Korschenbroich Musikwissenschaftler hilft als Pfarrer aus

Korschenbroich · Einmal im Jahr kommt Dariusz Smolarek nach Korschenbroich, um der Pfarrgemeinde St. Andreas als Urlaubsvertretung unter die Arme zu greifen. In Polen ist der 53 Jahre alte Lehrer an einer Priesterschule.

 Musikwissenschaftler übernimmt die Urlaubsvertretung in der Pfarrgemeinde St. Andreas: Dariusz Smolarek aus der Stadt Ozarów Mazowiecki.

Musikwissenschaftler übernimmt die Urlaubsvertretung in der Pfarrgemeinde St. Andreas: Dariusz Smolarek aus der Stadt Ozarów Mazowiecki.

Foto: L. Berns

Als Dariusz Smolarek 2006 zum ersten Mal die Andreas-Kirche betrat, staunte er nicht schlecht. Es war die imposante Orgel, die das Herz des Musikwissenschaftlers höher schlagen ließ. "Ein wunderschönes Instrument — etwas ganz Besonderes", schwärmt der 53-Jährige, der, wenn er in Korschenbroich ist, jede freie Minute nutzt, um an dem Instrument zu "üben", wie er sagt. Doch der Pole kommt nicht nur jedes Jahr in die Katholische Pfarrgemeinde St. Andreas, um dem Orgelspiel zu frönen. "Er greift uns als Urlaubsvertretung unter die Arme", erklärt Pfarrer Marc Zimmermann.

In seiner polnischen Heimatstadt Ozarów Mazowiecki — 20 Kilometer westlich von Warschau — ist Smolarek Musiklehrer an einer Schule für Priester, einer Zweigstelle der Katholischen Universität Warschau. Neben der musikalischen Ausbildung stehen unter anderem auch die Fächer Philosophie, Geschichte und Fremdsprachen auf dem Plan der rund 40 Studenten. In Korschenbroich hält Smolarek mehrmals wöchentlich Messen und Beerdigungen ab — rund drei Wochen dauert sein Besuch insgesamt, ehe es Ende August wieder mit dem Zug zurück nach Polen geht.

Doch wie kam es dazu, dass ein polnischer Priester, der 1200 Kilometer entfernt lebt, in Korschenbroich aktiv ist? "Hildegard Müller, die verstorbene Schwester von Subsidiar Alois Müller, hat viel für unsere Schule getan, so ist die Verbindung entstanden", erklärt Smolarek. 1982 kam der erste Kontakt zustande. In der damaligen Zeit des Kommunismus fehlte es an sehr viel in Polen. "Besonders an Essen", weiß Pater Dariusz. Hildegard Müller spendete neben Lebensmitteln auch Kleidung. Grund für Dariusz Smolarek, etwas zurückzugeben und in der Korschenbroicher Pfarrgemeinde auszuhelfen, wenn Not am Mann ist. "Ich mag Korschenbroich sehr. Die Menschen hier sind sehr gastfreundlich und auch die landschaftliche Umgebung ist schön", sagt der 53-Jährige, der auch mal eine Fahrradtour zum Schloss Rheydt unternimmt oder ins Schwimmbad fährt.

Zurzeit schreibt Smolarek an seiner Habilitation in Musikwissenschaften, arbeitet nebenbei an der Katholischen Universität in Lublin als Musikforscher. Staubige Finger stehen dabei auf der Tagesordnung. "Ich schaue in Klosterarchiven nach vergessenen Musikstücken aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert", sagt der Musikwissenschaftler, der seit seiner Kindheit Instrumente wie Klavier oder Akkordeon beherrscht. Smolareks dreiwöchiger Aufenthalt soll nicht sein letzter Besuch in Korschenbroich gewesen sein. Schließlich warten nicht nur seine vielen Bekannten auf ihn, sondern auch seine geliebte Orgel. "Ich komme gerne wieder, wenn ich gebraucht werde", sagt Smolarek lächelnd. Dann wird er auch sicher wieder an der großen Orgel zu finden sein.

(NGZ)
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