Voltigieren Sina Struss wird zur tragischen Heldin

Neuss · Die 15 Jahre alte Voltigiererin des RSV Grimlinghausen darf wegen eines Fehlers des Verbandes nicht bei der Junioren-WM starten.

 Beim Preis der Besten war Sina Struss noch als „Unterfrau“ dabei – bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Ermelo muss die 15-Jährige wegen eines Meldefehlers des Verbandes zuschauen.

Beim Preis der Besten war Sina Struss noch als „Unterfrau“ dabei – bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Ermelo muss die 15-Jährige wegen eines Meldefehlers des Verbandes zuschauen.

Foto: © Daniel Kaiser/Daniel Kaiser;Daniel Kaiser - im|press|ions

Es gibt Geschichten, da könnte man gut darauf verzichten, die Hauptperson zu sein. Sina Struss wird das im Augenblick so gehen. Denn die 15-Jährige, eigentlich der „Unterbau“ (im Wortsinne) im Junior-Team des RSV Neuss-Grimlinghausen, ist im Vorfeld der am Dienstag startenden Junioren-Weltmeisterschaften in Ermelo zur tragischen Heldin der Voltigier-Welt geworden.

Mit der von Pauline Riedl trainierten Gruppe hatte sie Ende Mai den „Preis der Besten“ in Warendorf gewonnen und war im Anschluss daran vom Deutschen Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR) für die Junioren-WM nominiert worden. Glaubte sie jedenfalls, glaubte auch ihre Trainerin. Auf dem Meldebogen des deutschen Teams für Ermelo stand ihr Name jedoch nicht – und als die Neusser das merkten, war es zu spät: „Da war die offizielle Meldefrist schon abgelaufen,“ sagt Pauline Riedl.

Die 25-Jährige, selbst als Einzel-Voltigiererin für die zur gleichen Zeit im niederländischen Pferdesportzentrum ablaufende Europameisterschaft der Männer und Frauen qualifiziert, ist immer noch fassungslos, wenn sie die Geschichte erzählt. „Das ist einmalig in der Geschichte unseres Sports,“ sagt die Maschinenbau-Studentin, „als ich davon erfuhr, habe ich das alles zunächst für einen schlechten Scherz gehalten.“

Für Sina Struss und das Team war es jedoch bitterer Ernst. Und die mögliche Erklärung macht das Ganze nicht besser: Im Frühjahr hatten die Neusser das Internationale Turnier (CVI) im WM-Austragungsort Ermelo gewonnen. Ohne Sina Struss, denn die war wegen einer Erkrankung zu Hause geblieben, wurde von Leonie Falkenberg aus der zweiten Mannschaft vertreten. Und genau dieser Name steht auch auf dem Meldebogen für die WM. „Beim Verband haben sie wohl die Aufstellung vom Turnier in Ermelo kopiert und nicht die vom Preis der Besten,“ mutmaßt Pauline Riedl.

Und jetzt kommt der schöne Teil der Geschichte, der Sina Struss tatsächlich zur Heldin macht (und den es so wahrscheinlich nur im Voltigieren gibt): Wenn die Gruppe trainiert, ist die 15-Jährige auch weiterhin immer dabei. Nicht als Unterfrau, die die schwierigen Hebefiguren stemmen muss – diesen Part hat nun Leonie Falkenberg übernommen. Doch „sie hilft uns, wo immer sie kann,“ sagt die Trainerin, die „vor dieser Einstellung nur den Hut ziehen kann: Als Sina die Nachricht hörte, ist sie für eine Stunde nach Hause gefahren – und dann stand sie wieder im Stall und hat gesagt: Ich mache weiter.“

Auch die Reise nach Ermelo – am Freitag startet der Tross vom Nixhof samt Pferden erst einmal nach Warendorf zum Abschluss-Lehrgang, von dort geht es am Montag weiter in die Niederlande – macht die Ausgebootete mit, wird vor Ort die Daumen drücken und Pauline Riedl unterstützen. Ob’s zu einer Medaille reicht, weiß die Trainerin nicht: „Leonie Falkenberg macht einen Super-Job. Aber es ist natürlich eine Schwächung, wenn du zwei Wochen vor WM-Beginn die Mannschaft auf so einer wichtigen Position umkrempeln musst.“ Für sie ist das Edelmetall ohnehin nicht das wichtigste: „Wir wollen in allen drei Durchgängen unsere bestmögliche Leistung abrufen – alles andere können wir nicht beeinflussen,“ sagt Pauline Riedl. Wenn noch irgendwo ein Fairness-Preis zu vergeben ist – auf dem Nixhof wäre noch ein Eckchen im Pokalschrank frei.

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