Korschenbroich Glehnerin durchschaut dreisten Betrugsversuch im Internet

Korschenbroich · Internetbetrüger geben sich am Telefon als Microsoft-Techniker aus und treiben zurzeit ihr Unwesen – wie jetzt in Glehn. Polizei und Microsoft warnen vor der Masche der Anrufer.

Internetbetrüger geben sich am Telefon als Microsoft-Techniker aus und treiben zurzeit ihr Unwesen — wie jetzt in Glehn. Polizei und Microsoft warnen vor der Masche der Anrufer.

Als die Glehnerin den Telefonhörer abnimmt, ist sie erst einmal verblüfft ob der vielen Hintergrundgeräusche. "Das hörte sich an wie der rege Betrieb in einem Call-Center", sagt sie. Ihren Namen möchte die Frau nicht in der Zeitung lesen, denn sie wurde — darauf deutet alles in diesem Telefonat hin — beinahe Opfer eines Internet-Betrugs.

Am anderen Ende der Leitung ist ein Mann, er gibt sich als Mitarbeiter des "Windows Technical Departments" aus. Das Englisch des vermeintlichen Microsoft-Mitarbeiters ist holprig, er spricht mit Akzent. "Ein Akzent, wie man ihn häufig bei Asiaten hört", sagt die Frau. Der Mann behauptet, sie habe einen Virus auf ihrem PC und solle nun mit ihm einige Einstellungen vornehmen. Daraufhin legt sie auf.

Das war die richtige Reaktion. Das stellt Microsoft-Sprecher Thomas Baumgärtner im Gespräch mit unserer Zeitung klar. "Die Masche ist uns bekannt. Wir empfehlen, solche Telefonate zu beenden", sagt er. "Microsoft ruft nicht unaufgefordert bei Kunden an." Anrufe gebe es höchstens dann, wenn Kunden beim Unternehmen ausdrücklich technische Hilfe anfordern — und selbst dann werde der Service größtenteils über E-Mail abgewickelt. Der Mann, der die Glehnerin angerufen hat, mag alles Mögliche gewesen sein. Ein Microsoft-Mitarbeiter war er nicht.

Das Auflegen hat der Glehnerin eine Menge Ärger erspart. Denn die Betrüger wollen abkassieren. Das typische Vorgehen: Der Anrufer bläut dem Opfer ein, dessen Computer sei massiv von Viren befallen. Der Windows-Nutzer solle ein Fernwartungsprogramm aus dem Internet herunterladen und freischalten. Mit dessen Hilfe werden dem Opfer schwerwiegende Systemfehler suggeriert. Deren Beseitigung koste natürlich: 150 US-Dollar.

Die Betrüger gehen dabei geschickt vor. Zum Beispiel täuschen sie ihre Autorisierung vor, indem sie dem Opfer eine sogenannte CLSID-Nummer vorlesen. Diese findet das Opfer tatsächlich auch in seinem System. Ein Beweis ist das jedoch nicht, im Gegenteil: Die vorgelesene Nummer ist auf allen Systemen identisch.

Auch bei der Glehnerin war dies der Fall. Sie ist allerdings nicht darauf reingefallen. Das einzige Opfer, das solche Anrufe von Internetbetrügern erhielt, ist sie im Rhein-Kreis Neuss jedoch auch nicht. Das bestätigt Polizeisprecherin Diane Drawe. "Wir empfehlen, nicht auf solche Anrufe einzugehen und das Gespräch zu beenden."

Neu ist die Masche nicht. Microsoft verfolgt sie seit längerem. Das Unternehmen geht davon aus, dass mehrere kriminelle Organisationen damit arbeiten. Diese sind international unterwegs. "Vor fünf Jahren hatten wir solche Anrufe zum ersten Mal, allerdings auf dem englischen Markt", sagt Thomas Baumgärtner. Im deutschsprachigen Raum seien sie vor zwei Jahren verstärkt aufgetaucht, zunächst in der Schweiz. Aktuell scheinen sie sich wieder zu mehren, bislang allerdings vor allem in Berlin: Dort hat die Polizei seit Dezember in mehr als 50 Fällen die Ermittlungen aufgenommen.

Der Betrug kann nicht nur finanziell ärgerlich werden: Möglicherweise späht die Software, die auf dem Rechner installiert werden soll, auch dort gespeicherte Daten aus.

(NGZ/rl)
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