NGZ-Interview mit Eberhard Hücker "Die Wirtschaft engagiert sich nur da, wo sie etwas davon hat"

Seit fünf Jahren ist Eberhard Hücker Präsident des Kuratoriums der Stiftung Sport der Sparkasse Neuss und des Kreises Neuss. Dieses Kuratorium überwacht und genehmigt die Beschlüsse des Vorstandes, der im vergangenen Jahr 316.740 Mark zur Föderung des Leistungs- und Spitzensports ausschüttete. Mit Eberhard Hücker sprach NGZ-Sportredakteur Volker Koch über die künftigen Vorhaben der Stiftung.

Wie sehen Sie die aktuelle Situation der Stiftung Sport in Bezug auf den Leistungssport im Kreis Neuss? Wird sie ihrem Auftrag und ihrer Zielsetzung noch gerecht?

Hücker: Der Vorstand der Stiftung Sport hat in den vergangenen Monaten entscheidende Änderungen in der Förderpraxis vorgenommen, weg von der stark aufgesplitteten Einzelförderung hin zu mehr Projektarbeit. Ich halte diese Maßnahmen für richtig, und sie sind ja auch vom Kuratorium akzeptiert worden. Das allein reicht aber nicht aus. Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir nicht noch stärker Institutionen fördern sollen, so wie es jetzt bereits mit dem Teilzeitinternat in Dormagen geschieht. Denn von solchen Institutionen gehen meines Erachtens die wesentlichen Impulse für die Entwicklung des Sports im Kreis Neuss aus. So ist beispielsweise darüber nachzudenken, ob aus einem Teilzeitinternat nicht ein Vollzeitinternat in Sachen Sport werden kann.

Was versprechen Sie sich von dieser Förderung im Gegensatz zur Individualförderung von Athleten?

Hücker: Wir dürfen nicht verkennen, dass wir zwar noch Spitzensportler haben im Kreis Neuss, aber bei weitem nicht mehr die Menge wie früher. Deshalb müssen wir neue Wege gehen, Bedingungen schaffen, damit wieder Spitzensportler heranwachsen. Dafür brauchen wir aber auch Multiplikatoren auf Seiten der Sportler, so wie wir sie in Max Schwindt oder Stephanie Groß haben. Letztere ist ein besonders gutes Beispiel: Sie ist ja nicht nur als Aktive Vorbild, sondern gibt ihr Können und Wissen mittlerweile als hauptamtliche Trainerin weiter, unter anderem auch gefördert durch die Stiftung Sport. Solche Personen, aber eben auch solche Institutionen, in denen so etwas möglich ist, brauchen wir viel mehr.

Lassen sich Spitzensportler allein mit den Mitteln der Stiftung Sport noch im Kreis Neuss halten? Bedarf es dazu nicht einer stärkeren Zusammenarbeit mit der Wirtschaft oder mit Zusammenschlüssen wie den Partnern des Sports?

Hücker: Wenn wir auf Dauer Spitzensport im Kreis Neuss etablieren oder halten wollen, kommen wir an einer Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie der Stiftung Sport nicht vorbei. Der Aufwand, den ein Spitzensportler betreiben muss, ist hoch und wird immer höher, der an Training, an Zeit, aber auch, was die materielle Ausstattung angeht. Das auszugleichen, wird allein mit den Mitteln der Stiftung Sport nicht möglich sein. Doch über eines müssen sich alle Beteiligten, ob Sportler, Vereinsfunktionäre oder Politiker, im Klaren sein: Die Wirtschaft wird nur dann als Partner einsteigen, wenn die Wirtschaft auch etwas davon hat. Und das meine ich nicht nur im ideellen oder werblichen Sinne, sondern auch im rein wirtschaftlichen: Wenn ein Unternehmen in der Sportförderung keinen wirtschaftlichen Vorteil sieht, dann wird es sich auch nicht beteiligen.

Nun sind Sie ja nicht nur Präsident der Stiftung Sport, sondern auch Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens. Würden Sie als solcher einen Spitzensportler mit Blick auf Olympia 2004 einstellen, oder können sich Unternehmen heute solchen "Luxus" nicht mehr leisten?

Hücker: Wenn sich das Unternehmen aufgrund der Ertragslage so etwas leisten kann, ist eine solche Frage grundsätzlich überdenkenswert. Nur ist die Ertragslage momentan leider nicht so, dass sich mittelständische Unternehmen wie der Neusser Zeitungsverlag so etwas leisten können. Wie die meisten dieser Unternehmen haben auch wir zurzeit mit strukturell schlechten Bedingungen zu kämpfen, deshalb findet Sportförderung hauptsächlich in Großkonzernen wie Bayer, Daimler-Chrysler oder Telekom, um nur drei zu nennen, statt. Sollten sich die Rahmenbedingungen hoffentlich wieder ändern, kann man erneut über eine solche Frage nachdenken.

Welche Rolle spielt der Masterplan Leistungssport in den Überlegungen zur Sportförderung? Ist die Stiftung das richtige Instrument, um die dort angedachten Maßnahmen umzusetzen und zu finanzieren?

Hücker: Die Stiftung Sport allein kann die Umsetzung der im Masterplan vorgeschlagenen Maßnahmen sicher nicht leisten, sie kann nur eines der Rädchen sein, die ineinander greifen. Doch seit er fertiggestellt wurde, ist es um den Masterplan eigenartig ruhig geworden. Außerdem kann die Stiftung Sport sicher nicht alles, was im Masterplan vorgeschlagen wird, umsetzen oder finanzieren. Die Maßnahmen müssen schon mit den Zielen der Stiftung, nämlich der Förderung des Leistungs- und Spitzensports, übereinstimmen.

Welche Maßnahmen haben denn Ihrer Meinung nach Priorität?

Hücker: Ich möchte da keine einzelnen Punkte herausgreifen. Vorstand und Kuratorium müssen sich bei jedem Vorschlag die Frage stellen: Passt er in unser vorhandenes Konzept oder nicht? Eins sollte aber auf jeden Fall klar sein: Wir sollten keine sportlichen Eintagsfliegen fördern, sondern nur Sportarten, wo Aussicht auf langfristigen Erfolg besteht.

(NGZ)
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