Tischtennis Weihnachten mit der Familie – trotz Krieg

Holzbüttgen · Die drei in Kaarst lebenden ukrainischen Schwestern Iryna, Diana und Iolanta Yevtodii wollen das Christfest unbedingt mit der Familie in Odessa feiern.

Weihnachten bei der Familie Yevtodii in Odessa: Iryna (r.) nimmt mit ihrem Ehemann (l.) Mutter Tatyana, die Schwestern Iolanta und Diana sowie Vater Viktor (v.l.) in die Mitte.

Weihnachten bei der Familie Yevtodii in Odessa: Iryna (r.) nimmt mit ihrem Ehemann (l.) Mutter Tatyana, die Schwestern Iolanta und Diana sowie Vater Viktor (v.l.) in die Mitte.

Foto: Yevtodii

Das Weihnachtsfest wird für die ukrainische Familie Yevtodii wohl ein ganz besonderes. Seit über einem halben Jahr leben die drei Schwestern Iryna, Diana und Iolanta getrennt von ihrer Familie. Die Sportlerinnen sind im April wegen des Krieges in der Ukraine aus Odessa geflohen und haben Zuflucht und eine Herberge in Kaarst gefunden.

Die drei Geschwister sind dabei herzlich von Sportlerinnen und Sportlern der DJK Holzbüttgen empfangen worden, eine engagierte Gruppe aus dem Verein, kümmert sich von Beginn an um das Wohl der Schwestern. Die Jüngste, Iolanta, war noch minderjährig, als sie ihre Heimat verlassen musste.  Sie wurden zunächst in einer Familie aufgenommen und leben jetzt schon seit einiger Zeit gemeinsam in einer kleinen Wohnung in Holzbüttgen. „Wir schätzen uns sehr glücklich, in Kaarst zu sein. Wir hatten zu Beginn viele Probleme mit dem Papierkram, aber es gab immer Leute um uns herum, die uns gerne geholfen haben. Die Menschen hier sind alle freundlich und offen“, sagt Diana Yevtodii. Vor allem Iolanta und Diana (Iryna ist Handballerin) sind auch sportlich für die Tischtennis-Abteilung der DJK Holzbüttgen ein großer Gewinn. Iolanta spielt im Drittliga-Team der DJK, Diana ist sowohl in der NRW-Liga als auch in der Oberliga erfolgreich. Die drei Schwestern haben sich bereits auf ein Leben in Deutschland eingestellt, lernen fleißig die deutsche Sprache und konnten sich da schon über die ersten Zertifikate und Zeugnisse freuen. Trotz aller Freude über die große Akzeptanz, die ihnen in Deutschland entgegengebracht wird, hängen sie an ihrer Heimat, der Stadt Odessa, wie sie sagen, die Perle am Schwarzen Meer. Mit großer Sorge verfolgen sie daher die Berichte über die Kriegsgeschehnisse in ihrem Land und die tagelangen Stromausfälle in ihrer Heimatstadt. Noch ist Odessa zum Glück aber zu keinem der Hauptkriegsplätze geworden und so halten sich die Zerstörungen in der Millionen-Stadt auch noch in Grenzen. Davon konnten sich alle drei selbst bei einem Besuch in den Sommerferien überzeugen.

Mama Tatyana war auch schon in Deutschland zu Besuch, zu Iolantas 18. Geburtstag. Da konnte Papa Viktor nur aus der Ferne via Video-Telefonie gratulieren. Männern in der Ukraine  ist es bis zum 60. Lebensjahr verboten, das Land während des Krieges zu verlassen.  Für Weihnachten wurde aus gesundheitlichen Gründen dann aber eine Ausnahme erteilt, so dass Tatyana und Viktor gemeinsam nach Kaarst gereist sind, um zu schauen, wie es ihren Kindern in der Fremde geht. Da auch noch eine Tante und ein Cousin dazu kamen, haben sie für ein paar Tage zu siebt auf engsten Raum zusammen in Holzbüttgen gelebt.

Die Familie will sich vom Krieg nicht unterkriegen lassen, und so ist sie noch kurz vor Heiligabend aufgebrochen, um das Fest, „so wie immer“, gemeinsam mit der ganzen Familie in ihrer Heimatstadt zu feiern und alle Unwägbarkeiten in Kauf zu nehmen. „Natürlich wissen wir, dass es stressig wird, die Situation mit dem Strom ist sehr schlecht. Aber alle Menschen, die sich derzeit noch in der Ukraine aufhalten, leben seit langer Zeit unter diesen schwierigen Bedingungen. Wir verstehen jetzt, dass es nichts Wichtigeres gibt, als die Familie. Als der Krieg begonnen hat und wir flüchten mussten, konnten wir nicht einmal davon träumen, dass dies möglich sein wird“, sagt Diana. Und so werden die Yevtodiis versuchen, das Weihnachtsfest so zu begehen, wie in früheren Jahren, auch wenn vieles nicht so ist wie früher, sagt Diana: „Es wird in der Ukraine keine großen Feierlichkeiten geben, da der Krieg noch andauert und Menschen sterben.“ Jeder wird versuchen, im kleinen Familienkreis zu Hause Zeit mit der Familie zu verbringen.

Die orthodoxe Weihnacht wird etwas später gefeiert als in Deutschland üblich. So ist es auch bei den Yevtodiis. Gefeiert wird zwei Tage am 6. und 7. Januar. Dabei gehört der erste Tag komplett der Familie: „Es ist ein ruhiger Tag ohne Spaß und laute Musik.“ Am zweiten Tag wird dann normalerweise mit Freunden, viel Musik, Partys und einem großen Weihnachtsessen gefeiert. „Da müssen zwölf Gerichte auf dem Tisch stehen. Hauptgerichte sind Varenyky und Kutya“, führt Diana aus. Sie erklärt, dass Varenyky Teigtaschen sind, die mit Pilzen, Kartoffeln, Käse und Kirschen gefüllt sind und liefert das Rezept für die Süßspeise Kutya gleich mit.

Da die Ungewissheit weiter sehr groß ist, wie sich der Krieg entwickelt, kehren die drei Schwestern nach den Feierlichkeiten zurück in ihre Wohnung in Holzbüttgen und werden sich dann wieder von ihren Eltern verabschieden. Für alle Yevtodiis geht mit der Zusammenkunft auch ein Wunsch und eine Botschaft in die Welt, die sie mit vielen Landsleuten teilen: „Wir wollen Frieden in der Ukraine, nicht an unsere Ängste denken und das Leben jeden Tag genießen.“

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