Handball „Geduld ist im Handball das Wichtigste“

Dormagen · Der Handball-Geschäftsführer des TSV Bayer Dormagen über die zurückliegende und die kommende Spielzeit.

 Am Ende gab es dann doch mehr Freudentänze als Tränen in der ersten Saison des TSV Bayer Dormagen nach dem Wiederaufstieg in die 2. Handball-Bundesliga.

Am Ende gab es dann doch mehr Freudentänze als Tränen in der ersten Saison des TSV Bayer Dormagen nach dem Wiederaufstieg in die 2. Handball-Bundesliga.

Foto: Heinz J. Zaunbrecher

Mit dem Spiel gegen die Rhein Vikings geht am Samstag ab 18 Uhr eine turbulente und kräftezehrende Saison für den TSV Bayer Dormagen zu Ende. Turbulent und kräftezehrend nicht nur für die Zweitliga-Handballer, sondern auch für den Mann, der hinter den Kulissen die Fäden zieht: Geschäftsführer Björn Barthel fasst im Gespräch mit der NGZ nicht nur die zurückliegenden zehn Monate zusammen, sondern verrät auch, was die mittel- bis langfristigen Ziele der Dormagener sind.

Herr Barthel, wie fällt Ihr Fazit der Saison 2018/19 aus?

Björn Barthel Durchweg positiv. Vor Saisonbeginn haben uns die meisten „Experten“ doch als wahrscheinlich heißesten Abstiegskandidaten eingestuft – was aber wohl normal ist, wenn man so wie wir nicht als Meister aufsteigt und über einen der kleinsten Etats der Liga verfügt. Aber im Saisonverlauf haben wir dann bewiesen, woran ich von Anfang an geglaubt habe: Dass wir eine konkurrenzfähige Mannschaft haben, die sich den Klassenerhalt nicht durch Glück, sondern verdient erkämpft hat.

Trotzdem gab es Anfang des Jahres einen Wechsel auf der Trainerbank.

Barthel Der aufgrund der früh getroffenen Entscheidung, den Vertrag unseres bisherigen Trainers nicht zu verlängern, notwendig war. Dass die Mannschaft und insbesondere die jungen Spieler in der Rückrunde einen Schritt nach vorne gemacht haben, zeigt, dass wir mit dieser Entscheidung richtig lagen.

Dennoch gab es auch Rückschläge, denken wir nur an die Spiele in Hagen oder zu Hause gegen Ferndorf und Elbflorenz.

Barthel Rückschläge sind bei einer so jungen Mannschaft normal. Die schwachen Leistungen in einigen Spielen hatten ja nichts damit zu tun, dass die Spieler nicht wollten, sondern dass sie zu schnell zu viel wollten, dass sie zu ungeduldig waren. Wichtig war, dass wir in all diesen Phasen, ob rund um den Trainerwechsel oder nach verlorenen „Endspielen“, Ruhe bewahrt haben, im Verein, im Umfeld und in der Mannschaft selbst. Die Spieler haben Charakter gezeigt und sich mit Fleiß und Willen aus misslichen Situationen herausgearbeitet. Und wir hatten Geduld mit ihnen, denn Geduld ist im Handball mit das Wichtigste – auf dem Spielfeld, aber auch in der Vereinsführung.

Wie beurteilen Sie die zurückliegende Saison mit Blick auf die Liga insgesamt?

Barthel Das war in meinen Augen die mit Abstand stärkste Zweite Liga, die ich je erlebt habe. In der Saison 2014/15, nach unserem ersten Aufstieg, haben uns 27 Punkte zum Klassenerhalt gereicht, diesmal brauchten wir 31, um ganz sicher zu sein, das sagt doch alles. Die Liga war extrem ausgeglichen, es gab viele sehr sehr enge Spiele und fast an jedem Spieltag war die Tagesform entscheidend. Auch die Teams, die letztlich verdientermaßen aufgestiegen sind, haben die Liga nicht beherrscht, sondern mussten auch gegen die vermeintlich „Kleinen“ an ihre Grenzen gehen. Das alles hat zu einer absolut intensiven Saison geführt, die für alle sehr anstrengend war.

Welche Lehren ziehen Sie daraus für die kommende Spielzeit?

Barthel Ich würde nicht von Lehren sprechen, die wir daraus ziehen. Sondern davon, dass wir so weiter arbeiten wie in den vergangenen sieben Jahren: mit Ruhe und Nachhaltigkeit. Unser letzter Gegner, die HSG Nordhorn-Lingen, ist ein gutes Beispiel: Auch die haben schwierige Phasen hinter sich, genau wie der Dormagener Handball, aber auch die haben stets mit Ruhe und Nachhaltigkeit gearbeitet und sind jetzt da, wo sie wieder hin wollten: in der Ersten Liga.

Heißt das, der TSV Bayer Dormagen möchte da auch wieder hin?

Barthel Eines Tages vielleicht. Wir sind aber nicht so vermessen, zu sagen, wir spielen nächste oder übernächste Saison um den Aufstieg mit. Unser Ziel heißt erst einmal, uns sicher in der Zweiten Liga zu etablieren, in der kommenden Saison so früh wie möglich den Klassenerhalt sicherzustellen, um dann irgendwann auch höhere Ziele angreifen zu können.

Nun verlieren Sie in Lukas Stutzke und Tim Wieling Ihre beiden Top-Torschützen.

Barthel Die beide in die Erste Liga wechseln, was mich für sie persönlich sehr freut. Obwohl wir sie natürlich gerne behalten hätten.

Trotzdem gehen Sie davon aus, dass die Mannschaft besser abschneidet als in dieser Saison. Wieso?

Barthel Erst einmal muss ich klarstellen, dass wir Lukas Stutzke und Tim Wieling nicht eins zu eins ersetzen können. Um das zu tun, bräuchten wie Erstliga-Spieler, und die können wir uns nicht leisten. Um ihre Abgänge zu kompensieren, müssen wir ihre Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen, das haben wir bei der Verpflichtung unserer Neuzugänge im Auge gehabt. Und genau darum glaube ich, dass wir stärker werden, weil wir nämlich die Verantwortung ebenfalls auf mehrere Schultern verteilen. Was uns schon in dieser Saison ausgezeichnet hat, ist die mannschaftliche Geschlossenheit. Auch wenn Stutzke und Wieling jetzt in die Erste Liga gehen, waren sie bei uns nie „die“ Stars – bei uns ist der Star die Mannschaft.

Was erhoffen Sie sich vom Saisonfinale am Samstag?

Barthel Dass noch mal viele Leute in die Halle kommen, das hätten die Jungs und vor allem die sechs Spieler, die wir vor dem Anpfiff verabschieden, auf jeden Fall verdient.

In Sachen Zuschauer ist der TSV bei einem Schnitt von 1223 sicher noch steigerungsfähig.

Barthel Ganz bestimmt. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass wir im Ballungsgebiet zwischen Köln und Düsseldorf in einem ganz anderen Umfeld agieren als viele andere Zweitligisten. Wenn in Nordhorn oder Balingen Handball gespielt wird, dann gibt es an diesem Abend im Umkreis von 50, 60 Kilometern so gut wie nichts anderes. Wir dagegen haben hier kein Alleinstellungsmerkmal, weder bei den Sponsoren noch bei den Fans, sondern müssen uns mit ganz viel Konkurrenz, auf sportlichem Gebiet wie auf dem Gebiet der Unterhaltung, messen. Deshalb bin ich auf das, war wir in dieser Saison erreicht haben, um so mehr stolz.

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