Lokalsport Jeder Teilnehmer ist ein Gewinner

Lokalsport · Mehr als 7500 Athleten aus 183 Nationen haben die Olympischen Sommerspiele für Menschen mit geistiger Behinderung zur größten Sportveranstaltung in diesem Jahr gemacht. Erfolgreich waren die Neusser Teilnehmer Madelene Eifert, Boris Becker, Thomas Peschkes und Dirk Fink.

 Brachten bei den "Special Olympics World Games 2011" gemeinsam sechsmal Edelmetall und drei vierte Plätze ein: (v.l.) Thomas Peschkes, Trainer Hermann Müller (Tennis), Boris Becker, Madelene Eifert, Trainer Thomas Gindra (Tischtennis) und Dirk Fink.

Brachten bei den "Special Olympics World Games 2011" gemeinsam sechsmal Edelmetall und drei vierte Plätze ein: (v.l.) Thomas Peschkes, Trainer Hermann Müller (Tennis), Boris Becker, Madelene Eifert, Trainer Thomas Gindra (Tischtennis) und Dirk Fink.

Foto: A. Woitschützke

Dirk Fink hat in Athen dreimal Gold geholt. Das macht selbstbewusst. Dem 43 Jahre alten Tischtennisspieler der Gemeinnützigen Werkstätten Neuss (GWN) saß gestern bei der offiziellen Präsentation der von ihm und seinen Teamkollegen Madelene Eifert (NTC Neuss-Stadtwald), Boris Becker und Thomas Peschkes (beide TC GW Neuss) in Athen eingebrachten Medaillen auf Gut Gnadental der Schalk im Nacken.

"Hermann, Dein Schuh ist auf", sagte er zu Hermann Müller. Und als der Blick des bei den Special Olympics als Tennis-Headcoach tätigen Übungsleiters hinunter zu seinen astrein geschnürten Schuhen ging, krähte der Neusser Goldjunge triumphierend: "Danke für die Verbeugung!"

Jede Menge Spaß hatten die vier Neusser Athleten, die in Athen zur rund 230 Köpfe starken deutschen Delegation gehörten, auch bei ihren Wettkämpfen. Trotz Streik, trotz Ausschreitungen — das von einer epochalen Finanzkrise gebeutelte Griechenland sei ein guter Gastgeber gewesen, stellt Thomas Gindra, Cheftrainer Tischtennis der GWN Neuss, fest. "Die Sportler haben von den Geschehnissen nichts mitbekommen."

Im Gedächtnis bleiben darum vor allem die vielen schönen Erlebnisse. Wie etwa die begeisternde Eröffnungsfeier im Panathinaikon-Stadion, 1896 Austragungsstätte der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit.

Gindra: "Obwohl wir erst um 3.30 Uhr im Bett waren und wir um 6.30 Uhr schon wieder aufstehen mussten, um uns fertig für den ersten Wettkampftag zu machen, hat es keiner bereut, diesen physischen und psychischen Kraftakt auf sich genommen zu haben."

US-Soulmusiker Stevie Wonder trat auf, sogar extra aus Monaco angereist war nur wenige Tage vor ihrer Märchenhochzeit mit Prinz Albert auch Charlene Wittstock — nur die überregionalen Medien zeigten der in diesem Jahr weltweit größten Sportveranstaltung die kalte Schulter.

Und das findet Gindra extrem bedauerlich: "Die Fernsehanstalten haben in ihrem Programm noch nicht mal fünf Minuten Zeit für uns und in der überregionalen Presse tauchen wir teilweise unter der Rubrik Kirchliches oder Sonstiges auf. Dabei sind wir Sportler und gehören in den Sportteil!"

Den Grund für die geringe Wertschätzung vermuten er und seine Mitstreiter in dem fehlenden Interesse der internationalen Special-Olympics-Bewegung, sich stets und ausschließlich auf die Besten zu fokussieren. Der Spruch "Jeder Teilnehmer ist ein Gewinner" ist keine hohle Phrase, sondern oberstes Prinzip. "Und wenn sich die Medien darauf einlassen würden, unsere Sportler zu treffen, würden die Grenzen schnell fallen, dann würden auch sie den besonderen Spirit spüren", ist Gindra überzeugt.

Berührungsängste kennen seine Schützlinge nämlich nicht. "Andere Menschen kennenzulernen, ist absolut super", stellt Boris Becker fest.

(NGZ/rl)
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