Mindens Superstar Talant Dujshebaev im Gefängnis Die Bundesliga stößt an ihre Grenzen

Eigentlich sollte Talant Dujshebaev Mittwoch Abend im letzten Heimspiel von GWD Minden vor seiner Rückkehr nach Spanien mit einem großen Fest verabschiedet werden. Ob der Kirgise mit spanischem Pass beim Anpfiff der Partie gegen Schlusslicht Eintracht Hildesheim überhaupt in der Kampa-Halle sein kann, ist fraglich. Steuern hinterzogen? Talant Dujshebaev. -->

Eigentlich sollte Talant Dujshebaev Mittwoch Abend im letzten Heimspiel von GWD Minden vor seiner Rückkehr nach Spanien mit einem großen Fest verabschiedet werden. Ob der Kirgise mit spanischem Pass beim Anpfiff der Partie gegen Schlusslicht Eintracht Hildesheim überhaupt in der Kampa-Halle sein kann, ist fraglich. Steuern hinterzogen? Talant Dujshebaev. -->

Die Nacht zu gestern verbrachte Mindens Superstar jedenfalls im Gefängnis. Verdacht auf Steuerhinterziehung in sechsstelliger Höhe, lautet die Anklage gegen den 32-Jährigen, auf den die Steuerfahndung im Zuge ihrer Ermittlungen gegen Dujshebaevs ehemaligen Klub TuS Nettelstedt gestoßen war. Den plagen nicht nur sportlich große (Abstiegs-) Sorgen, auch wirtschaftlich sieht es nicht allzu gut aus bei den Ostwestfalen. Hauptsponsor Paul Gauselmann spricht von "finanziellen big points", die noch zu klären seien.

Ganz finster stellt sich die Lage bei der SG VfL Bad Schwartau dar: "Die Lage ist kritisch. Die Chancen, dass es weiter geht, stehen bei 60:40", wird Winfried Klimek, einer von neun Gesellschaftern der Handball 2002 GmbH & Co KG in der "Handballwoche" zitiert. Deren Geschäftsführer Manfred Diebitz ist bereits zurückgetreten, aus Solidarität stellte nun auch Team-Manager Thomas Gloth sein Amt zur Verfügung und geht wohl zurück zum VfL Fredenbeck. Gloth spricht von einer Unterdeckung von 300.000 Mark durch fehlende Zuschauereinnahmen, Insider sprechen von höheren Summen; die SG-Spieler, seit acht Begegnungen sieglos, sollen mehrfach ihre Gehälter nicht erhalten haben. Ihre Lizenz haben die Schwartauer zwar wie alle anderen Erstligisten auch erhalten, aber: "Wenn wir keine Zukunft sehen, werden wir nicht weitermachen. Man kann einen Lizenzantrag auch noch zurückziehen", wird Klimek weiter zitiert.

Eine Lizenz hat auch die SG Solingen erhalten, doch auch bei den Bergischen ist fraglich, wie es nach dem Ausstieg von Hauptsponsor Winfried Meister weitergeht. Mit einem angepeilten Etat von 1,5 Millionen Mark dürfte in der kommenden Saison kaum eine erstliga-taugliche Mannschaft auf die Beine gestellt werden können.

In der Zweiten Liga hat das Großreinemachen bereits begonnen: Mit Eschweger TSV, HSG Mülheim-Kärlich-Bassenheim, HG Erlangen und TSG Herdecke hat gleich ein Quartett aus der Südgruppe freiwillig auf eine Lizenz verzichtet.

Selbst beim TSV Bayer Dormagen wird kräftig über einen Rückzug in die Regionalliga spekuliert, zumindest im Falle eines Abstiegs - die Handball-Bundesliga stößt an ihre (finanziellen) Grenzen. Kein Wunder in einer Branche, wo selbst durchschnittliche Spieler sechsstellige Jahresgehälter ausbezahlt bekommen. Für namhafte ausländische Akteure, so wissen Insider zu berichten, sind Monatseinkommen von 10.000 Mark und mehr keine Seltenheit - netto, versteht sich. Superstars wie Dujshebaev dürften noch ein Vielfaches davon kassieren.

Wo aber sollen die Gelder herkommen? Vom Zuschaueraufkommen und den Sponsorenverträgen sind höchstens die "großen Vier" aus Kiel, Flensburg, Lemgo und Magdeburg in der Lage, solche Ansprüche zu erfüllen, ohne sich zu verschulden - kein Zufall, dass sie auch in der Tabelle die ersten Plätze einnehmen. Der große Rest ist in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, verursacht durch immer höhere Gehaltsforderungen der Spieler und ihrer sogenannten Berater, die eifrig die Hand mit aufhalten. Doch für solche Dimensionen wie im Fußball fehlt einfach die finanzielle Basis, bei Hallenkapazitäten von zwei-, dreitausend Zuschauern und einer geringen Fernsehpräsenz kein Wunder.

Vor allem aber fehlen professionelle Strukturen, im Verband und in den Vereinen. Da wird bedenkenlos drauflos gewirtschaftet, da werden immer mehr ausländische Spieler verpflichtet, statt in die Nachwuchsarbeit zu investieren. Mindestens zwei Drittel, wenn nicht mehr, aller Bundesliga-Akteure tun den lieben langen Tag nicht anderes als Handball zu spielen und zu trainieren - maximal vier Stunden am Tag. Wo bleibt das die Verhältnismäßigkeit? Volker Koch

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