Korschenbroich Klose und Schule zeigen DDR-Willkür auf

Korschenbroich · Eine Ausstellung im Gymnasium Korschenbroich dokumentiert Schicksale junger Oppositioneller in der DDR. Hans-Ulrich Klose eröffnete sie jetzt und berichtete aus seiner Zeit in der DDR, in der er Opfer der SED-Willkür wurde.

 Der stellvertretende Landrat des Rhein-Kreises Neuss, Hans-Ulrich Klose, sprach bei der Eröffnung der Ausstellung im Gymnasium Korschenbroich über seine Kindheit in der DDR.

Der stellvertretende Landrat des Rhein-Kreises Neuss, Hans-Ulrich Klose, sprach bei der Eröffnung der Ausstellung im Gymnasium Korschenbroich über seine Kindheit in der DDR.

Foto: Isabella Raupold

Student Hans-Ulrich Klose ist mit dem Fahrrad in Ost-Berlin unterwegs, er ahnt nichts Böses. Plötzlich überholt ihn eine dunkle Limousine und zwingt ihn zum Anhalten. Zwei Männer von der Staatssicherheit steigen aus, sie hätten ein paar Fragen an ihn, sagen sie und geleiten ihn zum Wagen. Klose sieht ein Paar Handschellen — "dann war ich weg", sagt er.

1956 ereignete sich diese Szene. Der junge Mann, der damals als Mitglied in der Ost-CDU für die Stasi verdächtig erschien, wurde zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt. Was er in der Haft erlebte, erzählte Klose am Mittwoch rund 100 Oberstufenschülern in der Aula des Gymnasiums Korschenbroich.

Mit seinem Vortrag eröffnete der ehemalige Landtagsvizepräsident und stellvertretende Landrat des Rhein-Kreises Neuss die Ausstellung "Jugendopposition in der DDR", die dort mindestens bis Ostern zu sehen ist. Sie ist ein Projekt der Berliner Robert-Havemann-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

18 großformatige Plakate umfasst sie, anhand derer die Schicksale 18 junger aufständischer DDR-Bürger beleuchtet werden. Zur Vorbereitung auf die Ausstellung hatten sich die Schüler der Fachschaft Geschichte im Unterricht bereits mit ähnlichen Biografien befasst und mit dem politischen System der DDR vertraut gemacht. "Den Schülern heute ist nicht richtig bewusst, dass auch das Teil ihrer Geschichte als Deutsche ist", sagte Geschichtslehrer Patrick Albrecht, der das Projekt gemeinsam mit seiner Kollegin Gesa Gebbers betreut. Es soll die Jugendlichen für diese Sichtweise sensibilisieren.

Zeitzeugen wie Dr. Hans-Ulrich Klose liefern ihnen weitere Puzzleteile, mit denen sie sich kritisch ihr eigenes Bild von der DDR zusammensetzen können. "Das ist noch mal eine ganz andere Perspektive", sagte Eileen Henn (18). Dass im Unterricht die DDR thematisiert wird, finden sie und Mitschülerin Kathrin Schilbach (19) wichtig — auch, damit die Vergangenheit nicht verklärt wird. Doch Hans-Ulrich Klose berichtete in seinem Vortrag nicht nur Negatives. "Ich habe trotz des Systems eine glückliche Kindheit gehabt", sagte er.

Später aber erlebte er die DDR als "unmenschliches System", dessen Vertreter versuchten, den Widerstand politischer Gegner mit allen Mitteln zu brechen. "Der psychische Terror war schon gewaltig", erinnerte sich Klose an seine Zeit in Haft. Zermürbende Verhöre und Isolation prägten die Monate, in denen er nur noch die "Nummer 184" war. Doch "die kriegen mich nicht klein", dachte er damals — und er behielt recht.

(NGZ/ac)
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