Handball Das sagt Lemgo-Trainer Florian Kehrmann zum Pokalknüller in Dormagen

Dormagen · Der im Rhein-Kreis Neuss bestens bekannte Trainer des Handball-Bundesligisten TBV Lemgo, Florian Kehrmann, zeigt vor der Pokalpartie Respekt vor den Dormagenern. Außerdem verrät der Weltmeister, wieso er eigentlich nie für den TSV Bayer gespielt hat.

 Florian Kehrmann kommt mit Lemgo nach Dormagen.

Florian Kehrmann kommt mit Lemgo nach Dormagen.

Foto: dpa/Marius Becker

Florian Kehrmann ist der erfolgreichste Handballer, der aus dem Rhein-Kreis Neuss stammt. Der gebürtige Neusser, der in Büttgen aufgewachsen ist, holte 2007 mit Deutschland als Rechtsaußen den Weltmeistertitel. Inzwischen ist er Trainer beim Erstligisten TBV Lemgo Lippe, wo er zuvor 15 Jahre als Profi spielte. Im Juni gewann er mit der Mannschaft völlig überraschend den DHB-Pokal und wurde anschließend auch zum Trainer des Jahres gewählt. Am Dienstag kommt Kehrmann also als Titelverteidiger nach Dormagen, wo er in der zweiten Pokalrunde mit Lemgo auf den TSV Bayer trifft. Vor der Partie sprach unsere Redaktion mit dem 44-Jährigen.

Herr Kehrmann, wenn Sie beruflich so nah an zu Hause zu tun haben, spielen dann auch andere Dinge als Handball eine Rolle?

Kehrmann Ich hoffe, dass mich meine Eltern in der Halle besuchen, wie sie das schon getan haben, als wir in der Vorbereitung in Dormagen ein Testspiel bestritten haben. Ansonsten bleibt für andere Dinge keine Zeit. Dazu haben wir einen zu engen Terminplan.

Wie viele Freunde und Bekannte haben Sie denn noch in Kaarst und Umgebung?

Kehrmann Natürlich kenne ich noch ein paar Leute in der Region, aber die Verbindungen sind natürlich nicht so eng, weil mein Lebensmittelpunkt schon sehr lange in Lemgo liegt. Hinzu kommt, dass ich schon in der Jugend nach Essen und gleich nach der Schule nach Solingen gewechselt bin, ich also schon sehr früh nicht mehr in der Gegend Handball gespielt habe.

Wieso haben Sie eigentlich nie für Dormagen gespielt?

Kehrmann Da hat es nie groß Kontakt gegeben. Zur meiner Zeit hatte TuSEM Essen die beste Jugendarbeit, dort bin ja auch mit der A-Jugend Deutscher Meister geworden. Als ich aus der Jugend gekommen bin, hat Dormagen noch Erste Liga gespielt und es war nicht abzusehen, wie ich mich entwickeln würde. Dass die Dormagener verstärkt auf junge Spieler gesetzt haben, hat ja erst begonnen, als sie aus der Bundesliga abgestiegen sind.

Inzwischen ist Jugendarbeit ein Markenzeichen des TSV.

Kehrmann Die Jugendarbeit ist unglaublich gut. Die Möglichkeiten der tollen Halle in Kombination mit dem Internat sind außergewöhnlich, davon träumen viele Erstligisten von. Dazu passt sehr gut, dass die erste Mannschaft in der Zweiten Liga spielt. Denn für talentierte A-Jugendliche ist die Dritte Liga oft zu wenig, die Erste Liga aber zu viel. Wie gut in Dormagen gearbeitet wird, hat zuletzt der deutsche Sieg bei der U19-EM mit drei TSV-Spielern gezeigt.

Das haben Sie aber gut im Blick.

Kehrmann Natürlich, ich bin ein Trainer, der viel bei der Jugend scoutet. Wir arbeiten in Lemgo viel mit jungen Spielern.

Wie haben Sie denn den Männerhandball beim TSV im Blick?

Kehrmann Ich gucke natürlich auch, was in der Zweiten Liga passiert. Da hat Dormagen eine sehr gute Entwicklung genommen, letzte Saison für viele Überraschungen gesorgt. Dass es auch Schwankungen gibt, ist normal, wenn man immer wieder versucht, junge Spieler einzubauen. Das ist ein Prozess, aber der richtige Weg.

Mit dem Pokalsieg ist der TBV in eine andere Dimension vorgestoßen, spielt jetzt auch europäisch. Ist da so ein Pokaltrip nach Dormagen nur lästige Pflicht?

Kehrmann Der Pokal ist nie lästig, gerade nach der schweren Corona-Zeit ist es schön, wenn man wieder spielen darf. Für uns ist das eine wichtige Aufgabe, wir haben das Ziel weiterzukommen.

Was erwartet Ihre Mannschaft denn in Dormagen?

Kehrmann Wir sind vorsichtig. Wir wissen, dass wir unsere Leistung bringen müssen, wenn wir weiterkommen wollen. Wir müssen unsere Jungs darauf vorbereiten, dass es für Dormagen wahrscheinlich das Spiel des Jahres ist. Hinzu kommt die hitzige Atmosphäre durch die TSV-Fans. Aber natürlich freuen wir uns, dass wieder Zuschauer da sind, wobei es noch eine Zeit dauern wird, bis die Hallen wieder so voll sind wie vor der Pandemie. Das sehen wir auch in Lemgo.

Wann kann Dormagen Ihrem Team denn gefährlich werden?

Kehrmann Das hat auf jeden Fall nicht nur etwas mit der Einstellung zu tun, das ist mir zu einfach. Jeder Zweitligist kann an einem guten Tag einen Erstligisten schlagen. Da spielen viele Kleinigkeiten eine Rolle. Dormagen hat in der Liga gezeigt, dass es sehr unangenehm sein kann. Aber klar ist: Wenn meine Mannschaft ihr Leistungsvermögen auf die Platte bringt, sind wir der Favorit.

Hat sich nach dem Pokalsieg und ihrer Auszeichnung als Trainer des Jahres an Ihrer Arbeit eigentlich etwas verändert?

Kehrmann Nein, dafür kann ich mir nichts kaufen. Vielleicht bin ich durch die Erfahrung ein Stück abgeklärter, dennoch muss ich mich jeden Tag aufs Neue beweisen. Die Entwicklung als Trainer ist nie zu Ende, man muss immer neue Dinge einbringen und Umbrüche gestalten, wenn einen Spieler verlassen.

Wo wollen Sie denn hin mit Lemgo?

Kehrmann Der Handball ist sehr schnelllebig. Handballprojekte wie in Leipzig und Erlangen machen Druck, da muss man sich behaupten. Da ist es schwer, eine konkrete Platzierung zu benennen. Wir wollen uns im Mittelfeld behaupten, junge Spieler entwickeln und so ein Verein sein, wo junge Spieler gerne hingehen.

Sie sind als Spieler und Trainer schon lange in Lemgo. Können Sie sich überhaupt vorstellen, in einem anderen Verein zu arbeiten?

Kehrmann Na klar. Ich weiß, dass man im Profisport nicht für ewig bei einem Verein sein kann. Ich bin da ganz entspannt und bin mir bewusst, dass sich alles ganz schnell ändern kann.

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