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VfR 06 Neuss wird Insolvenzantrag stellen Kokesch und Bergemann bilden Notvorstand

Die Erleichterung bei Jupp Kokesch war fast durch das Telefon greifbar. Am Dienstag Nachmittag teilte der Sportliche Leiter des VfR 06 Neuss mit, dass der verzweifelt gesuchte Vize-Präsident Ju Xiong Liu am Morgen überraschend aus China zurückgekehrt sei. Vor ihm liegt ein steiniger Weg: Jupp Kokesch will mit dem VfR 06 Neuss als Notvorstand in die Insolvenz gehen. NGZ-Foto: L. Berns

Die Erleichterung bei Jupp Kokesch war fast durch das Telefon greifbar. Am Dienstag Nachmittag teilte der Sportliche Leiter des VfR 06 Neuss mit, dass der verzweifelt gesuchte Vize-Präsident Ju Xiong Liu am Morgen überraschend aus China zurückgekehrt sei. Vor ihm liegt ein steiniger Weg: Jupp Kokesch will mit dem VfR 06 Neuss als Notvorstand in die Insolvenz gehen. NGZ-Foto: L. Berns

Daraufhin habe er sich schnurstracks nach Düsseldorf begeben, um sich von dem an der Ausübung seines Amtes längst nicht mehr interessierten Funktionär seinen Rücktritt schriftlich bestätigen zu lassen. Mit diesem Schreiben, das das endgültige Ausscheiden des letzten Mitgliedes der Führungsmannschaft bestätigt, werden Kokesch und der seit Monaten nicht mehr ausschließlich als Trainer tätige Wolfgang Bergemann heute beim Amtsgericht Neuss vorstellig, um sich als Notvorstand eintragen zu lassen.

Danach geht's nach der Konsultation eines Rechtsbeistandes umgehend weiter zum Amtsgericht Düsseldorf, wo die beiden jetzt rechtsgültig die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über den mit rund 100.000 Euro verschuldeten Traditionsverein beantragen werden. Damit kommt Bewegung in die Angelegenheit, die am Montagabend bei einer für VfR-Verhältnisse erfreulich sachlich verlaufenen außerordentlichen Mitgliederversammlung noch eher aussichtslos angemutet hatte.

Denn ohne Ju Xiong Liu wäre, wie der bei den "Grün-Weißen" in beratender Funktion tätige Heiner Cöllen, Richter am Amtsgericht Neuss, am Montag ausführte, "nur einer der zahlreichen Gläubiger rechtlich dazu in der Lage gewesen, einen Insolvenzantrag zu stellen". Das hätte sicher jede Menge Überzeugungsarbeit, aber auch viel Zeit gekostet - und gerade davon hat der Verein im Moment am aller wenigsten. Denn Kokesch und Bergemann sowie die meisten der rund 60 zur Versammlung erschienenen Mitglieder sehen ihren sportlich seit dem vergangenen Sonntag aus der Landesliga abgestiegenen VfR 06 in der kommenden Saison in der Bezirksliga.

Dazu allerdings muss das Insolvenzverfahren bis zum letzten Spieltag am 23. Mai zumindest eröffnet sein. Ansonsten gilt Neuss bereits für die Saison 2004/05 als erster Absteiger und müsste dann nach einem nur schwerlich zu überstehenden Jahr ohne jedes Pflichtspiel in der Kreisliga A starten (die NGZ berichtete). Kokesch und seine Mitstreiter sind nun darauf angewiesen, dass das Amtsgericht Düsseldorf diese Dringlichkeit erkennt und das Verfahren ans Laufen bringt. Über den Berg wäre der VfR damit aber noch lange nicht.

"Die sehen die Hürde als genommen an, und das ist ein fataler Fehler", mahnt Cöllen. Denn bis zum 30. Juni (Ende der Spielzeit 2004/05) müssen die Gläubiger - unter anderem das Finanzamt, die Berufsgenossenschaft und ehemalige Trainer (Edgar Hagedorn, Heiko Peschke) - davon überzeugt werden, auf große Teile ihrer Forderungen zu verzichten. Geschieht das nicht oder verzichtet der vom Gericht eingesetzte Insolvenzverwalter mangels verwertbarer Masse gleich auf eine Eröffnung, ist der Konkurs und das damit verbundene Aus für den VfR 06 Neuss (sofortige Streichung aus dem Vereinsregister) nicht mehr zu vermeiden.

Also muss dringend Geld auf den Tisch - zum einen zur Befriedigung der Gläubiger, zum anderen, um den nicht unbedingt billigen Neuanfang in der Bezirksliga abzusichern. Helfen soll abermals Bundesligist Borussia Mönchengladbach, den Bergemann ebenso zu einem Benefizspiel gewinnen will wie Fortuna Düsseldorf. Ansonsten regiert das Prinzip Hoffnung. Hoffnung darauf, dass, so der überraschend bei der Versammlung anwesende Ex-Präsident Wilfried Prinz, ein von seinen Altschulden befreiter VfR plötzlich wieder interessant sein könnte für potentielle Sponsoren.

"Wir brauchen einen Sockelbetrag, um zumindest die erste Serie überstehen zu können", fordert Kokesch. Genau dieses in den vergangenen Jahren zur Gewohnheit gewordene Lavieren am Abgrund will VfR-Urgestein Franz Schoenen freilich nicht mehr ertragen. "Was spricht dagegen", fragte er, "wenn wir einen Neuanfang wagen, wenn der Verein demnächst anstatt 06 nun 04 heißt und in der Kreisliga C spielt?" Er plädierte für einen sauberen Schnitt: "Wir wissen trotzdem, wo wir hingehören, und den Leute ist's egal, in welcher Klasse wir spielen.

Hauptsache die Mannschaft ist erfolgreich." Ob ein Nachfolgeverein auch weiterhin an der Hammer Landstraße zu Hause sein dürfte, "dazu", meinte Sportamtsleiter Friedhelm Thissen am Montagabend vorsichtig, "kann ich keine Stellung beziehen ohne einen konkreten Auftrag der Verwaltung. Ich persönlich aber denke, dass die Politik mitzieht. Meine Unterstützung hat der Verein." Vage formulierte auch Rolf Knipprath, Vorsitzender des Sportausschusses: "Von meinem Gefühl her sage ich, das müsste von der Theorie her klappen."

Für die radikale Lösung aber stünden Kokesch ("Dann würde ich den Weg frei machen für jüngere Leute.") und Bergemann ("Kreisliga C - diese Entscheidung wäre fatal.") ohnehin nicht zur Verfügung. Sie sehen in der Insolvenz und dem Neustart in der Bezirksliga die einzige Chance für einen Fortbestand des Vereins. Heiner Cöllen jedoch ist skeptisch, befürchtet: "Hier wird Kaffeesatzleserei betrieben. Es gibt keine Garantie."

(NGZ)
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