Lokalsport Die Fahrstuhl-Könige von der Jahnstraße

Neuss · Hockey-Bundesligist HTC SW Neuss bleibt sich treu: Seit 2009 ist der Verein fünfmal auf- und sechsmal abgestiegen.

 Die Polen-Connection: Marcin Pobuta ist auch mit seinen 41 Jahren immer noch ein erstklassiger Torhüter. Sebastian Sellner (M.), mit der U21 seines Heimatlandes gerade U21-Europameister geworden, sichert ab.

Die Polen-Connection: Marcin Pobuta ist auch mit seinen 41 Jahren immer noch ein erstklassiger Torhüter. Sebastian Sellner (M.), mit der U21 seines Heimatlandes gerade U21-Europameister geworden, sichert ab.

Foto: Andreas Woitschützke

Wenn demnächst der Sponsoringvertrag mit dem deutschlandweit operierenden Sushi-Produzenten Natsu Foods im Taubental ausläuft, sollten die beim HTC SW Neuss fürs Marketing zuständigen Jungs vielleicht mal bei Schindler vorstellig werden. Denn die im Barbaraviertel ansässige Firma ist Spezialist für Aufzüge und Fahrtreppen. Und genau das ist auch das Metier des Hockey-Bundesligisten.

Seit 2009 ist der DM-Halbfinalist von 2007 auf dem Feld viermal aus dem Oberhaus ab- und dreimal aufgestiegen. Auch in der Halle kommt Schwarz-Weiß einfach nicht aus dem Fahrstuhl heraus. Von 2001 bis 2013 gehörten die Neusser der deutschen Eliteklasse zwar ununterbrochen an, doch seither gelang nur 2015 mal der Klassenverbleib. Dafür knallten an der Jahnstraße 2014 und am Sonntag nach dem 10:7-Zittersieg beim Düsseldorfer SC 99 die Sektkorken. Eine rekordverdächtige Bilanz. Immer mit dabei war Sebastian Draguhn. Dass der zweimalige Weltmeister (2006 auf dem Feld, 2007 in der Halle) auch in dieser Saison mit 35 Toren maßgeblich am Titelgewinn beteiligt war, spricht für die Klasse des Stürmers, verdeutlicht aber auch das große Problem der Neusser: Draguhn ist gerade 33 geworden. Torhüter Marcin Pobuta könnte mit seinen 41 Jahren sogar schon an der Hallenhockey-Weltmeisterschaft der Masters in der Altersklasse M40 teilnehmen, nicht mehr allzu weit davon entfernt sind die immer noch unverzichtbaren Philipp Weide, Christoph Martial (beide 34) und Steven Dühr (32).

Von den ganz jungen Talenten schafften in der abgelaufenen Hallensaison nur Cedric Heimbach (19), der sich nach seiner Rückkehr vom Düsseldorfer HC auf Anhieb zu einem Leistungsträger entwickelt hat, und Jan Mausberg (18) den Sprung zur Stammkraft. Hoffnung macht die Entwicklung von Sebastian Sellner (20), frischgebackener Hallen-Europameister mit der U21 Polens. Nach Jahren der Stagnation hat sich der HTC des Problems angenommen - Tim Schiffmann (24), Paul Toll (17), Keeper Jonas Radeke (24), Timo Otten (21), Paul Nacken (20), Vincent Güttler (18), Phil Graue (22), Niclas Garms (20), Hans-Carl Graby (21) und Julian Dettmer (18) warten auf ihre Chance -, doch die Frage, ob da wirklich ausreichend Talent für ein ambitioniertes Bundesliga-Team zur Verfügung steht, muss erst noch beantwortet werden. Das Leben im Umfeld leistungsstarker Erstligisten wie RW Köln, Uhlenhorst Mülheim und Crefelder HTC ist hart, "zudem fällt es immer schwerer, Spieler langfristig an einen Verein zu binden", weiß Sebastian Draguhn: "Viele sind heute doch schon mit Anfang 20 fertig mit ihrem Studium und orientieren sich dann komplett neu. Nur weil du jetzt vielleicht gute junge Spieler in deinem Kader hast, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass sie auch in fünf Jahren noch da sind."

Für den Moment könnte dem HTC vielleicht das Modell "Schindler 3300" helfen, in dem pendelt das Team dank intelligenter Technologie zumindest "komfortabel, umweltfreundlich und stilvoll" zwischen den Spielklassen.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort