Galopp: Favoritin Aneefah schlug sich in die Büsche "Fliegender Holländer" im Top-Rennen

Rennpferde können ihren eigenen Kopf haben. Diese, vor allem finanziell schmerzliche Erfahrung machten die Besucher der Galopprennen am Samstag am Hessentor bereits zu Beginn der Veranstaltung. Denn die heiße Favoritin Aneefah, ein England-Import aus dem Stall des Krefelders Mario Hofer, Vize-Champion des vergangenen Jahres, schlug sich schon nach wenigen Metern in die Büsche. "Keine Ahnung, was los war", zuckte Jockey Jean-Pierre Carvalho mit den Achseln.

"Sie kam ganz normal aus den Boxen heraus und wollte dann einfach nicht mehr. Das müssen wir noch ein wenig üben." Ein schwacher Trost für das Gros der Wetter, und Carvalho musste sich denn auch einige Schimpfkanonaden gefallen lassen. Der "Aussetzer" von Aneefah war das Glück des Außenseiters Brest. 680 Kilometer war er aus dem schweizerischen Avenches nach Neuss gefahren worden, um das erste Rennen des Tages überlegen zu gewinnen und seinen Besitzern 4000 Mark einzugaloppieren. "Er brauchte einen Konditionsstart, weil wir mit ihm im März nach Italien gehen wollen, wo er ein Hindernisrennen bestreiten soll", erläuterte Andy Wyss, Lebensgefährte der Trainerin Gabriele Wenisch, "und da muss man eben auch weite Reisen in Kauf nehmen".

Weniger lang war die Anreise für den Sieger im Hauptereignis: Apianus kommt aus den Niederlanden, und der Stil, in dem er das Buchmacher Sieberts Top-Handicap gewann, legt den Schluss nahe, dass er im Nachbarland derzeit wohl das beste Rennpferd ist. "Ja, das kann man wohl behaupten", meinte denn auch Jockey Adrie de Vries, "er ist bei uns seit Sommer im Stall und hat sich von Start zu Start schon enorm verbessert."

Wie schon bei seinem Auftritt Anfang Dezember galoppierte er die Konkurrenz auf der 1900-Meter-Distanz am Hessentor in Grund und Boden. Der vor Ort von Trond Hansen trainierte New Boy wurde vor dem Mitfavoriten Western Bullett immerhin noch Zweiter, hatte gegen Aprianus aber keine Chance. "Das Ziel ist natürlich der Sandbahn-Grand-Prix", erklärte de Vries, Stalljockey bei Trainer Jan Pubben im niederländischen Sevenem. Der Coach selbst war nicht vor Ort: Er pflegt gerade in Österreich den Ski-Langlauf.

Trond Hansen zeiget sich allerdings mehr als zufrieden. "Mit der Leistung kann man sich doch sehen lassen", sagte er über den formkonstanten Hengst, einen weiterer Anwärter auf den Sandbahn-Grand-Prix. Dagegen wurde die Siegesserie von Western Bullett zunächst einmal gestoppt. Nicht unerwartet für Trainer Christian von der Recke. "Die Strecke war deutlich länger als bei seinen letzten Siegen, außerdem trug er deutlich mehr Gewicht. Das spielte heute schon eine gewichtige Rolle." Nichts zu bestellen hatte auch Mitfavorit Widar. Die Wetter, die auf ihn gesetzt hatten, konnten ihre Tickets schon nach der Hälfte des Rennens wegwerfen, Jockey Jiri Palik hatte früh nichts in der Hand.

Es war Karnevalsrenntag am Hessentor, dokumentiert durch die komplette Anwesenheit der Honoratioren der nahen und weiten Umgebung. Und da passte es gut, dass der Sieger im zweiten Rennen Prince Carneval hieß. "Ich habe dem Pferd extra gesagt, was heute von ihm erwartet wird", flachste Besitzertrainer Horst Leßmann aus St. Ingbert im Saarland. "Und er hat sich daran gehalten."

Der Dauerregen, der bis zum Nachmittag anhielt, verdarb dem Veranstalter schon gehörig das Konzept. Nur der harte Kern der Rennbahnbesucher hatte nämlich den Weg zur Bahn gefunden, der Wettumsatz von 702.095 Mark in den neun Rennen war dementsprechend. Daniel Delius

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