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Seit Samstagabend, 19.55 Uhr, ist es amtlich: Der TSV Bayer Dormagen spielt in der kommenden Saison in der Handball-Bundesliga . An den souverän herausgespielten 36:27-Sieg über die TSG Friesenheim schloss sich ein langer Feier-Abend an im ausverkauften TSV-Bayer-Sportcenter.

 Sekunden nach dem Schlusspfiff glich das TSV-Bayer-Sportcenter am Samstagabend einem Tollhaus: Fans und Spieler des TSV Bayer Dormagen feiern die Rückkehr in die Handball-Bundesliga.

Sekunden nach dem Schlusspfiff glich das TSV-Bayer-Sportcenter am Samstagabend einem Tollhaus: Fans und Spieler des TSV Bayer Dormagen feiern die Rückkehr in die Handball-Bundesliga.

Foto: NGZ

Die Uhr zeigte 54 Minuten und 45 Sekunden, die Spielstandsanzeige ein 33:25, als es keinen mehr auf seinem Sitz hielt im ausverkauften TSV-Bayer-Sportcenter - auch nicht die Auswechselspieler: Auf der Bank mehr tanzend als stehend, verfolgten sie die letzten 300 Spielsekunden.

Die ihre vorerst letzten als Zweitliga-Handballer bedeuteten. Zwar sind noch vier Spieltage zu absolvieren, doch seit Samstag, 19.55 Uhr, steht der TSV Bayer Dormagen als Aufsteiger in die Erste Liga fest.

Sieben Jahre nach dem vom Hauptsponsor verordneten Rückzug in die Regionalliga sind die Dormagener wieder dort angelangt, wo sie nicht nur nach ihrem Selbstverständnis hingehören: "Wir sind wieder zu Hause in der Ersten Liga", brachte es Uli Derad auf den Punkt.

Wobei der Sportliche Leiter hofft, "dass wir dort eine längere Zeit verweilen." Die, die das möglich machen sollen, hatten da den ersten Teil eines langen Feier-Abends bereits hinter sich gebracht. Mit blauen Pappkronen, die die Neusser Skihalle dem Fanclub als Dank für dessen Unterstützung des TV Korschenbroich spendiert hatte, auf den von Sektfontänen durchnässten Haaren waren die Wisotzki, Plaz und Co. in Polonaiseformation übers Spielfeld gezogen, auf dem sie vorher das Geschehen bei ihrem 36:27-Sieg (Halbzeit 18:13) über die TSG Friesenheim eindeutig bestimmt hatten.

Die Sektpullen gegen Bierbehälter umgetauscht, das unvermeidliche "Nie mehr Zweite Liga" auf den Lippen, enterten sie Minuten später die Pressekonferenz - ein Gag, der selbst Kai Wandschneider die Sprache verschlug. "Die einzige Disziplinlosigkeit dieser Saison", meinte der Trainer lachend, "aber die lassen wir durchgehen." Das kann er getrost.

Denn seine Schützlinge hatten nicht nur in den sechzig voraufgegangenen Minuten eine eindrucksvolle Vorstellung abgeliefert. Sondern in der gesamten Saison. "Wir haben die Bedingungslosigkeit gelernt, die uns in den Jahren zuvor gefehlt hat", sagt Wandschneider, "daran sind Düsseldorf und Willstätt zerbrochen."

Neun beziehungsweise 13 Punkte beträgt vier Spieltage vor Saisonende der Vorsprung auf die vermeintlichen Verfolger, die noch vor wenigen Wochen zumindest tabellarisch auf Augenhöhe zu sein schienen. Handballerisch und psychisch waren sie es wohl nie, denn die Dormagener, die seit 15 Spielen ungeschlagen sind, die nur zwei Spiele verloren in dieser Saison, waren eine Klasse für sich in der 2. Liga Süd.

"Am fünftletzten Spieltag aufzusteigen ist sensationell", findet Wandschneider, "das schaffen sonst nur Mannschaften, die mit einem ganz anderen Etat ausgestattet sind als wir." Seine Schützlinge seien zwar "eine starke Truppe, aber keine Übermannschaft."

Was das Feiern angeht, sind sie es doch. Ausgerechnet Joey Duin, sonst eher einer der Stillen im Lande, führte die Dormagener Karaoke-Show an, während sein niederländischer Landsmann Michiel Lochtenbergh im blauen Strassmantel eine so glänzende Figur abgab wie sonst nur bei Tempogegenstößen. Geduscht hatte drei Stunden nach dem Schlusspfiff noch keiner der Handball-Helden. "Das ist ein Traum für jeden Spieler, in der Ersten Liga zu spielen", meint Vitali Feshchanka.

Ein Traum, den er "ganz hinten im Hinterkopf" gehabt habe, als er kurz vor Weihnachten aus Aurich nach Dormagen wechselte, sagt der weißrussische Nationaltorhüter, der mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist - und das nicht nur zwischen den Pfosten. Am Anfang sei es nicht so leicht gewesen, gibt der 34-Jährige zu, mittlerweile sei er "Teil einer ganz tollen Mannschaft."

Zwischen der 23. und der 40. Spielminute hatte er seinen Platz Jojo Kurth überlassen. Nicht aus Artigkeit, sondern weil er bis dahin nur drei Bälle gehalten hatte. Für den einzigen Akteur, der bereits vor sieben Jahren beim Zwangsabstieg dabei war, stellte der Abend eine besondere Genugtuung dar: "Ich krieg' jetzt drei Pickel auf die Brust", sagt der 37-Jährige.

Schließlich war es sein dritter Aufstieg in die Erste Liga. Sowohl mit TuS Nettelstedt als auch mit dem HC Wuppertal hatte er im Jahr danach die Klasse gehalten: "Aber da wurden auch hochkarätige Verstärkungen verpflichtet." In Dormagen sieht es danach nicht unbedingt aus.

Noch soll dem Vernehmen nach angesichts des Rückzugs der Bayer AG der bisherige Etat nicht gesichert sein, von einer Aufstockung ganz zu schweigen. "Jetzt haben wir klare Verhältnisse", sagt TSV-Vorsitzender Dr. Bertram Anders, "jetzt müssen wir aus der Deckung kommen und die Sache offensiv vermarkten." Die Spieler haben ihre Hausaufgaben gemacht - jetzt sind andere an der Reihe.

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