Handball „Erleben die stärkste 2. Liga aller Zeiten“

Dormagen · Im Bundesliga-Unterhaus tummeln sich viele extrem ambitionierte Handball-Mannschaften, die am liebsten aufsteigen würden. Mittendrin befindet sich der TSV Bayer Dormagen, der den Ball trotz Platz sieben in der Vorsaison flach hält.

 Eine schwere Aufgabe zum Auftakt: Der TSV Bayer Dormagen, hier Jakub Sterba (Mitte) im Heimspiel der vorigen Saison, tritt am Samstag beim ASV Hamm-Westfalen an.

Eine schwere Aufgabe zum Auftakt: Der TSV Bayer Dormagen, hier Jakub Sterba (Mitte) im Heimspiel der vorigen Saison, tritt am Samstag beim ASV Hamm-Westfalen an.

Foto: Heinz J. Zaunbrecher

Die Zweitliga-Handballer es TSV Bayer Dormagen haben längerfristige Pläne. Nicht umsonst wurden Anfang dieses Jahres frühzeitig die Vertragsverlängerungen mit Leistungsträgern wie André Meuser, Patrick und Ian Hüter, Jakub Sterba und Alexander Senden unter Dach und Fach gebracht. In dieser Woche folgte auch noch Torwart Martin Juzbasic (bis 2024). „Wir sind gemeinsam auf einem guten Weg und haben vor, eines Tages auch mal wieder oben anzuklopfen“, ließ Trainer Dusko Bilanovic wissen, nachdem der TSV sich auch mit ihm auf eine Fortschreibung seines Arbeitspapiers bis mindestens 2023 geeinigt hatte. Die Tendenz zeigt klar nach oben, seit der ehrgeizige Serbe im Januar 2019 am Höhenberg angeheuert hat. Zunächst führte er das Team noch zum Klassenverbleib, dann folgte Platz zehn und die danach anvisierte Steigerung endete auf einem starken siebten Tabellenplatz. Doch zumindest nach außen hin sind für die am Wochenende beginnende Zweitliga-Saison 2021/22 weitergehende Ambitionen offenbar auf Eis gelegt worden.

„Sportlich werden wir keine Ziele nach draußen posaunen“, sagte Björn Barthel in seiner Funktion als Handball-Geschäftsführer des TSV vor einigen Wochen bei einer Pressekonferenz am Höhenberg. Der ansonsten eher forsche Dusko Bilanovic, der als ehemaliger Erstliga-Profi ganz sicher auch mal als Trainer eine Etage höher arbeiten möchte, schwenkte ebenso auf diese Linie ein. Die Gründe für die neue Zurückhaltung liegen auf der Hand. Die Dormagener können einfach noch nicht wissen, wie ihr neues Kaderkonzept mit weniger Quantität und mehr Qualität funktioniert. Gerade vor dem Hintergrund, dass nach der anstrengenden Vorsaison unter Corona-Bedingungen angesichts von jetzt zwanzig Mannschaften erneut eine lange Spielzeit bevorsteht und die Güte der Gegner noch mal deutlich zugelegt hat.

Wenn es darum geht zu beschreiben, wie stark die neue 2. Liga ist, überbieten sich die Fachleute in Superlativen. „Wir haben die beste 2. Liga in Europa“, sagte Björn Barthel, auch Präsidiumsmitglied der Deutschen Handball-Liga (HBL), beispielsweise dem Magazin „Handball Inside“ und ergänzte: „Mit der Besetzung gehören wir sogar zu den Top Ten in Europa.“ Christoph Schindler, einst als Spieler in Dormagen aktiv und aktuell Geschäftsführer beim Traditionsverein VfL Gummersbach, meinte gegenüber der „Handballwoche“: „Wir erleben die stärkste 2. Liga aller Zeiten.“ An gleicher Stelle erklärte Rüdiger Jurke, Manager des EHV Aue, es handele sich um die stärkste Staffel, die es je gegeben habe: „Zehn Teams können um den Aufstieg spielen, zehn Mannschaften werden darum kämpfen, in der Liga zu bleiben.“

Zu dieser Zuspitzung konnte es kommen, weil als eine Folge der Corona-Pandemie in Gestalt der HSG Nordhorn-Lingen, des TuSEM Essen, des HC Coburg und der Eulen Ludwigshafen gleich vier Mannschaften aus der Ersten Liga abstiegen. Denen hat es trotz der zahlreichen Niederlagen dort aber so gut gefallen, dass sie augenscheinlich am liebsten direkt wieder zurück ins Oberhaus wollen. Hinzu kommt als natürlicher Favorit der VfL Gummersbach. Schließlich hatte der Traditionsverein schon vor der zurückliegenden Saison angekündigt, aufsteigen zu wollen, scheiterte dann aber wegen einer verkorksten Rückrunde knapp und will diesen Fauxpas nun korrigieren. Zudem gibt es Teams wie den ASV Hamm-Westfalen und die SG BBM Bietigheim, die vergangene Saison vom Start weg hinter ihren Möglichkeiten zurückblieben und dieses Mal ganz sicher mehr erreichen wollen. Bietigheim unterstrich seine Ambitionen beispielsweise durch die Verpflichtung des ehemaligen Welthandballers Iker Romero für den Trainerposten. Hamm, am Samstag erster Gegner der Dormagener, holte ganz sicher nicht sechs Erstliga-erfahrene Akteure hinzu, um wieder Neunter zu werden. Viel wird auch dem HC Elbflorenz zugetraut, der sich in der Vorsaison mit attraktivem Handball auf Rang vier spielte, sich im Sommer mit Erstligaakteuren verstärkte und nun mit der Rolle des Geheimfavoriten kokettiert.

Wie stark die Truppe aus Dresden schon vorige Saison war, davon können die Dormagener ein Liedchen singen. Sie verloren Ende Juni das letzte Saisonspiel in eigener Halle und letztlich auch das lange offene Rennen um den vierten Tabellenplatz. Dennoch waren sie am Höhenberg extrem zufrieden mit dem Saisonergebnis, doch Rang sieben wird angesichts der Konkurrenz zu Recht nicht als Indiz dafür gesehen, dass der Aufwärtstrend der vergangenen Jahre anhalten muss. „Wir wollen so schnell wie möglich punkten, damit wir nicht in den Abstiegsstrudel geraten“, meinte Björn Barthel bei besagter Pressekonferenz. Drei der 20 Mannschaften müssen am Ende runter, um die 2. Liga auf 19 Teams zu reduzieren. Dass die Dormagener den Ball flach halten, heißt nicht, dass sie nicht ambitioniert sind. Vielmehr wollen sie sich offenbar angesichts des harten Startprogramms (Hamm, Bietigheim, Coburg) und der neuen Mannschaftsstruktur keinem unnötigen Druck aussetzen. Wie fragil das Konzept des knapp gehaltenen Kaders mit einer Doppelbesetzung auf jeder Position ist, hat sich erst kürzlich mit dem langfristigen Ausfall des Halblinken Alexander Senden gezeigt. Der TSV schaut sich jetzt doch noch mal auf dem Spielermarkt um, was zum jetzigen Zeitpunkt allerdings sehr schwer ist.

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