Lokalsport Lobinger stahl Otto die Schau

Tim Lobinger hüpfte von der Matte, als ob er gerade einen der wichtigsten Titel seiner Karriere gewonnen hätte. Dabei war es nur der erste Wettkampf der olympischen Saison, den der 35 Jahre alte Rheinbacher im Dress der LG Stadtwerke München für sich entschieden hatte. Mit 5,76 Meter - einer Höhe, die er im Laufe seiner langen Karriere schon mehr als einhundert Mal überquert hatte.

Trotzdem war dem Hallenweltmeister von 2003 eine gerade diebische Freude deutlich anzumerken - Lobinger kriegte das Grinsen minutenlang gar nicht mehr aus dem sonnengebräunten Gesicht: "Beim Heimmeeting eines Konkurrenten zu gewinnen macht natürlich doppelt so viel Spaß", stellte der 35-Jährige mit sichtlicher Genugtuung und einem Seitenblick auf Björn Otto fest.

Der Lokalmatador, der seit seinem fünften Lebensjahr das Trikot des TSV Bayer Dormagen trägt, hatte im vergangenen Jahr an gleicher Stelle noch mit 5,70 Meter triumphiert. Die übersprang der 30 jahre alte WM-Fünfte von Osaka am Freitagabend auch.

Doch das reichte zum Saisoneinstand "nur" zu Platz zwei in einem hochkarätigen Wettbewerb, in dem aus der nationalen Springergarde nur zwei Akteure fehlten: Studenten-Weltmeister Alexander Straub (LG Filstal) schraubte sich am gleichen Abend beim Hallenländerkampf in Glasgow über 5,72 Meter.

Und der WM-Dritte Danny Ecker war zwar ins TSV-Bayer-Sportcenter gekommen - aber nur zum Zuschauen und um seinem ehemaligen Disziplinkollegen Michael Stolle, mit einer Besthöhe von 5,95 Meter immer noch zweitbester deutscher Stabhochspringer aller Zeiten, für dessen Beitrag im Deutschen Sportfernsehen ein Interview zu geben.

Michael Stolle, während seiner aktiven Laufbahn auch mal in Dormagen aktiv, brachte nach den zweieinhalb Stunden die Stimmung am Höhenberg auf einen griffigen Nenner: "Ein schönes Meeting. Sehr gute Leistungen, tolle Stimmung - aber für das, was hier geboten wird, eindeutig zu wenig Zuschauer."

800 werden es wohl gewesen sein, darunter viele Familien mit Kindern, die die Gelegenheit nutzten, den Stabhochsprung und seine Stars hautnah zu erleben. Rund 100 mehr als im Jahr zuvor, doch verglichen mit den Zuschauerzahlen, die Meetings in Cottbus oder Potsdam anlocken, in der Tat (zu) wenig.

"Allein die Karnevalsveranstaltungen am gleichen Abend haben uns einige Hundert gekostet", ist TSV-Hauptgeschäftsführer Uli Derad überzeugt. Für Michael Stolle nur bedingt eine Begründung: "Ihr müsst einfach mehr Werbung machen, vor allem außerhalb Dormagens." Björn Otto sieht das ähnlich: "Die Werbung muss früher einsetzen. Bis hier die ersten Plakate hingen, hatten die meisten Leute sich für den Abend doch schon 'was vorgenommen."

Schade. Denn die Springer ließen sich wahrlich nicht lumpen, boten zweieinhalb Stunden eine nahezu perfekte Show. Entsprechend war die Stimmung auf den Rängen - die, die da waren, brauchten ihr Kommen wahrlich nicht zu bereuen.

Und auch der "Ausfall" von Hallenwirt Uli Jung, zur gleichen Zeit in Sachen Karneval engagiert, machte sich kaum bemerkbar - die Nachwuchs-Leichtathleten des TSV Bayer Dormagen, darunter die frischgebackene Nordrhein-Hallenmeisterin im Stabhochsprung, Kathrin Nosbüsch, hatten den Thekendienst gut im Griff.

Vier Springer setzten an diesem Abend die Akzente. Während dem Vorjahresdritten Fabian Schulze (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) im ersten Wettkampf nach langer Krankheits- und Verletzungspause die Nervosität deutlich anzumerken war und er ebenso bei 5,40 Meter hängenblieb wie die Leverkusener Richard Spiegelburg und Lars Börgeling, während sich der Vorjahreszweite Adam Kolasa (Polen) reichlich Fehlversuche leistete und er schließlich mit 5,50 Meter auf Rang fünf landete, mischte Tobias Scherbarth die Etablierten kräftig auf: Im Vorjahr war er an gleicher Stelle mit 5,50 Meter Bestleistung gesprungen.

Diesmal sattelte der 21 Jahre alte Leverkusener noch zehn Zentimeter drauf und egalisierte seine Bestmarke aus dem vergangenen Sommer. "Im nächsten Jahr springe ich hier dann 5,70 Meter", zeigte der Mann mit dem wallenden Blondschopf gesundes Selbtbewusstsein.

Das brachte ihn höhengleich mit dem 19 (!) Jahre älteren Jeff Hartwig auf Rang drei. Der Reptilienfan aus Montana stellte mit den 5,60 Meter einen "Weltrekord" für Über-Vierzigjährige auf, was zunächst außer Leszek Klima keiner bemerkt hatte. Die "Ikone" unter den Stabhochsprungtrainern, erstmals beim Dormagener Meeting dabei, hatte seinen Spaß nicht nur am Altmeister aus den USA: "Klasse Leistungen, Super Stimmung - das hatte ich so gar nicht erwartet."

Den Zweikampf um den Sieg zwischen Tim Lobinger und Björn Otto schon. "So gut bin ich noch nie in eine Saison gestartet - und das mit 35", freute sich Lobinger, der die 5,76 Meter im ersten Versuch übersprang und, nachdem Björn Otto drei Mal an 5,81 Meter gescheitert war, seinerseits auf weitere Versuche verzichtete. Angesichts seines Sieges in der Höhle des Löwen konnte er das der Höhle des Löwen konnte er das gut verschmerzen.

(NGZ)
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