Korschenbroich Eine Zeitreise in die Antike
Korschenbroich · Alexander Schneider aus Scherfhausen ist Hauptmann der Interessengemeinschaft für römische Militärgeschichte im Rheinland. Ihr Ziel ist es, römische Geschichte für die Menschen begreifbar und erlebbar zu machen.
Gaius Cassius Gemius, "Centurio" der "Legio XV Primigenia" — so heißt Alexander Schneider (46) aus Scherfhausen viele Wochenenden im Jahr. Er ist der Hauptmann der "Familie vom Niederrhein", der Interessengemeinschaft für römische Militärgeschichte im Rheinland. Das Motto der Gruppe: Möglichst viel Authentizität. Und schon sein Name ist historisch — Gaius Cassius Gemius ist auf einem Grabstein in Mainz zu finden.
Die Gruppe aus dem Rheinland hat es sich zum Hobby gemacht, das provinzielle Leben der Römer am Rhein zu Zeiten Neros darzustellen. "Wir sehen uns als Ergänzung zu den Museen — denn wir bilden das lebendig nach, was dort an toter Materie in den Vitrinen zu sehen ist", sagt "Centurio" Schneider: "Wir möchten dem Bürger im Sinne einer lebendigen Geschichte authentisch zeigen, wie es damals ausgesehen haben kann."
Dabei tourt die 26-köpfige Gruppe unter dem Oberbefehl des Scherfhauseners durch das gesamte Rheinland — Neuss und Xanten stehen dabei ebenso auf dem Jahresplan wie das Familienfest des Rhein-Kreises rund ums Schloss Dyck. Alexander Schneider hat die Legion im Jahr 2005 gemeinsam mit einem Freund gegründet — "mit einem einzigen Zelt und einer Sitzgarnitur", wie er zurückblickt. Heute zeigt die Gruppe handwerkliche Darstellungen des ersten nachchristlichen Jahrhunderts. So wird zum Beispiel der Beruf des Sutors (Ledernäher) oder des Listors (Zimmermann) erklärt. Von weiblichen Mitgliedern der Gemeinschaft wird die Technik des Brettchenbohrens und Netzknüpfens gezeigt. Auch der militärische Teil wird berücksichtigt: So kann das Publikum bei Auftritten der Einheit Legionäre und Hilfstruppensoldaten — sogenannte "Auxilia" — beim Waffentraining, Exerzieren und Katapultschießen beobachten.
Die ursprüngliche Legio XV Primigenia wurde für die geplanten Feldzüge nach Britannien im Jahr 39 nach Christus durch Caligula gegründet und bestand bis ins Jahr 69 nach Christus. "Bis auf wenige Legionäre wurde die Einheit dann beim Bataveraufstand niedergeschlagen", sagt Schneider. Nur ein kleiner Teil der Einheit sei dann weiter nach Rom gezogen. Das Team um Schneider zeigt für das Publikum auch, wie es damals nach Dienstschluss zugegangen ist: So wurde die Freizeit wohl weniger mit Spazierengehen verbracht. Vielmehr wurde nach dem Reinigen der Ausrüstung das Geld beim Spielen und Trinken ausgegeben: Zu den "Ludi" — den Spielen — gehörten auch Vorgänger des Mühlespiels. Zu trinken gab's ein spezielles Getränk: Geharzter Weiswein mit Honig, Safran, Pfeffer und gerösteten Datteln — und mit Wasser verdünnt. "Den Weißwein hat der Römer übrigens aus Spanien mit an die Mosel gebracht", weiß Schneider.
Am Lagerfeuer haben die Besucher die Chance, das außergewöhnliche Essen der Römer zu probieren. Auf dem Speiseplan steht ein Aprikosenhühnchen — gewürzt mit Bohnenkraut und Koreander.