Von einem geruhsamen Fest kann keine Rede sein Der Sport macht auch Weihnachten keine Pause

In Neuwied, wo er und seine Familie bis zu ihrem Umzug nach Neuss lebten, wollte Max Schwindt eigentlich ein paar ruhige Weihnachtstage verbringen. Jetzt hat der unerwartete Höhenflug des KSK Konkordia Neuss ihm und seinen Mannschaftskameraden einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jiri Smicek, Spielertrainer des NEV, kann zwar kein Verständnis dafür aufbringen, dass er mit seiner Truppe am zweiten Weihnachtstag und am Freitag auflaufen muss, doch er nimmt's relativ locker. Er zieht sich eine Weihnachtsmütze an, hofft auf eine Überraschung gegen Essen und Grefrath. NGZ-Foto: woi

In Neuwied, wo er und seine Familie bis zu ihrem Umzug nach Neuss lebten, wollte Max Schwindt eigentlich ein paar ruhige Weihnachtstage verbringen. Jetzt hat der unerwartete Höhenflug des KSK Konkordia Neuss ihm und seinen Mannschaftskameraden einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jiri Smicek, Spielertrainer des NEV, kann zwar kein Verständnis dafür aufbringen, dass er mit seiner Truppe am zweiten Weihnachtstag und am Freitag auflaufen muss, doch er nimmt's relativ locker. Er zieht sich eine Weihnachtsmütze an, hofft auf eine Überraschung gegen Essen und Grefrath. NGZ-Foto: woi

Weil der Bundesligist am Samstag (19.30 Uhr, Stadionhalle) den VfK Schifferstadt zum Viertelfinalkampf um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft erwartet, heißt es für die KSK-Ringer, über die Feiertage zu trainieren. "Lauftraining hätte ich sowieso gemacht, aber jetzt werde ich mit den Jungs aus meiner ehemaligen Neuwieder Mannschaft auch in die Halle gehen, um zu trainieren", erzählt der WM-Achte des vergangenen Jahres, der trotz seiner schweren Knieoperation im März von den 16 Kämpfen dieser Saison nur einen verlor:mit 0:1 gegen Olrik Meißner vom AV Markneukirchen.

Da trat Schwindt allerdings nicht in seiner gewohnten Gewichtsklasse, der bis 74 Kilogramm, an, sondern kämpfte in der Kategorie bis 84 Kilogramm. Das Gewicht bereitet ihm mit Blick auf die Weihnachtstage auch mehr Kopfzerbrechen als das Training: Weil er in den vergangenen Wochen mit Blick auf die ab Januar anstehenden Einzelmeisterschaften verstärkt ins Krafttraining eingestiegen war, "schleppt" der 24-Jährige im Moment 80 Kilogramm und mehr mit sich herum.

"Sechseinhalb Kilo müssen bis Samstag, 18.30 Uhr, wieder "runter sein", verrät Schwindt. Darin haben die Ringer zwar Routine, dennoch blickt er ein wenig skeptisch drein: "Natürlich ist das zu schaffen. Da muss man sich halt ein bisschen zurückhalten, während die anderen den Weihnachtsbraten essen. Aber die Frage ist, wie fit man danach ist?"

Zumal er sich für Samstagabend auf einen Kontrahenten allerhöchsten Kalibers gefasst macht: "Entweder ringt in meiner Klasse Adam Juretzko oder Richard Wolny", weiß Schwindt. Der war 1998 Europameisterschafts-Dritter, der andere ist Olympiasieger von 1996 in Atlanta. "Klar ist das hart für unsere Ringer, besonders über Weihnachten", weiß KSK-Präsident Hermann J. Kahlenberg um die Probleme des Gewichtmachens bei den Schützlingen des Trainergespanns Leo Schwindt und Oleg Dubov.

Denn bis auf Jackson Vaillant Cantero, der mit knapp 89 Kilogramm eher zu leicht ist für die Klasse bis 96 Kilogramm, müssen alle aus dem aktuellen Aufgebot des KSK abtrainieren, manche bis zu fünf Kilogramm und mehr.

"Aber wir wollen gegen Schifferstadt natürlich unsere optimale Aufstellung auf die Matte schicken", verrät der KSK-Chef, "selbst wenn wir gegen dieses Weltklasseteam nicht gewinnen können, so ist das doch eine einmalige Chance für den Verein, dem Ringen in Neuss und in der Region einen wesentlich höheren Stellenwert zu verschaffen als bisher."Und dafür muss man halt leiden...

Gelitten haben die Handballer des TSV Bayer Dormagen hingegen genug: Sechs Pflichtspiele zwischen dem 4. und 21. Dezember gingen an die Substanz, bei Spielern und anderen: "Ich kann keinen Handball mehr sehen", stöhnte Trainer Kai Wandschneider nach dem 27:25-Auswärtssieg beim TV Gelnhausen, mit dem der TSV das Jahr noch versöhnlich abschloss.

Deshalb ruht der mannschaftliche Trainingsbetrieb auch bis zum 2. Januar, bevor die Vorbereitung auf den Rückrundenstart am 11. Januar gegen Tuspo Obernburg beginnt. Allerdings hat der Handball-Lehrer jedem seiner Schützlinge einen individuellen Plan mit in die Feiertage gegeben.

Und auch er selbst kann nicht ganz vom Handball lassen: "Es sind Gespräche zu führen, wir suchen ja immer noch nach einem neuen Torwart", verrät Wandschneider. Außerdem wird er sich unterm Tannenbaum per Video und Spielberichtsbogen an die Analyse der Hinrunde machen, um Stärken und Schwächen jedes einzelnen Spielers genau auflisten zu können. Schließlich stehen für zwei Drittel des Teams Vertragsverhandlungen an...

Einer wird den Handball aber auch über den Jahreswechsel nicht aus der Hand legen dürfen: Ivan Ivisic wurde zu Lehrgängen und Länderspielen der bosnischen Nationalmannschaft "abkommandiert", steht dem TSV sechs Wochen lang nicht zur Verfügung. "Das war vertraglich so vereinbart", sagt Wandschneider, sorgt sich allerdings: "Hoffentlich verletzt er sich dabei nicht."

Ähnliches gilt für Henrik Andersson, der für die schwedische Nationalmannschaft auf Abruf bereitsteht; fällt ein Spieler aus dem Drei-Kronen-Team für das Turnier vom 3. bis 6. Januar in Belgrad aus, rückt der gerade erst von einer Steptokokken-Infektion genesene TSV-Regisseur, nach. Alles andere als ein gemütliches Weihnachtsfest erwartet auch die Eishockeyspieler des Neusser EV, denn der Regionalliga-Spielplan beschert ihnen ausgerechnet am zweiten Weihnachtstag (Moskitos Essen) und tags darauf (Grefrather EV) zwei Spiele hintereinander.

Eine Regelung, die NEV-Spielertrainer Jiri Smicek mächtig auf die Palme bringt: "Ich finde es eine Unverschämtheit, dass Funktionäre an einem solchen Feiertag Spiele ansetzen. Die Spieler haben doch auch alle Familien, mit denen sie gemütlich feiern wollen. Die Funktionäre arbeiten mit Sicherheit auch nicht."

Einen Ausfall haben die Quirinusstädter deswegen schon zu beklagen. Stürmer Robert Kremer verbringt das Fest bei seinen Eltern in Bayern und steht deswegen nicht zur Verfügung. Dafür stößt er allerdings bei seinem Coach auf vollstes Verständnis, zumal der restlicher Kader komplett ist. Auch Smicek zieht es nicht in die alte Heimat, Verwandte hat der 39-Jährige keine mehr in Tschechien.

Deswegen feiert er mit seiner Freundin in Deutschland. Selbst das klassisch tschechische Weihnachtsgericht Karpfen kommt ihm nicht auf den Tisch. "Den habe ich noch nie gerne gemocht", gesteht Smicek, bei dem in diesem Jahr ein Reh den Gaumen erfreuen wird. Aber große Zurückhaltung muss er sich jedenfalls nicht auferlegen, denn Völlerei ist ohnehin seine Sache nicht. "Über mein Gewicht brauche ich mir keine Gedanken machen, weil ich mich regelmäßig fit halte, nehme ich sowieso nicht zu", sagt Smicek wie selbsverständlich, ohne zu wissen, dass ihn darum sicher viele beneiden.

Seinen Spielern hat er nach dem letzten Heimspiel am Sonntag auch keine Maßregeln mit auf den Weg gegeben. "Die müssen wissen, was sie tun. Schließlich sind es keine Kinder mehr, sie sollten die Sache ernst nehmen. Wenn nicht, zeigt sich das spätestens auf dem Eis", ist sich der NEV-Coach sicher. Zum nächsten Training bitte er am Donnerstagmorgen. Zwischen 9 und 9.30 Uhr sollen sich seine Jungs nach vier Tagen Pause und geschlossener Südpark-Eishalle ein wenig ans Eis gewöhnen, ab 17.30 Uhr steht dann die Partie gegen die Moskitos Essen auf dem Programm.

Für Reinhard Ording, Verwalter der Neusser Galopprennbahn, gibt's auch kein geruhsames Fest. Er muss mit seinen Mitarbeitern alles für den Weihnachts- und Silvesterrenntag richten. NGZ-Foto: H. Jazyk

Bei Reinhard Ording, Verwalter auf der Neusser Galopprennbahn, ist es ebenfalls ein sportliches Ereignis am zweiten Weihnachtstag, das einem geruhsamen Fest im Wege steht. Hinzu kommt der Silvesterrenntag, für den die Vorbereitungen auch schon auf Hochtouren laufen. "Als ich 1995 den Job auf der Galopprennbahn angetreten habe, war es schon eine große Umstellung für mich, das Weihnachtsfest nicht frei gestalten zu können", verrät der 43-Jährige Ording, der vorher als Jockey und Trainer gearbeitet hatte und damals Weihnachten und den Jahreswechsel meist dazu nutzte, um mit der Familie in den Winterurlaub zu fahren.

"Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt und mich ganz gut mit den Gegebenheiten arrangiert", meint Ording, der aber auch seine Frau Birgit und Tochter Tina (20) voll hinter sich weiß. "Das geht natürlich nur, wenn die Familie Verständnis aufbringt. Schließlich ist es schon ein riesiger Unterschied, ob ich mich zu Weihnachten eine Woche komplett um die Familie kümmern, oder abends mal zwei Stunden abknapsen kann."

Selbst heute muss sich der Rennbahnverwalter mit seinem Team noch an die Reinigung des Teils der insgesamt 100 Pferdeboxen machen, die seit vergangenen Samstag noch nicht geschafft wurden. Außerdem ist natürlich täglich das Sandgeläuf auf Vordermann zu bringen, schließlich müssen die heimischen Trainer ihre Pferde bewegen - Weihnachten hin oder her.

Und in letzter Konsequenz gilt es dann natürlich auch noch für eine festliche Atmosphäre zu sorgen auf dem Gelände, schließlich sollen sich Zuschauer und Wetter auch wohl fühlen. Reinhard Ording: "Darauf legen wir natürlich größten Wert, deswegen haben wir auch Bäume aufgestellt und sie entsprechend geschmückt."

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort