen und Tuspo Obernburg Nachbarschaftliche Hilfe

Von Volker Koch

Von Volker Koch

Schiedsrichter haben es nicht leicht in diesen Tagen. Seit ein gewisser Robert Hoyzer die fortgesetzte Manipulation von Fußballspielen zum Zwecke der Bereicherung zugegeben hat, werden ihre Entscheidungen, gleich in welcher Sportart, mit Argusaugen betrachtet. Nun sollte man nicht gleich hinter jedem umstrittenen oder unberechtigten Pfiff unlautere Absicht vermuten. Auf der anderen Seite sollten Sportverbände sich jedoch bemühen, erst gar keinen Anlass für solche Verdächtigungen zu liefern.

Der Deutsche Handball-Bund (DHB) hat das offensichtlich nicht begriffen. Denn mit der Leitung der Zweitliga-Partie zwischen TSV Bayer Dormagen und Tuspo Obernburg betraute er am Samstagabend Christian Moles und Lutz Pittner aus Heddesheim und Hemsbach. Von Heddesheim nach Dormagen sind es 261 Kilometer, von Heddesheim nach Obernburg deren 70. Nichts ungewöhnliches, und sicher kein Anlass, dahinter Nachbarschaftshilfe zu wittern.

Doch Heddesheim liegt vor den Toren Mannheims - und genau da sind auch die schärfsten Rivalen des TSV Bayer Dormagen um den zweiten Tabellenplatz zu Hause, die SG Kronau/Östringen und die TSG Friesenheim. Von Heddesheim nach Kronau sind es 37 Kilometer, von Heddesheim nach Eppelheim, wo die SG ihre Heimspiele austrägt, nur 17. Und nach Friesenheim (19 Kilometer) ist es auch nicht viel weiter ...

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Nicht, wenn man sich die Spielleitung von Moles/Pittner am Samstagabend anschaut: Vier Zeitstrafen gegen dieDormagener in den ersten 28 Minuten, null gegen die Gäste im gleichen Zeitraum; sieben Strafwürfe gegen den TSV, ganze zwei gegen Obernburg, allein schon diese Zahlen zeigen das Ungleichgewicht ihrer Entscheidungen, denn in puncto Härte schenkten sich beide Teams nichts.

Noch frappierender wird es, setzt man die Entscheidungen in Relation zum Spielverlauf: Die Strafwürfe für die Hausherren sowie drei der vier Zeitstrafen gegen Obernburg verhängten Moles/Pittner erst, als die Partie nach der Pause eindeutig zugunsten der Dormagener kippte. Und dass sie nicht ein Mal das "passive Spiel" der Gäste unterbanden, obwohl diese ihre Angriffe bis zur Unerträglichkeit ausreizten, am Ende gar keinen Drang mehr Richtung gegnerisches Tor entwickelten, war gleichfalls auffällig: Gut ein Dutzend Mal hoben sie die Hand, um "Zeitspiel" anzuzeigen - und ließen jedes Mal die Obernburger seelenruhig drei, vier weitere Querpässe spielen.

Letztes Indiz: Als sich Kai Wandschneider nach 24 Minuten besondern heftig über eine Schiedsrichter-Entscheidung erregte, bedachten sie den Bayer-Coach mit einer "Bankstrafe" - der ersten überhaupt in seiner Trainerlaufbahn. Was hatte der Handball-Lehrer Schlimmes gesagt? "Ihr kommt doch aus der Nähe von Kronau - so pfeift Ihr auch."

Nun soll Christian Moles und Lutz Pittner keine wie immer geartete Manipulationsabsicht unterstellt werden. Fingerspitzengefühl hat der DHB mit einer solchen Schiedsrichteransetzung jedoch nicht bewiesen - und sie ist kein Einzelfall in der Zweiten Liga Süd. Dabei geht es im Kampf um Platz zwei, der zur Teilnahme an der Erstliga-Relegation berechtigt, um viel Geld - vor allem für die SG Kronau/Östringen, die nach einer Rückkehr ins Oberhaus in die neuerrichtete Mannheim-Arena umziehen will.

Und schon davon spricht, mit der Riesenhalle im Rücken zum "THW Kiel des Südens" zu werden. Da passt so ein frecher Emporkömmling wie der TSV Bayer Dormagen offenbar nicht in die Landschaft, sind in der Mannheim-Arena doch bestimmt auch Vip-Karten für verdiente Funktionäre eingeplant. Dass der TSV trotzdem mit 25:19 gewann und seine Serie auf 19:1 Punkte in Folge ausbaute, kann da nur als ein Stück ausgleichender Gerechtigkeit bewertet werden.

(NGZ)
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