Korschenbroich Hier wird Milch getankt
Korschenbroich · Auf dem Hof der Familie Bertrams in Korschenbroich-Schlich steht der erste Milchzapf-Automat im Rhein-Kreis Neuss. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr gibt es hier frische Rohmilch. Die Kunden kommen sogar aus Düsseldorf.
Claudia Klein (47) kommt jeden dritten Tag nach Schich. Aus Neuss. Denn nur dort bekommt die 47-Jährige Rohmilch, wann immer sie möchte. 24 Stunden am Tag, immer frisch, immer gekühlt, immer abzapfbar. Abzapfbar? Ja, denn auf dem Hof der Familie Bertrams in Schlich steht eine Milch-Tankstelle. Die erste im Rhein-Kreis Neuss.
Den Bauernhof der Bertrams gibt es seit 1963. 1980 hat ihn Irmgard Bertrams von ihren Schwiegereltern übernommen. Dort hat die 52-Jährige auch einen kleinen Hofladen, in dem sie Kartoffeln, Eier, Erdbeeren, Spargel und Fleisch verkauft. Und immer wieder fragten die Kunden auch nach frischer Rohmilch. Aber: Bertrams haben kein Hof-Kontingent. Heißt: Die Milch darf nicht ab Hof verkauft werden. "Die Kunden waren richtig enttäuscht, wenn der Molkereiwagen alles abholte", erzählt die Bäuerin mitfühlend.
Dann entdeckte sie in einer Fachzeitschrift den Milch-Automat. Zusammen mit ihrem Mann Willi (55) fuhr sie nach Geldern, Schwalmtal und Essen, guckte sich dort die Automaten an, wie gut die Kunden sie in der Praxis annehmen. Und Irmgard Bertrams war begeistert. Willi leider nicht. "Der war total dagegen", sagt die Schlicherin. "Er hatte große Bedenken, ob überhaupt jemand so weit rausfährt, um hier unsere Milch zu zapfen. Denn wir liegen ja ziemlich weit auswärts."
Dafür waren aber die beiden Söhne Andreas (26) und Christian (24) umso begeisterter. Der Automat wurde gekauft, seit dem 12. Dezember steht er nun am Birkenbusch. Die Milch hat vier Prozent Fettgehalt, wird ständig auf drei bis vier Grad gekühlt und umgerührt. 24 Stunden am Tag ist "die Bar" geöffnet. Und Bertrams hat "schon Kunden um 5.30 Uhr morgens und auch um 22.30 Uhr nachts" gesehen. Für diese frühen Morgen- und späten Abendstunden hat das Häuschen, in dem die Zapfstelle steht, extra einen Lichtschalter.
Die Bedienung ist ganz einfach: Geld einschmeißen (Vorsicht: Der Automat wechselt nicht!), ein selbst mitgebrachtes Gefäß unter den "Zapfhahn" halten und laufen lassen. "Wir haben einen Kunden, der kommt jeden Morgen und jeden Abend hierher, trinkt einen Becher Milch und fährt dann weiter." Andere kommen mit der ganzen Familie — während sich die Kinder die Kälber angucken, zapfen die Eltern zwei bis drei Liter Milch. Manche Kunden kommen gar aus Mönchengladbach oder Düsseldorf. Oder eben aus Neuss, wie Claudia Klein. "Die Milch schmeckt nach Sahne, ganz cremig", schwärmt sie. "Das kenne ich von früher. Herrlich." Und seitdem die 47-Jährige ihrem Sohn Sören (7) den morgendlichen Kakao mit Bertrams Rohmilch anrührt, "trinkt er ihn auch ohne Murren...".
