Korschenbroich Mittelaltermarkt in Liedberg

Korschenbroich · Eine bessere Kulisse als das mehr als 900 Jahre alte Liedberg ist für einen Mittelaltermarkt kaum vorstellbar. Allerdings spielte das Wetter beim Hildegundismarkt am Wochenende nicht so ganz mit.

 Er zog am Wochenende die Blicke auf sich: Falkner Pierre Schmidt aus Gymnich ließ beim Hildegundismarkt seinen prächtigen Weißkopfseeadler vor der Kulisse des Liedberger Schlosses fliegen.

Er zog am Wochenende die Blicke auf sich: Falkner Pierre Schmidt aus Gymnich ließ beim Hildegundismarkt seinen prächtigen Weißkopfseeadler vor der Kulisse des Liedberger Schlosses fliegen.

Foto: L. Berns

Marco Wahl aus Gymnich (29) ist Falkner. Er ließ vor dem Liedberger Schloss seinen Weißkopfseeadler fliegen und schwärmte von der "tollen Kulisse". In der Scheune vor dem Schloss erklang mittelalterliche Musik, der Erzähler Reinhard Schippers wartete als Adamus Lanicerus auf Publikum, um seine Geschichten vorzutragen. Und etwas abseits, auf der Wiese gegenüber dem Sandbauernhof, feierten Gudrun Kratzborn und Orlando Girotto aus Alsdorf ihre Hochzeit im mittelalterlichen Stil.

Ralf Frommen, Geschäftsführer des Heimatvereins Liedberg, gehörte zu denen, die den kräftigen Regenschauer im zugigen Eingang des Schlosses abwarteten, während sich mittelalterlich gekleidete Akteure wünschten, sie hätten die Skiunterwäsche angezogen. Es gab also durchaus ungemütliche Momente auf dem vom Heimatverein organisierten Hildegundismarkt.

Aber spätestens, wenn sich die Sonne blicken ließ, war die — mittelalterliche — Welt wieder in Ordnung. Die Schlossführungen waren heiß begehrt, aber auch die Scheune war eine beliebte Anlaufstelle: Nicht nur, weil hier Dieter Armbruster (69) und seine Enkelin Anna (11) heiße Würstchen verkauften: Dort gab es Holzschwerter für die Nachwuchs-Ritter, Dudelsackmusik ertönte und es ging auch leicht orientalisch angehaucht zu — ganz in diesem Sinne gab es kulinarische Köstlichkeiten wie Sigara Börek.

Ralph Jäger aus Hintermühlen bei Montabaur gewährte einen Einblick in das Handwerk des Instrumentenbauers. Als Scivias schnitzte er einen kunstvollen Trommelgriff. Gleich nebenan hämmerten Kinder auf einem Hufeisen herum. Dass der mittelalterliche Schmied Reinhold aus Gelsenkirchen früher als Verwaltungsangestellter gearbeitet hatte, sah man ihm nun wirklich nicht an. "Darf ich auch mal?" Bei ihm standen die Kids Schlange. Babette aus Neuss, im wahren Leben Hausfrau und Mutter, lockte Besucher in ihr Zelt, um wahrzusagen und die Kunst des Handauflegens zu praktizieren.

Wer war das, der Karl Lagerfeld des Mittelalters? Cernunos nannte sich der 55-jährige Bochumer, der mittelalterlich Kleidung feilbot, preiswert in Südamerika produziert. "Das ist etwas für Mittelalter-Einsteiger, die nicht so viel Geld ausgeben möchten", erklärte Cernunos, dessen Gewänder trotz der günstigen Kurse nur sehr wenige Käufer fanden. Dass das Mittelalter so nüchtern nicht war, machten Angebote wie die unterschiedlichsten Liköre, Met oder das nostalgische Kegelspiel deutlich.

Und in der Nähe des Liedberger Marktplatzes strahlten die begeisterten Mittelalter-Darsteller Gudrun Kratzborn und Orlando Girotto um die Wette: Sie hatten sich gerade das Ja-Wort gegeben, feierten im Stile der "Veytaler Ritterschaft" mit gut 100 Gleichgesinnten. Und sie verbrachten ihre Hochzeitsnacht in einem schlichten Zelt auf einer vom Regen aufgeweichten Wiese.

(NGZ)
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