Fechten Hier werden Olympiasieger gemacht

Dormagen · Wer künftige Olympiasieger sehen möchte, ist beim Junioren-Weltcupturnier um den „Preis der Chemiestadt Dormagen“ genau richtig. Die deutschen Säbelfechter haben freilich den Anschluss an die Weltspitze verpasst.

 Durch dieses Spalier ging schon so mancher, der später ein ganz Großer im Bereich des Säbelfechtens wurde.

Durch dieses Spalier ging schon so mancher, der später ein ganz Großer im Bereich des Säbelfechtens wurde.

Foto: Heinz J. Zaunbrecher

Wer sich in der Welt der Säbelfechter einen Namen machen möchte, kommt um einen Ausflug nach Dormagen nicht herum. Denn das Junioren-Weltcupturnier um den „Preis der Chemiestadt“, das am Samstag seine 44. Auflage erlebt, ist das größte und bestbesetzte seiner Art. Wer hier den Sprung aufs Podium schafft, hat gute Chancen, das auch später bei den Großereignissen der Aktiven zu tun – bis hin zu Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften.

Aron Szilagyi gewann hier 2006 – und wurde 2012 in London und vier Jahre später in Rio de Janeiro Olympiasieger. Aldo Montano belegte 1997 Rang drei – sieben Jahre später in Athen holte er Gold. Nicolas Limbach siegte 2003 – sechs Jahre, bevor der Dormagener in Antalya Weltmeister wurde. Der Siegeszug von Max Hartung wurde 2007 erst im Finale gestoppt und führte ihn zehn Jahre später zum ersten seiner zwei Europameistertitel. Der ungekrönte König ist aber Stanislav Podzniakov, der Sieger von 1991. Der Mann aus dem sibirischen Novosibirsk ist mit vier Olympiasiegen und zehn Weltmeistertiteln immer noch und wahrscheinlich für alle Zeit der erfolgreichste Säbelfechter der Welt.

Seine Tochter Sofia gewann 2015 im Bayer-Sportcenter, wurde ein Jahr später Dritte – und 2018 Weltmeisterin bei den Aktiven. Ihr jüngerer Bruder Vladislav ist nicht minder talentiert, wird auf der Junioren-Weltrangliste auf Platz zwölf geführt – und steht am Samstag in Dormagen auf der Planche.

Das tun im Übrigen in seiner russischen Landsfrau Alina Mikhoulova und dem Italiener Matteo Neri auch die aktuell Besten der Nachwuchs-Weltranglisten, bei den Junioren sind auch die drei folgenden Sebastien Patrice (Frankreich, gewann vor Wochenfrist den Weltcup-Auftakt im Warschau durch einen 15:12-Finalsieg über Neri), Eliott Bibi (Frankreich, belegte im Vorjahr in Dormagen Rang zwei) und Maxime Pianfetti (Frankreich, 2016 Zweiter, 2017 Dritter in Dormagen) für den „Preis der Chemiestadt“ gemeldet.

Die Chance, am Samstag einen kommenden Olympiasieger oder eine künftige Olympiasiegerin in Aktion zu erleben, ist so gering also nicht. Die Chance, dass darunter ein deutscher Säbelfechter ist, tendiert hingegen gen Null. Louis Haag vom FC Tauberbischofsheim ist derzeit auf Rang 37 bester Deutscher auf der Junioren-Weltrangliste. In Warschau beim Weltcup-Auftakt wurde er 60., vor ihm platzierten sich Eric Simon Seefeld (Solingen, 39.) und die Dormagener Bas Wennemar (45.) und Tim Nalewaja (50.). „Wir sind da zurzeit in einem Loch,“ gesteht Olaf Kawald, Fecht-Koordinator beim TSV Bayer und Disziplintrainer Säbel beim Deutschen Fechterbund, gibt aber gleichzeitig zu bedenken: „Wir sind durch die Erfolge der vergangenen zehn Jahre allerdings auch verwöhnt. Eine solche goldene Generation gibt es halt nicht immer,“ sagt er mit Blick auf die Nicolas Limbach, Max Hartung, Benedikt Wagner, Matyas Szabo und Co..

Geschenkt. Schließlich haben auch weitaus prominenter platzierte Sportarten mitunter solche Durststrecken zu überstehen. Doch beim deutschen Fechten (und beileibe nicht nur bei dem) steckt dahinter ein strukturelles Problem. Das sich bei Licht betrachtet vor allem als ein finanzielles entpuppt: „Brasilianer, Japaner, Ägypter und die Briten sind seit einer Woche in Dormagen zum Training,“ sagt Kawald, „so etwas könnten wir uns nicht leisten.“ Paradox, aber wahr: Die Wirtschaftsmacht Deutschland läuft in vielen olympischen Disziplinen den einstigen sportlichen Entwicklungsländern längst hinterher, auch im Fechten.

Keine Ausnahme von der Regel. Für die sorgen in diesem Fall die Säbel-Juniorinnen. „Ein ungewöhnliches, aber erfreuliches Bild,“ sagt Kawald über die Tatsache, dass die Mädels den Jungs den Rang abgelaufen haben. Lisa Gette (Künzelsau) ist Weltranglisten-Fünfte, dicht gefolgt von der Dormagenerin Larissa Eifler auf Rang neun. Gemeinsam belegten sie in Warschau Platz drei im Team-Wettbewerb. Dabei ist Larissa Eifler, die nach ihrem Abitur am Sportinternat Knechtsteden jetzt zur Sportfördergruppe der Bundeswehr gehört, gerade erst nach halbjähriger Verletzungspause wieder ins Geschehen auf der Fechtbahn eingestiegen.

Auf den schmalen Schultern der 19-Jährigen lasten nun die Dormagener Hoffnungen für Samstagabend. „Wenn ein Einheimischer im Halbfinale oder Finale steht, ist das natürlich gut für die Stimmung,“ sagt Olaf Kawald. Das war zuletzt vor vier Jahren so, da wurde Eduard Gert Zweiter.

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