Lokalsport Erst mal die Beine hochgelegt

Auch wenn seine vierte Tour de France für ihn nicht nach Wunsch verlief, geht Markus Fothen am Mittwoch Abend gut gelaunt an die Startlinie der Tour de Neuss: "Der Motor läuft noch auf Hochtouren." Der Favorit auf den Sieg heißt aus seiner Sicht allerdings Tony Martin.

 Steigt heute erstmals wieder aufs Arbeitsgerät: Markus Fothen.

Steigt heute erstmals wieder aufs Arbeitsgerät: Markus Fothen.

Foto: h.a.Roth

Heute Morgen wird Markus Fothen wieder das tun, was sein Beruf ist: auf's Rad steigen. Die Beine ein wenig lockern für seinen Start heute Abend bei der "Tour de Neuss", sein "Heimrennen" zehn Kilometer vor seiner Haustür in Vorst. Dort ist der 28-Jährige am Montagnachmittag angekommen, hat sich gefreut, dass seine Familie ihn noch erkannt hat — und das Rennrad erst einmal in die Ecke gestellt. Ausspannen, die Beine hochlegen und vor allem "den Kopf frei kriegen" stand auf dem Tageszettel des Milram-Profis.

Kein Wunder. Als Markus Fothen am Sonntagnachmittag den Zielstrich auf den Champs Elyséés überquerte, lagen genau 3459,5 Kilometer hinter ihm, aufgeteilt in 21 Etappen und zwei Ruhetage. 89 Stunden, eine Minute und 20 Sekunden hat er für diese Distanz benötigt, das waren drei Stunden, zwölf Minuten und 45 Sekunden länger als Sieger Alberto Contador.

Zufrieden war Markus Fothen mit diesem Ergebnis nicht. "Das entspricht ganz und gar nicht meinen Erwartungen", sagt er auch mit zwei Tagen Abstand. Wer vor vier Jahren beim Debüt 15. war, der weckt Ansprüche — auch bei sich selbst. Warum er bei seiner vierten Tour nur auf Rang 125 landete, das hat Markus Fothen noch nicht aufgearbeitet: "Dazu brauche ich noch etwas Abstand." Ohnehin wurde am Sonntag erst einmal gefeiert, ausgelassener, als er es beim Team Gerolsteiner gewohnt war: "Da mussten wir am Montag immer früh aus den Federn, weil wir am Nachmittag schon zum Empfang in Gerolstein sein mussten."

Die Milram-Fahrer trafen sich hingegen um 11 Uhr in einer Brasserie, um gemütlich zu frühstücken: "So habe ich Paris mal von einer anderen Seite kennengelernt." Das Team, trotz sieben Top-Ten-Platzierungen von Gerald Ciolek und einer durch Johannes Fröhlinger ohne Etappensieg geblieben, war in Feierlaune, weil es kurz vor Ende der Tour erfuhr, dass Hauptsponsor Nordmilch seinen Kontrakt auch 2010 erfüllt. "Der ganz große Druck ist erst mal weg", gibt Markus Fothen zu. Deshalb, und "weil das Jahr wirklich bescheiden gelaufen ist für mich", will er die Saison in Ruhe und auch schon recht früh ausklingen lassen. Die WM Ende September im schweizerischen Mendrisio ist kein Thema,

Heute Abend fährt er in Neuss, am Sonntag beim Sparkassen-Giro in Bochum, zwei Wochen später in Hamburg. Dann gibt's noch eine Rundfahrt durchs französische Zentralmassiv — und danach möchte sich Markus Fothen das gönnen, was vielleicht in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen ist, möglicherweise Ursache für seine nicht erfüllten Erwartungen war: eine lange Pause.

Wer ihn jetzt aber für den heutigen Abend abschreibt, macht einen Fehler: "Das ist doch mein Heimrennen", sagt der Vorster mit Blick auf die Tour de Neuss, die er vor drei Jahren gewinnen konnte. Die Form sei noch da, ist er überzeugt, "so kurz nach der Tour de France läuft der Motor auf Hochtouren." Sorgen bereiten ihm höchstens die 360 Kurven, die auf den 81 Kilometern zu bewältigen sind: "Wir sind doch praktisch 3000 Kilometer nur geradeaus gefahren." Sein Team ist stark vertreten: mit Vorjahressieger Gerald Ciolek, mit Christian Knees, dem zweitbesten Deutschen in der Gesamtwertung. Mit Fabian Wegmann, der vor zwei Jahren in Neuss gewann, mit Johannes Fröhlinger und mit Fothens jüngerem Bruder Thomas. Der Sieger muss aber nicht zwangsläufig ein Milram-Trikot tragen: "Ich denke, Tony Martin ist Favorit", sagt Markus Fothen. Der ist jetzt das, was der Vorster vor vier Jahren war — die neue deutsche Radsport-Hoffnung.

Tour de Neuss Seiten C 4, C 5

(RP)
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