Jüchen Hofkirche – verstecktes Kleinod

Jüchen · Beim Tag des offenen Denkmals öffnete die Hofkirche gestern ihre Pforten. Bei Führungen und Vorträgen erfuhren die Besucher eine ganze Menge über die Geschichte des versteckt gelegenen evangelischen Gotteshauses.

 Experte: Rolf Schlösser vom Stiftungsrat erklärte Besuchern beim Tag des offenen Denkmals die spannende Geschichte der Hofkirche.

Experte: Rolf Schlösser vom Stiftungsrat erklärte Besuchern beim Tag des offenen Denkmals die spannende Geschichte der Hofkirche.

Foto: S. Büntig

Der Tag des offenen Denkmals wurde in Jüchen gut angenommen. Rund 150 Besucher fanden dabei den Weg in den Innenhof der evangelischen Hofkirche. Dort wurden im Laufe des Tages historische Führungen und klassische Konzerte angeboten. Dabei gab es viel Wissenswertes über die Hofkirche zu erfahren.

Ganz versteckt in zweiter Reihe steht das barocke Kleinod, das mit seinem schattigen Garten und Apfelbäumen etwas Geheimnisvolles hat. Das war beim Bau der Kirche im Jahr 1676 kein Zufall, sondern hatte gute Gründe. "Die Genehmigung zum Bau der evangelischen Kirche war 1671 mit Auflagen erteilt worden", erklärte Rolf Schlösser vom Stiftungsrat Besuchern im Innenhof zwischen Pfarrhaus und Kirche. Die Hofkirche musste "unsichtbar" sein.

Der Zugang war nur über einen Gartenweg möglich. Vom Marktplatz durfte das Gotteshaus nicht zu sehen sein, Glocken waren nicht zu hören. "Der Turm mit Glocken und dem Posaunenengel kam erst 1804 hinzu", erklärt Schlösser. "Welch ein tolles Gebäude", staunte Maria Schneider, die mit dem Fahrrad aus Grevenbroich gekommen war, um Gemeinde und Kirche kennenzulernen. "Eine Hofkirche hat ihren besonderen Reiz. Sie ist Ausdruck einer tiefen Gläubigkeit", meinte die Grevenbroicherin, die katholisch ist. Genauso wie Martina und Norbert Breuer, die seit fünf Jahren in Gierath leben. "Wir wussten gar nicht, dass hier eine Kirche ist", gesteht der Lehrer, der am Tag des Denkmals mit seiner Frau alle Einrichtungen in der Nähe besucht.

Die Kirche im Verborgenen ansprechend zu erklären, gelang Pastor Horst Porkolab in einem Vortrag, den er aus Sicht der Kirche vor rund 50 Zuhörern hielt: Ihre Ahnen seien mutige Menschen gewesen, die sich Ende des 16. Jahrhunderts für eine reformierte Kirche einsetzten. 1580 habe man sich in Kellern und Scheunen getroffen, um das Abendmahl zu feiern. Ein Bauantrag sei lange abgelehnt worden. 1676 wurde das turmlose Predigthaus fertig gestellt, und der Gottesdienst konnte aus der am Markt gelegenen Scheune des Schulmeisters Gerlacus von Gosttorff in die Hofkirche verlegt werden.

Innen erscheint die Hofkirche hell und freundlich. Der ursprüngliche Charakter war schlicht. 1912 kamen aufwändige Vertäfelungen rund um Kanzel und Abendmahltisch hinzu. 15 Generationen fühlten sich in der Hofkirche, die laut Porkolab "Trost und Zuversicht" spendet, zu Hause. Das sieht auch Küsterin Maria Kandlen so, die einen liebevollen Blick auf das grau verputzte Gebäude wirft: "Ich fühle mich hier einfach angenommen und gut."

(uwr)
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