Lokalsport Für Frühjahrsklassiker gerüstet

Dieter Baumann ist für seine offenen Worte bekannt. Das war Freitag Mittag im Sitzungssaal der Korschenbroicher Sparkasse an der Hindenburgstraße nicht anders. Um eine Einschätzung der Elitefelder für den 18. Internationalen City-Lauf am kommenden Sonntag (2. April) gebeten, stellte der 5000-Meter-Olympiasieger von Barcelona 1992 lapidar fest: "Die deutschen Läufer werden keine Rolle spielen."

Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die deutsche Läuferszene. Denn Hans-Peter Walther, als sportlicher Leiter des City-Laufs unter anderem für die Athletenverpflichtung zuständig, hat nun wirklich weder Mühe noch Kosten gescheut, um ein mehr als ordentliches nationales Kontingent im "Lauf der Asse" über zehn Kilometer an die Startlinie zu kriegen.

Immerhin kommt mit Carsten Eich (Rhein Marathon Düsseldorf) der neben Baumann in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten beste deutsche Straßenläufer, kommt mit Andre Green (LG Wedel/Pinneberg) der beste Deutsche im letztjährigen "Lauf der Asse", kommt mit Stefan Koch (TV Wattenscheid) einer der raren Hoffnungsträger der nationalen Langstreckengarde nach Korschenbroich.

Für Dieter Baumann, seit drei Jahren "Lauf-Pensionär" ("ich fühle mich unheimlich gut auch ohne Masterswertung"), steht dennoch fest: Deutsche Läufer werden die Zuschauer vergebens an der Spitze suchen. Eher finden sie dort den Mann, den sie bereits aus dem Vorjahr kennen: Moses Kigen, 22 Jahre alter Kenianer, der den Lauf 2005 in 28:36 Minuten, der zweitbesten aller Siegerzeiten überhaupt, gewann. Für Baumann ist der kleine Kenianer der "Held der deutschen Straßen.

Er hat solchen Leuten wie Laban Chege" - er gewann den City-Lauf 1995 und '96 - "und Tendai Chimusasa den Rang abgelaufen." Der Mann aus Zimbabwe, in Korschenbroich vor sechs Jahren, beim Sommernachtslauf insgesamt fünf Mal siegreich, sitzt in seiner Heimat fest, nachdem ihm alle Papiere gestohlen worden waren, muss so auf seine geplante "Abschiedstournee" verzichten.

"Ihn vermissen wir alle", sagt Baumann. Gefährlich könnte Kigen beim City-Lauf, einem "Frühjahrsklassiker des Laufsports wie Mailand-San Remo im Radsport" (so Asics-Marketingmanager Matthias Kohls) wohl nur sein Landsmann Abraham Tandoi werden, der 2003 den Neusser Sommernachtslauf gewann. Dariusz Kruczkowski aus Polen, vor zwei Jahren schon einmal Zweiter, und der Norweger Karl Johann Rasmussen könnten auch noch eine bessere Rolle spielen als die deutschen Läufer.

Die deutschen Läuferinnen sind da schon besser aufgestellt. Denn für den Elitelauf der Frauen erlebte Hans-Peter Walther den Alptraum jedes Veranstalters: Er war sich mit Vorjahressiegerin Sabrina Mockenhaupt schon "handelseinig", dann sagte die kleine Siegerländerin in der vergangenen Woche wegen eines Ermüdungsbruchs ab, der sie noch bis Ende April außer Gefecht setzt. Glück für Walther, dass er zu diesem Zeitpunkt die andere herausragende deutsche Läuferin schon verpflichtet hatte: Irina Mikitenko (TV Wattenscheid), Olympiafünfte von Sydney und Olympiasiebte von Athen jeweils über 5000 Meter.

"Ich kenne Irina gut, die ist hart im Nehmen", traut Dieter Baumann der 33-Jährigen auch nach ihrer Babypause eine Menge zu, auch wenn er weiß: "Die Rückkehr in den Spitzensport ist für junge Mütter schwierig. Spitzensportler brauchen viel Schlaf, und den kriegt man mit einem Baby halt nicht", meint der zweifache Vater, der für seine Kinder gerne die "Kuschel-Kuh" mitnahm, die die NGZ jedem "Zielankömmling" im Familienlauf spendiert.

Für Mikitenko wird Walther sicher noch eine auftreiben. Ihr Weg zum Sieg führt über zwei Läuferinnen, die in Korschenbroich bereits gewonnen haben: Inga Juodeskiene (Litauen, 2002) und Petra Kaminkova (Tschechien, 2004). Keine Rolle "ganz vorne" wird Claudia Gesell spielen, meint Dieter Baumann über seine Vereinskollegin von der LAV Asics Tübingen: "Doch der Lauf ist ein wichtiger Test für die Europameisterschaft." Da will Claudia Gesell starten - allerdings über 800 Meter.

(NGZ)
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