Fußball Jetzt macht „Willi“ tatsächlich Schluss

Grevenbroich · Nach fast sechs Jahrzehnten als Trainer hat der Grevenbroicher Willi Weidenstraß auf der Ostseeinsel Fehmarn mit stolzen 83 Jahren auch die Pforten seiner immer während der Sommerferien geöffneten Fußballschule geschlossen. 

Mittendrin statt nur dabei: Moni (h.3.v.l) und Willi Weidenstraß (h.5.v.l) aus Grevenbroich mit den glücklichen Kindern von „Willis kleiner Fußballschule“ auf der Sommerinsel Fehmarn.

Mittendrin statt nur dabei: Moni (h.3.v.l) und Willi Weidenstraß (h.5.v.l) aus Grevenbroich mit den glücklichen Kindern von „Willis kleiner Fußballschule“ auf der Sommerinsel Fehmarn.

Foto: MW

Willi Weidenstraß ist ein glücklicher Mensch. Na klar, der Rücken schmerzt, trotz OP an der Wirbelsäule. Die Sehkraft auf dem linken Auge ist krankheitsbedingt so stark eingeschränkt, dass an Autofahren nicht mehr zu denken ist und zuletzt bereiteten ihm Schwindelanfälle Sorgen. Doch blickt der inzwischen 83-Jährige, mit seiner Frau „Moni“ seit 23 Jahren im idyllischen Ferienort Dänschendorf auf der Ostseeinsel Fehmarn zu Hause, auf sein Leben zurück, gibt es da eigentlich nur einen Moment, den er gerne ungeschehen machen würde.

1973, mit 34 Jahren, rasselte er in einem Match der Alten Herren nach einem gewonnenen Zweikampf mit Ex-Profi Peter Meyer (Borussia Mönchengladbach, Fortuna Düsseldorf) so unglücklich mit dem gegnerischen Torhüter zusammen, dass ihm die Ärzte nur noch einen Totalschaden zu bescheinigen wussten: Bruch des Schienbeinkopfes, Oberschenkelfraktur, Riss aller Bänder im linken Knie ... Eine furchtbare Verletzung. Mit den Folgen hat er bis heute zu kämpfen – und sie sind auch der Grund, warum der ehemalige Schlossermeister als Trainer nun tatsächlich in Rente geht. Mit dem Ende der Sommerferien auf der Sonneninsel schloss nach neun Jahren „Willis kleine Fußballschule“ ihre Pforten. Den Fußballlehrer Willi Weidenstraß, der im Rhein-Kreis unter anderem den BV Weckhoven, SV Rosellen, TuS Grevenbroich II und die SG Orken/Noithausen gecoacht hat, gibt es nicht mehr. Eine traurige Vorstellung.

Das Fehmarnsche Tageblatt vom 1. September zum Abschied von Willi Weidenstraß als Fußballtrainer.

Das Fehmarnsche Tageblatt vom 1. September zum Abschied von Willi Weidenstraß als Fußballtrainer.

Foto: MW

Aber was der für seine Verdienste ums runde Leder 2021 mit dem DFB-Ehrenamtspreis ausgezeichnete Schalke-Fan in den vergangenen fast sechs Jahrzehnten mit seiner ansteckenden Begeisterung und bewundernswerten Fachkenntnis aufgebaut hat, wird bleiben. Das geht weit über seine sportlichen Erfolge, wie etwa der Aufstieg mit der SG Insel Fehmarn 2017 in die Verbandsliga, hinaus. Zu seiner letzten Trainingsstunde war darum in Klaus Bischoff sogar der Vorsitzende des Kreisfußballverbandes Ostholstein gekommen. Klaus Treimer, Fußball-Obmann der JSG Insel Fehmarn, sagte zum Abschied: „Wir danken Dir im Namen der heimischen Vereine, dass Du diese Fußballschule angeboten hast, und wir danken dir, dass du so ein toller Mensch bist.“ Eine Wertschätzung, die den einstigen Kicker des längst in Vergessenheit geratenen BC Noithausen mit Recht stolz macht, als Antrieb für sein auch von NDR und WDR („Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“) sowie den Lübecker Nachrichten, der Heiligenhafener Post, fußball.de, dfb.de, facebook, twitter und natürlich youtube mit Beiträgen gewürdigtes Wirken benötigte er sie freilich nie. Was ihn bewegt, verriet er zuletzt dem Fehnmarschen Tageblatt: „Die Kinder sind der Wahnsinn. Wenn man sie Fußball spielen sieht, kann man gar nicht anders, als selbst mitzuspielen.“ Kommt er erstmal ins Erzählen, beginnen seine Augen zu leuchten: „Du kannst dir vorstellen, was los ist, wenn du 40 Kinder auf einem Haufen hast. Das macht richtig Spaß. Und dass die Kleinsten zwischendurch ganz selbstvergessen einfach nur das Gras auszupfen, spielt dann gar keine Rolle.“

Darüber könnte er glatt den FC Schalke 04 vergessen, dem sein ganzes (Fußball-) Herz gehört. Klaus Fischer, Vizemeister und Pokalsieger mit den „Knappen“, hat sogar eine Fußballschule auf Fehrmarn.

„Ich habe Schalke am Fernseher zum Wiederaufstieg in die Bundesliga geschrien“, sagt Weidenstraß. Und bei der Beschäftigung mit den „Königsblauen“, die gerade den schlechtesten Saisonstart seit 53 Jahren hingelegen, kommt ihm unweigerlich ein anderes Sorgenkind in den Sinn. Er fragt: „Was macht eigentlich der VfR Neuss?“ Nun, der hat nach dem Abstieg in die Kreisliga B nur eine seiner bislang sechs Partien gewonnen, aber schon drei Niederlagen auf dem Konto und ist nur noch einen Punkt von einem Abstiegsplatz entfernt. Dass dort nun Ex-Torjäger Günter, „sie nannten ihn Schädel“, Thiele als Berater eingestiegen ist, erinnert ihn an die gemeinsame Zeit als Trainer einer Fußballschule an der Hammer Landstraße. Die Aufgabenverteilung damals: „Ich habe die Arbeit gemacht und er hat die Verantwortung getragen.“ So viel Spaß muss einfach sein.

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