Hallenhockey Neues Abenteuer für den Ex-Weltmeister

Neuss · Fast genau ein Jahr nach seinem beim HTC SW Neuss offiziell verkündeten Karriereende greift Sebastian Draguhn noch mal zum Hockey-Schläger. Mit dem HC Zelina aus Kroatien spielt der 38-Jährige in der Türkei um den Hallen-Europapokal.

Zum Abschluss seiner Hockey-Karriere in der Halle stieg Sebastian Draguhn (l.) 2020 mit dem HTC SW Neuss noch mal in die 1. Bundesliga auf.

Zum Abschluss seiner Hockey-Karriere in der Halle stieg Sebastian Draguhn (l.) 2020 mit dem HTC SW Neuss noch mal in die 1. Bundesliga auf.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

In seiner langen und überaus erfolgreichen Laufbahn als Hockey-Künstler hatte Sebastian Draguhn nie für einen anderen Verein gespielt als den HTC SW Neuss. Okay, als Elftklässler verbrachte er einige in guter Erinnerung gebliebene Monate am renommierten Sportinternat Millfield in der englischen Grafschaft Somerset, doch wirklich weg aus der Quirinusstadt war der „treue Basti“ nie. Knapp anderthalb Jahre nach seinem letzten Pflichtspieleinsatz für Schwarz-Weiß in der 2. Feldhockey-Bundesliga beim Gladbacher HTC (am 2:1-Sieg war er natürlich mit einem Treffer beteiligt) gönnt sich der seit Januar 38-Jährige jedoch noch mal ein (Auslands-)Abenteuer. Von Freitag bis Sonntag spielt der Weltmeister von 2006 (Feld) und 2007 (Halle) mit dem kroatischen Topklub HC Zelina im türkischen Alanya um den „EuroHockey Indoor Club Cup“.

Und das kam so: Bei einem von Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste auf Mallorca organisierten Golfturnier waren Draguhn und seine Frau Esther im November auf Jan Philipp Rabente (34) getroffen. Im vergnüglichen Plausch erkundigte sich der ehemalige Nationalspieler, der die DHB-Auswahl 2012 in London mit zwei Treffern im Finale über die Niederlande zum Olympiasieg geschossen hatte, so ganz nebenbei, ob sich der Neusser grundsätzlich vorstellen könne, im Februar mit Zelina um Europas Krone zu spielen. Er konnte – und brachte damit die eng vernetzte Hockey-Community in der Hansestadt in Wallung. Denn der 2013 von Uhlenhorst Mülheim zum UHC Hamburg gewechselte Rabente stand in Verbildung mit dem lange beim lokalen Mitbewerber Harvestehuder THC aktiven und nun als Co-Trainer für den HC Zelina tätigen Josip Somin. Ab da ging alles sehr schnell. Weil neben Rabente in Benny Wess (36), Olympiasieger 2008 und 2012, ein weiterer seiner alten Spezis mit von der Partie war, sagte Draguhn spontan zu. „Ich fand‘ die Idee cool. Total verrückt! Total spannend!“

Und er kniete sich rein. Trainierte während der Hallensaison mit seinen ehemaligen Teamkollegen in Neuss, mit denen er vor zwei Jahren ins Bundesliga-Oberhaus zurückgekehrt war. Als deren Spielzeit mit dem Klassenverbleib ein glückliches Ende gefunden hatte, machte er bei der Zweitvertretung des HTC weiter – und als im neuen Jahr dann Omikron das Kommando übernahm, spannte er kurzerhand seine Familie ein. „Wenn die Halle mal frei war, hat mir beim Eckentraining Esther die Bälle zugerollt.“ Inzwischen stimme die Form, versichert er: „Ich bin nicht topfit, aber fit.“ Das sollte er auch sein, denn nach der coronabedingten Absage von Rot-Weiß Köln geht es in Alanya nun nach dem Modus „Jeder gegen Jeden“. Das heißt: Bis am Sonntagabend Europas Klub-Champion gekürt wird, stehen für jede der sieben Mannschaften insgesamt sechs Partien über 2x20-Minuten auf dem Programm.

Draguhn, der sich am Donnerstagmorgen per Flieger auf den Weg in die Türkei gemacht hat, geht die Sache ganz entspannt an. „Ich habe überhaupt keine Ahnung, was wir mit unserem Team erreichen können.“ Seine Mitspieler, zu denen auch zwei für die Ukraine international tätige Akteure zählen, waren ihm bis zum Test am Donnerstagabend gegen den Post SV Wien mit Ausnahme der deutschen Fraktion gänzlich unbekannt. Nur so viel: Kroatien vertraute zuletzt bei der Hallen-EM der zweitklassigen B-Division vor allem auf Spieler des HC Zelina. „Und das sah schon nach Hockey aus“, sagt Draguhn. Über die Konkurrenz weiß er dies: „Gegen Dinamo Elektrostal aus Russland habe ich schon mal in Neuss gespielt. Die Jungs sind vom Grundsatz her sehr fit und spielen körperlich hart. Sehr unangenehm. Für Poznan spielt Patryk Pawlak, der war ja auch mal in Neuss. Die Polen sind besonders in der Halle stark. Und Complutense ist identisch mit der spanischen Nationalmannschaft, das sind absolute Hallenspezialisten.“ Der HC Minsk (Belarus) ist Stammgast auf europäischem Parkett, für Gastgeber Gaziantep Polisgücü SK sind einige bärenstarke iranische Auswahlspieler im Einsatz und der SV Post Wien vertritt Österreich, 2018 Welt- und Europameister im Hallenhockey. Keine Laufkundschaft also.

Für Draguhn steht darum fest: „Das sind die besten Klubs in Europa. Wenn wir das Ding gewinnen würden, wäre das definitiv nicht mein schlechtester Titel.“

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