Interview zur Tour de Neuss Stephan Hilgers: „Treue Sponsoren sind ein großes Glück“

Hilgers · Der Vorsitzende des Neusser Radfahrervereins hofft auf eine Neuauflage der Tour de Neuss im nächsten Jahr. In diesem Jahr war die Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie schon im Juli endgültig abgesagt worden.

 Stephan Hilgers (r.) mit dem Deutschen Emanuel Buchmann, der im vergangenen Jahr bei der Tour de France Vierter wurde und anschließen in Neuss gewann.

Stephan Hilgers (r.) mit dem Deutschen Emanuel Buchmann, der im vergangenen Jahr bei der Tour de France Vierter wurde und anschließen in Neuss gewann.

Foto: Andreas Woitschützke

Der Mittwoch nach dem Abschluss der Tour de France in Paris ist normalerweise der Tag, an dem in Neuss die kreisweit publikumsträchtigste Sportveranstaltung steigt – die Tour de Neuss. Doch an der Strecke in der Innenstadt laufen nicht die letzten Vorbereitungsarbeiten, von Absperrgittern und Radsportlern gibt es keine Spur. Aus gutem Grund: Bekanntlich sagte der Neusser Radfahrerverein (NRV) als Veranstalter schon kurz vor dem ursprünglich geplanten Termin am 22. Juli die 19. Auflage der Tour de Neuss ab, als damals in der aktuellen Corona-Schutzverordnung das Verbot von Großveranstaltungen bis zum 31. Oktober bekanntgegeben wurde. Im Gespräch mit unserer Redaktion verrät der NRV-Vorsitzende Stephan Hilgers, wie er die „große“ Tour in Zeiten der Pandemie verfolgt hat und wie es mit der „kleinen“ Tour weitergeht.

Herr Hilgers, wie viel Spaß hat es ihnen in diesem Jahr gemacht, die Tour de France zu verfolgen?

Hilgers Dass ich die Tour de France nur mit halber Kraft verfolgt habe, hatte nicht mit der Absage unserer Veranstaltung zu tun. Sondern vielmehr damit, dass sich die deutschen Hoffnungsträger aus unterschiedlichen Gründen schon ziemlich früh von ihren Zielen verabschieden mussten. Emanuel Buchmann zum Beispiel, der voriges Jahr in Neuss gewonnen hatte, ging ja schon angeschlagen ins Rennen und kam als Vorjahresvierter am Ende deutlich hinter seinen Erwartungen in Paris ins Ziel.

Was war Ihr persönlicher Tour-Höhepunkt?

Hilgers Das war natürlich der überraschende Etappensieg von Lennard Kämna, der übrigens im vergangenen Jahr auch in Neuss am Start war. Klasse fand ich auch, dass ein kleines Land wie Slowenien zwei so tolle Fahrer im Gesamtklassement auf den Plätzen eins und zwei hat.

Wie fanden Sie das Niveau insgesamt bei der Corona-Tour?

Hilgers Zunächst habe ich mich mal gewundert, dass die Tour trotz der steigenden Infektionszahlen in Frankreich durchgezogen wurde. Ich hatte zwischendurch mit einem Abbruch gerechnet, denn die Zuschauer am Straßenrand sind ja nicht wirklich zu kontrollieren. Aber das zeigt, welche Bedeutung die Tour hat, sie ist in Frankreich eine Art nationaler Feiertag. Dementsprechend hat der Veranstalter viel Macht. Das sportliche Niveau war gut, Absagen wichtiger Teams wegen Corona hat es ja nicht gegeben.

Welche Fahrer hätten Sie nach dem Verlauf der aktuellen Tour denn am liebsten in Neuss gesehen?

Hilgers Unser Sportlicher Leiter Markus Fothen, der schon bei seiner Premiere im Vorjahr einen exzellenten Job gemacht hat, hatte seine Fühler schon länger insbesondere nach den deutschen Topfahrern ausgestreckt. Die hätten wir natürlich gerne wieder präsentiert, etwa Etappensieger Lennard Kämna. Natürlich wäre es auch denkbar, dass wir versucht hätten, Toursieger Tadej Pogacar aus Slowenien zu bekommen. Aber bei Fahrern aus dem Ausland ist es immer eine Frage, wie es mit unserem Budget aussieht. Denn für die fallen zusätzlich zu den Gagen immer zwanzig Prozent Pauschalversteuerung an, so dass die Fahrer grundsätzlich teurer sind. Sicher ist aber, dass wir auch international sehr gut vernetzt sind in der Szene.

Apropos Budget. Wie ist die Absage der Tour de Neuss eigentlich bei den Sponsoren angekommen?

Hilgers Wir sind auf Verständnis gestoßen, schließlich waren wir zur Absage gezwungen. Wir haben Kontakt zu unseren Sponsoren gehalten, die uns auch geholfen haben, dass wir nicht komplett auf den trotz Absage im Vorfeld angefallenen Kosten etwa für Meldegebühren und Versicherungen sitzengeblieben sind. Im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir auch versucht, unseren Sportlichen Leiter und die Moderatoren finanziell zu unterstützen, denn die haben durch Corona sehr große Einbußen zu verzeichnen. So treue Sponsoren zu haben, ist ein diesen schweren Zeiten ein großes Glück.

Wie sehen Sie die Entscheidung, die Tour abzusagen, aus heutiger Sicht?

Hilgers Wir hatten ja gar keine andere Wahl. Ich war zwar lange überzeugt, dass wir die Tour de Neuss trotz Corona auf die Beine stellen können und wir haben uns lange alles offengehalten, doch das Verbot von Großveranstaltungen bis Ende Oktober hat alles verändert. Zum einen waren wir uns der Gefahr klar, dass sich dann im Herbst viele Veranstaltungen knubbeln würden. Zudem wird es im Herbst viel zu früh dunkel, und eine Veranstaltung ohne Zuschauer hätte allem Widersprochen, was wir mit der Tour erreichen wollen.

Wie geht es denn mit der Tour de Neuss weiter?

Hilgers Nächste Woche haben wir beim Neusser Radfahrerverein Jahreshauptversammlung, und ich gehe davon aus, dass wir beschließen, auch im Jahr 2021 eine Tour veranstalten zu wollen. Gut ist, dass schon einige Sponsoren signalisiert haben, dass sie auch im kommenden Jahr wieder dabei sind.

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