St. Josef Glocke schlägt nicht mehr durch Muskelkraft Glocke nun per Funk gesteuert

St. Josef Glocke schlägt nicht mehr durch Muskelkraft · Ob der technische Fortschritt Fluch oder Segen ist, kommt ganz auf die Sichtweise an. Fakt ist aber, das die Technisierung auch die letzten liebenswerten Relikte der Vergangenheit verdrängt. So auch in der Dorfgemeinschaft Priesterath-Stolzenberg. Wie ein Relikt aus alter Zeit wirkte die St. Josef Glocke, wenn die Männer des Dorfes die Ärmel hochkrempelten und sie durch Muskelkraft in Gang setzten. Diese charmante Eigenheit wich nun automatischer Funktechnik. NGZ-Foto: M. Reuter

Ob der technische Fortschritt Fluch oder Segen ist, kommt ganz auf die Sichtweise an. Fakt ist aber, das die Technisierung auch die letzten liebenswerten Relikte der Vergangenheit verdrängt. So auch in der Dorfgemeinschaft Priesterath-Stolzenberg. Wie ein Relikt aus alter Zeit wirkte die St. Josef Glocke, wenn die Männer des Dorfes die Ärmel hochkrempelten und sie durch Muskelkraft in Gang setzten. Diese charmante Eigenheit wich nun automatischer Funktechnik. NGZ-Foto: M. Reuter

Wurde die Angelus-Glocke lange Jahre mit der Muskelkraft der Burschen und Männer des Dorfes ins Schwingen und Schlagen versetzt, hat jetzt die Kraft der Elektrik die Regie über die Glocke übernommen. Im Jahr 1964 wurde auf Initiative des damaligen Pfarrers von St. Jakobus in Jüchen, Matthias Schmitz, eine Glocke für das ehemalige Schulgebäude angeschafft.

Dieses wurde in den Zeiten, als das Dorf noch nicht den Braunkohlebaggern gewichen war und die Gottesdienste noch gut besucht waren, in Alt-Priesterath als Hilfskirche genutzt. Im alten Dorf war die Glocke ein Identifikationspunkt. Sie rief die Gläubigen in die Kirche und auch den der Kirche nicht nahe stehenden Bewohnern wurde der Ruf der Glocke bald vertraut. Das lag aber auch daran, dass die Glocke verstorbene Priesterather auf ihrem letzten Weg begleitete.

"Die Glocke und ihr Klang war für die Bewohner ein Stück Heimat. Für viele ist der Schlag der Glocke untrennbar mit der Erinnerung an das alte Dorf verbunden", sagt Matthias Broich, Geschäftsführer der Dorfgemeinschaft, Priesterath-Stolzenberg. Im Jahr 1989 trat die Glocke auf der Flucht vor den Baggern von RWE Power ebenfalls den Weg in das neue Dorf an. Allerdings war der neue Standort für die St. Josef Glocke wesentlich komfortabler, als der alte.

Eigens für den Sakralgegenstand baute RWE Power, damals noch Rheinbraun, einen Glockenturm am Bürgerhaus in Priesterath. Die Neuerung der Betriebsart wurde jetzt nötig, weil die Zahl der ehrenamtlichen Glöckner von Priesterath stetig abnahm. "Früher konnten wir aus dem Vollen schöpfen, bis zu zehn Helfer taten ihren Dienst am Glockenseil. Zuletzt zeigten sich aber nur noch drei Bewohner bereit die Glocke zu läuten", berichtet Broich.

Grund für das schwindende Engagement war laut Broich die Verpflichtungen der Ehrenamtler am Arbeitsplatz. "Es wurde immer schwieriger sicherzustellen, dass die Glocke regelmäßig mittags geschlagen werden konnte. Deshalb haben wir etwas unternommen", so Broich. Im September 2003 wurde eine Firma aus Ulm ausgewählt, um die erforderlichen Arbeiten im Turm auszuführen.

Einem Spendenaufruf der Dorfgemeinschaft um Präsident Jürgen Wimmers und Matthias Broich, folgten viele Dorfbewohner und trugen so ihren ganz persönliche Anteil zum Erhalt des mittäglichen Angelus-Geläuts bei. 3.500 Euro veranschlagten die Ulmer Schlagwerkmeister für die Elektrifizierung des eineinhalb Zentner schweren St. Josef.

Dieser Betrag konnte durch die Spenden nahezu vollständig gedeckt werden, wobei auch einige Großspenden benachbarter unternehmen zu Buche schlugen. Jeden Mittag und abends um 19 Uhr wird die Glocke für zwei Minuten schlagen, dabei wird sie von einer Atomuhr per Funk gesteuert. Zum Namensfest des heiligen Josef am 19. März wird der Dechant und Pfarrer von Jüchen Ulrich Clancett neuerlich Segen und Schutz für die Glocke erbitten.

Für den würdigen musikalischen Rahmen wird der Männergesangverein Garzweiler/ Otzenrath sorgen. Im Anschluss an die Feierstunde laden die Organisatorenin das Bürgerhaus in Priesterath ein.

(NGZ)
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