Jüchen Fußballverein wirft Gewalttäter raus

Jüchen · Im Gespräch erklären Mulla Gürmüs, Vorsitzender des Fußballvereins Welate Roj, und Trainer Yama Formuly, wieso die Partie gegen den SV Otzenrath nach dem Schlusspfiff eskalierte, welche Maßnahmen sie jetzt ergreifen – und warum sie die Schuld nicht alleine bei sich sehen.

 Seit drei Wochen Trainer bei Welate ist Yama Formuly.

Seit drei Wochen Trainer bei Welate ist Yama Formuly.

Foto: Ilgner, Detlef

Im Gespräch erklären Mulla Gürmüs, Vorsitzender des Fußballvereins Welate Roj, und Trainer Yama Formuly, wieso die Partie gegen den SV Otzenrath nach dem Schlusspfiff eskalierte, welche Maßnahmen sie jetzt ergreifen — und warum sie die Schuld nicht alleine bei sich sehen.

Die Kreisliga-Partie Ihres Vereins Welate Roj gegen den SV Otzenrath sorgte für Negativ-Schlagzeilen: Nach dem Schlusspfiff griff ein Welate-Fan einen Spieler der gegnerischen Mannschaft mit einem Kung-Fu-Tritt an und verletzte ihn. Darüber hinaus erlitt ein Otzenrather Fan bei einem Handgemenge einen Bruch im Mittelfuß. Wie konnte es so weit kommen?

Formuly Im Spiel gab es Wortgefechte zwischen den Spielern und rassistische Beleidigungen von den Fans. Aber es verlief alles glimpflich. Nach der Partie, die wir ja gewonnen haben, ging einer unserer Spieler dann zu den gegnerischen Fans und sagte ungefähr: "Na, jetzt habt ihr es ja!" Plötzlich lief ein Otzenrather Zuschauer mit einer Bier-Flasche auf den Platz. Ein Fan unserer Mannschaft rannte, als er ihn sah, ebenfalls los. Er wollte ihn angreifen - traf dann aber den Spieler des Vereins. Noch bevor die Polizei da war, kam es zu Tumulten, weil die Otzenrather den Ausgang und unsere Kabine abgesperrt hatten. Bei den Tumulten verletzte sich der Zuschauer.

Um es deutlich zu sagen: Sie weisen die Schuld nicht von sich?

Formuly Nein, natürlich nicht. Es war unser Fan, der zuerst getreten hat. Das ist nicht zu verzeihen. Er ist inzwischen vom Verein ausgeschlossen. Auch der Spieler, der die Fans provoziert hat, spielt in dieser Form nicht mehr bei uns. Nur: Die Schuld tragen wir nicht alleine. Eine Tätlichkeit sieht man, rassistische, üble Beleidigungen nicht.

Gürmüs Mir gehen diese Vorfälle unter die Haut, ich fühle mich beschissen und schlafe sehr schlecht. Wir bedauern das alles zutiefst. Es ist aber wichtig, dass man das gesamte Bild sieht. Es gibt viele Vorurteile gegenüber uns Ausländern. Wir gelten als aggressiv. Ich selber habe Fußball gespielt, ich liebe Fußball. Aber in beinahe jeder Mannschaft gibt es schwarze Schafe, die einen mit "Kanacke, warum gehst du nicht zurück in deine Heimat?" und viel, viel schlimmeren Wörtern beschimpfen...

Sind rassistische Beleidigungen in der Kreisliga alltäglich?

Formuly Nein, aber erfahrene Spieler wissen, wie man Ausländer reizen und sie zu einer roten Karte provozieren kann. Ich rede nicht von den Jugendlichen, die kennen sich meistens. Die Vereine sollten erkennen, dass nicht nur wir eine Baustelle haben.

Herr Gürmüs, Herr Formuly — welche Maßnahmen haben Sie denn eingeleitet?

Gürmüs Wir haben mit Herrn Formuly einen erfahrenen neuen Trainer engagiert. Ich habe jetzt wieder den Vorsitz übernommen, um die Dinge in die eigene Hand zu nehmen.

Formuly Wir haben bereits die Spieler aussortiert, die im Ruf standen, auszurasten. Wir haben uns mit den Fans im Vereinsheim getroffen und ihnen klar gemacht, dass wir sie aus dem Verein werfen, wenn sie sich daneben benehmen. Bei den Spielen werden Ordner da sein, um auf die Zuschauer aufzupassen. Wir werden hart durchgreifen. Ich betone aber noch mal: Unsere Spieler sind in Otzenrath nicht handgreiflich geworden. Bei uns spielen fünf Nationalitäten, nicht nur Kurden. Sieben unserer Spieler studieren. Unsere Jungs begreifen, dass man sich gegen Beleidigungen mit dem Verstand und mit sportlichem Können wehren muss.

Am Montag verhandeln Sie vor der Kreisspruchkammer. Es erging bereits eine einstweilige Verfügung gegen Ihren Verein. Ihre kommenden Spiele finden alle unter Kreisaufsicht und mit zusätzlichen Schiedsrichtern statt. Die Kosten trägt der Verein...

Gürmüs Für einen kleinen Verein wie uns ist das kaum zu bezahlen. Auch wegen der einseitigen und unzutreffenden Darstellungen müssen wir Rechtsmittel einlegen. Noch eines möchte ich aber erwähnen: Am 25. Mai spielten wir auch gegen Otzenrath. Im Anschluss organisierten wir ein Döner-Essen. Wir saßen damals alle friedlich zusammen und sind ohne Streit nach Hause gefahren. Wir bedauern den Vorfall in Otzenrath sehr und wünschen den beiden Verletzten eine schnelle Genesung.

Das Gespräch führten André Schahidi, Fabian Eickstädt und Philip von der Bank.

(NGZ/rl)
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