Galopp Flüchtlingsheime statt Pferdeställe

Neuss · Der Neusser Reiter- und Rennverein bereitet sich auf den Abriss der als Gastboxen genutzten Pferdeställe an der Stresemannallee vor. Dort sollen Flüchtlingsunterkünfte entstehen. Die nächsten Renntage sind davon nicht betroffen.

Sportlich steht beim Renntag am Dienstag ab 17 Uhr auf der Neusser Galopprennbahn der zweite von drei Läufen zum Preis der Perlenkette auf dem Programm. Lena Mattes (20) ist die Titelverteidigerin und Siegerin des ersten Laufes. Die in Baden-Baden in der Ausbildung zur Physiotherapeutin befindliche Saarländerin reitet die Stute Funky Music aus dem Stall von Matthias Schwinn aus Beckingen im Saarland. Sie kommt mit guten Chancen nach Neuss. Maximal werden acht Rennen stattfinden, es könnte aber auch bei sieben mit Live-Übertragung nach Frankreich bleiben.

Den Neusser Reiter-und Rennverein plagen derzeit allerdings Probleme völlig anderer Art. In der ohnehin filmreifen Geschichte dieser Sportstätte steht ein neues, vor wenigen Jahren kaum zu ahnendes Kapitel bevor. Die Stadt Neuss plant auf dem Rennbahngelände die Ansiedlung von rund 700 Asylbewerbern. Dem Rennveranstalter sind diese Vorhaben der Kommune schon länger bekannt.

Konkret geworden sind jetzt die exakten Örtlichkeiten. Rennvereins-Vizepräsident Peter Ritters: "Es geht um die früher von Trainer Horst Steinmetz gemieteten Boxen, die sich im Schlussbogen befinden. Sie werden von uns als Gastboxen an Renntagen genutzt und sind deshalb existenziell wichtig." 60 dieser Ställe bestehen aus Stein und sind auch steinalt, werden aber von den auswärtigen Trainern und dem Personal gern genutzt, weil es in Neuss der kürzeste Weg zum Sattelplatz im Schatten des Globe-Theaters ist. Ritters: "25 weitere Boxen sind allerdings nicht ganz so alt. Sie stammen aus der Zeit von Harro Renmert. Diese Einheiten werden wir zu retten versuchen. Obwohl das auch nicht ganz einfach wird. Man kann sie nicht so einfach abbauen, das muss schon mit großer Gründlichkeit geschehen."

Diese Unterkünfte sollen dann im weiteren Verlauf des Stallgeländes an der Stresemannallee aufgebaut werden. Allerdings sind bei der Platzwahl Grenzen gesetzt, denn nicht weit entfernt von den Ställen des Trainers Axel Kleinkorres Richtung Langemackstraße beginnt das Landschaftsschutzgebiet. Das Gelände um die alten Steinmetz-Ställe ist schon seit Jahren als Gewerbegebiet ausgewiesen. Horst Steinmetz hat dort in seinen Glanzzeiten viele bedeutende Sieger trainiert, an der Spitze im Jahre 2005 den Derbysieger Nicaron für den Stall Nizza des Freiburger Privatbankiers Jürgen Imm und seiner Ehefrau Ursula. Bei nachlassenden Erfolgen und immer weniger Pferden zog Steinmetz weiter nach Iffezheim. Als es auch dort nicht mehr wie erhofft lief, beendete er seine Karriere. Heute lebt er mit seiner Ehefrau auf einem Anwesen eines ehemaligen Besitzers in der Nähe von Hannover.

Trotz der unausbleiblichen Probleme bewahrt der Rennverein die Ruhe. Peter Ritters: "Wir werden versuchen, das alles in einer sachlichen und so angenehm wie möglichen Atmosphäre abzuwickeln." Für die Flüchtlinge aus Syrien und anderen afrikanischen Krisengebieten soll die Rennbahn eine erste Anlaufstelle werden. In welcher Form die Unterbringung erfolgt, steht noch nicht fest. Ritters: "Es sind wohl keine Container geplant."

Ein exaktes Zeitfenster existiert noch nicht, doch der Terminplan der Rennen kommt den Plänen des Liegenschaftsamtes entgegen. Die Neusser Winter-Saison 2014/2015 endet am 24. März, der erste Grasbahn-Renntag ist noch für den 5. Oktober geplant. Doch kaum etwas ist derart völlig unplanbaren Schwankungen unterlegen wie der Terminplan der deutschen Rennsaison. Für Ritters ist die Verhandlungs-Basis in diesem Fall besonders kurios, denn Amtsleiter Peter Müller war jahrelang der Dienstvorgesetzte des städtischen Beamten Peter Ritters, der seit dem 1. Oktober 2014 in Pension ist und sich verstärkt seinen zahlreichen Ehrenämtern widmet.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort