Max Stahr Ein gutes Gefühl

Als Max Stahr am Sonntagmorgen aus dem Bett stieg, hatte er schon das Gefühl, dass ihm etwas Besonderes gelingen könnte. Sein Gefühl hat ihn nicht getrogen. Einige Stunden und 135 Kilometer später, durfte sich der Radrennfahrer aus den Reihen des VfR Büttgen in Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) das Trikot des Deutschen Straßenmeisters der Junioren überstreifen.

Für den 18 Jahre alten Sprintspezialisten kein unbekanntes Gefühl, denn ziemlich genau vor vier Jahren hatte er sich schon mal den nationalen Titel auf der Straße bei den Schülern gesichert. Damals war sein Erfolg allerdings weniger überraschend als anno 2009, denn in seiner Zeit als U 15-Fahrer war er Seriensieger, gewann die Rennen auf der Straße fast nach Belieben. Dass sich das in den Jahren danach änderte, ist für VfR-Trainer Hans-Peter Nilges keine Überraschung, sondern hat mit der in Büttgen vorherrschenden Trainingsphilosophie zu tun. "Wir legen großen Wert darauf, dass wir die Entwicklung unserer Fahrer langfristig anlegen und streben nicht nach dem kurzfristigen Erfolg", betont Nilges mit Blick auf die Trainingsumfänge und -intensitäten. Weil mit zunehmendem Alter die Rennen immer länger werden, begehen aus seiner Sicht viele Trainer den Fehler, ihrer Talente mit wahnsinnig hohen Kilometerleistungen auf Erfolg zu trimmen. "Manche Fahrer aus dem Osten trainieren im Jahr 24 000 Kilometer und haben im April schon das Pensum absolviert, was für unsere Fahrer in einer ganzen Saison ansteht", erklärt Nilges und fragt: "Was soll denn dann noch kommen, wenn man bei den Erwachsenen fährt? Da ist eine Steigerung kaum noch möglich."

In Büttgen war man immer von dem außergewöhnlichen Talent Stahrs überzeugt. Trainer Hans-Peter Nilges nahm den aus Dinslaken stammenden Stahr sogar für 14 Monate bei sich zu Hause in Büttgen auf, damit er Schule und Sport besser miteinander vereinbaren konnte. Mit Hilfe des Teilzeitinternats in Dormagen schaffte Stahr sogar die Qualifikation für die gymnasiale Oberstufe, aktuell besucht er das Lessing-Gymnasium in Düsseldorf. Zu welchen sportlichen Leistungen er imstande ist, stellte er dann zwischenzeitlich auch auf der Bahn unter Beweis, wo er 2006 und 2007 jeweils einen DM-Titel holte und im vergangenen Jahr von der Weltmeisterschaft in Südafrika einen fünften Platz mit nach Hause brachte. Der Bahn gilt eigentlich auch in der laufenden Saison seine volle Konzentration, denn bei der Junioren-WM in fünf Wochen gehört er zu den Topfavoriten im Omnium, wenn der Bundestrainer ihn an der Seite seines Vereinskameraden Jan Radermacher antreten lässt, auch im Madison. Die vielen Straßenrundfahrten im bisherigen Jahresverlauf dienten in erster Linie dazu, die Kraftausdauer für die Bahn zu trainieren und waren wohl auch deshalb nicht von großen Erfolgen geprägt. "Umso wichtiger war es, jetzt mal wieder so ein Ding rauszuhauen", sagt Stahr mit Blick auf den aktuellen DM-Titel, "so konnte ich beweisen, dass ich nicht nur auf der Bahn schnell bin und dass an dem Gerede, dass ich ausgebrannt und übertrainiert bin, nichts dran ist."

Natürlich sieht er in dem aktuellen Erfolg auch die Möglichkeit, seinen Namen in der Szene bekannter zu machen. Denn für ihn steht fest, dass er mit dem Radsport in Zukunft seinen Lebensunterhalt verdienen möchte. "Und das geht eben nur auf der Straße", sagt Stahr, der der Bahn aber so lange wie möglich die Treue halten will. In dieser Hinsicht ist Erik Zabel sein großes Vorbild, mit dem er sogar schon trainiert hat. Allerdings ist durch die Profiambitionen des 18-Jährigen über kurz oder lang zu befürchten, dass er sich aus Büttgen verabschieden wird. "Der Verein hat sehr viel getan für mich, wofür ich auch sehr dankbar bin. Aber wenn es nicht anders geht, muss ich den Schritt machen", erklärt Stahr. Für die nächste Saison steht er in aussichtsreichen Verhandlungen mit dem Dortmunder Continental-Team Nutrixx. Wie sein Gefühl dabei ist, hat er am Montag allerdings nicht verraten.

(NGZ)
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