Pfarrgemeinde St. Andreas Maultrommeln und Zauberpfeifen

Pfarrgemeinde St. Andreas · Von Rudolf Barnholt

Von Rudolf Barnholt

Mit einem mittelalterlichen Fest erinnerte die katholische Pfarrgemeinde St. Andreas am Sonntag an das 500-jährige Bestehen des Korschenbroicher Kirchturms . Gaukler und Musikanten erzeugten eine Atmosphäre wie zur Zeit der Bauarbeiten. Führungen schlossen den Kreis. Mittelalterliche Musik prägte gestern das Fest der Pfarrgemeinde St. Andreas zum 500-jährigen Bestehen des Korschenbroicher Kirchturms. Ein buntes Programm mit Information und Unterhaltung lockte viele Menschen an. NGZ-FOTO: L. BERNS

Der 56 Meter hohe Kirchturm mit seinen 500 Jahren war jetzt das überragende Ereignis, das das Fest der katholischen Pfarrgemeinde St. Andreas in Korschenbroich prägte. Angesichts der mittelalterlichen Angebote und der entsprechenden Kostüme fühlten sich die Besucher in längst vergangene Zeiten zurückversetzt. Messdiener in feschen Landknechtsuniformen boten regelmäßig Turmführungen an. Die Resonanz ließ jedoch ein wenig zu wünschen übrig.

Dr. Rita Mielke, die sich intensiv um die Ausstellung über den Kirchturm gekümmert hatte, kam am Sonntag als spätmittelalterliche Küchenfrau daher. Am späten Vormittag war ihr klar: "Vor 500 Jahren hätte ich jetzt im Kellergeschoss gesessen und Kartoffeln geschält." Exotisch wirkte sie mit ihrem Kostüm keinesfalls: Der Gaukler zog die Kinder in seinen Bann, eine Gruppe, die in prächtigen Kostümen mittelalterliche Musik spielte, war vor einer kleinen Schar weißer Ziegen umgeben. Norbert Gramsch vom Schnaps-Museum in Kattenes bot promillehaltige Köstlichkeiten wie den Sekt-Likör an.

Normalerweise arbeitet Moni ja in Augsburg als Sozialpädagogin. Am Sonntag schlüpfte sie in die Rolle der mittelalterlichen Marktfrau, um unter anderem Kässpatzen zu verkaufen. Silberlinge rechnete sie eins zu eins in Euro um, und sie akzeptierte auch Schuldverschreibungen - und meinte damit Euro-Scheine. Sie klagte über schlechte Geschäfte. Tja, die Zeiten sind längst vorbei, als Bürger die Märkte rund um die Kirche nach dem sonntäglichen Gottesdienst zu schätzen wussten, weil sie ihnen weite Wege während der Woche ersparten.

Auch die Maultrommeln und Zauberpfeifen und was es sonst noch alles an Mittelalter-Andenken gab, stieß auf vergleichsweise geringes Interesse. Und die schwülwarme Luft förderte nicht gerade die Lust, die insgesamt genau 122 Stufen im Kirchturm zu erklimmen. Doch die Mühe sollte sich lohnen: Nicolas Brüggen und Dominik Poppe gehörten zu den sechs Messdienern, die bei Kerzenschein und gregorianischer Musik auf dem ersten Zwischendeck des Turms von St. Andreas einen Film vorführten und Fragen beantworteten.

Man kam in dem engen, steilen Treppenhaus schon ganz schön außer Atem, die Bretter knarrten bedenklich, die Bilder berührten die Zuschauer: Da war unter anderem zu sehen, wie im Jahr 1917 die Glocken zum Einschmelzen abgeholt wurden. So wie im Grimmschen Märchen der Hänsel der bösen Hexe lange Zeit zu mager war, so war die Marienglocke mit ihren vergleichsweise bescheidenen 1 050 Kilogramm wahrscheinlich zu wenig ergiebig für die begehrte Waffenproduktion, um eingeschmolzen zu werden.

Sie stammt aus dem Jahr 1656 und ist immer noch die kleinste, aber mit Abstand älteste Glocke im Turm der Korschenbroicher Hauptkirche. Die Messdiener erinnerten unterdessen an die Tradition des Beierns, des Glockenschlagens: Sie lebt einmal jährlich zu Pfingsten auf. Und sie informierten darüber, dass der Turm ursprünglich nicht so hoch war wie jetzt. Auf dem ersten Zwischendeck sind noch deutlich die Löcher im Mauerwerk zu sehen - hier war einst der Glockenstuhl mit Balken befestigt. Wann die Aufstockung auf die aktuelle Höhe erfolgte, ist nicht belegt.

INFO: "St. Andreas" ist der schlichte Titel einer Festschrift, die ein Buch ist - ein ziemlich prachtvolles Buch in hervorragender Ausstattung. Die Beiträge über die Geschichte der Pfarrei St. Andreas sind von Ansgar Heveling, Michaele Messmann, Gottfried Kempen sowie Pfarrer Alois Müller geschrieben worden. Dr. Rita Mielke hat die Arbeiten koordiniert. Preis: 12 Euro. Das Werk ist im Pfarrbüro, in der Bücherei und in der Buchhandlung Weisenmayer erhältlich.

(NGZ)
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