Lokalsport Durch die Hintertür

Am vergangenen Samstag um 14 Uhr war der Traum vom Profifußball für Johannes Walbaum endlich wahr geworden. Noch einen Tag zuvor war der 21-Jährige ohne große Erwartungen in den Zug von Düsseldorf nach Stuttgart gestiegen. Sicher, er gehörte am zweiten Spieltag der neuen Dritten Fußballliga bereits zum zweiten Mal zum Kader der Düsseldorfer Fortuna. Wirkliche Chancen, im Stuttgarter Degerloch aufzulaufen, hatte sich der junge Neusser indes nicht gemacht.

Erst am Samstagmorgen, kurz nach dem Frühstück, war Trainer Norbert Meier gekommen und hatte ihm seine Entscheidung mitgeteilt. Ein paar Stunden später ließ sich Walbaum nicht nur von den rund 1 000 mitgereisten Fortuna-Fans für den ersten Saisonsieg feiern, er hatte mit seiner Vorlage zum 2:0 auch entscheidenden Anteil am Erfolg bei den Stuttgarter Kickers.

So abgeklärt er auf dem Platz wirkte, so unaufgeregt sprach er auch über sein Profidebüt. So habe er nicht einmal Zeit gehabt, nervös zu werden. "Ich habe mich einfach auf das Spiel konzentriert. Gedanken wie ,Heute spiele ich im Fernsehen' hatte ich gar nicht." Selbst seine Vorarbeit über 60 Meter zum 2:0 wollte er nicht überbewerten. "Wichtig war, dass die Mannschaft gewonnen hat", so Walbaum im üblichen Fußballer-Jargon.

Dabei hatte er seinen großen Traum im vergangenen Winter fast schon begraben. Sein damaliger Klub, der FC Wegberg-Beeck, dümpelte trotz großer Erwartungen im unteren Mittelfeld der Verbandsliga Mittelrhein herum und auch für den damals 20 Jahre alten Außenverteidiger lief es nicht gerade optimal.

Als hoffnungsvolles Talent war Walbaum zweieinhalb Jahre zuvor von der A-Jugend von Borussia Mönchengladbach nach Wegberg gekommen. Für die Oberligamannschaft der Borussia sei der ehemalige Kicker des BV Weckhoven und des TSV Norf nicht weit genug, hatte Horst Wohlers, Coach der Borussen-Reserve, seinerzeit gesagt. So ging er nach Wegberg. "Dort spiele ich auch in der Oberliga", sagte sich Walbaum damals. Doch nach nur einem Jahr folgte der direkte Abstieg. Und auch wenn Platz drei in der folgenden Verbandsliga-Saison für Hoffnung sorgte, spätestens nach der schwachen Hinrunde war er alles andere als zufrieden mit seiner Situation in Wegberg.

Walbaum orientierte sich um, schrieb sich in an der Fachhochschule Krefeld für den Studiengang Maschinenbau ein, als plötzlich das Angebot von der zweiten Mannschaft der Fortuna kam. Lange überlegen musste er nicht. Denn selbst wenn es "nur" die Düsseldorfer Reserve war, für ihn war es der Aufstieg in die NRW-Liga.

Es folgte eine Geschichte, wie es sie so oft im Sport gibt: "Ich sollte zu Beginn einfach mal bei der Ersten mittrainieren", erinnert sich Walbaum. Und da mit Olivier de Kock der etatmäßige Stammspieler den Verein verließ und für den anvisierten Ersatz Nils Fischer auf einmal kein Geld da war, war der Neusser plötzlich eine der zwei Alternativen für die rechte Außenverteidigerposition. So warf ihn Trainer Meier beim Test gegen die TuS Koblenz einfach mal ins kalte Wasser. Walbaum machte seine Sache so gut, dass das viel diskutierte Problem in Fortunas Hintermannschaft auf einmal keins mehr zu sein schien.

Für den Saisonauftakt gegen Paderborn reichte es dennoch nicht. Doch als Meier nach der herben 1:4-Klatsche ein Zeichen setzen wollte, war Walbaum auf einmal ganz oben auf seiner Liste. "Dass es so schnell geht, habe ich auch nicht gedacht, aber insgeheim habe ich immer gehofft, den Sprung zu schaffen." Am Samstag war es soweit. Und wenn er seine Sache weiter so gut macht, wird Meier ihn wohl nicht das letzte Mal aufgestellt haben.

(NGZ)
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