Triathlon Der Ironman-Pionier aus Neuss

Triathlon · Die deutschen Triathleten beherrschten mit den Plätzen zwei, vier, fünf und sechs den legendären Ironman-Wettbewerb auf Hawaii. Der Neusser Wolfgang Dittrich war vor 19 Jahren der erste Deutsche auf dem Siegertreppchen – heute lebt er in Colorado

Die Uhr zeigte 50 Minuten und 52 Sekunden, als Andy Potts am Sonntag nach 3,86 Kilometer Schwimmen in der Bucht von Kailua-Kona als Erster von rund 1800 Triathleten aus dem Wasser stieg. 21 Jahre zuvor hätte Wolfgang Dittrich zu diesem Zeitpunkt bereits seit knapp drei Minuten auf seinem Rennrad gesessen.

Der Neusser, gerade 50 Jahre alt geworden, ist immer noch einer der schnellsten Schwimmer, die jemals beim legendären Ironman-Triathlon auf Hawaii unterwegs waren. Sein Rekord über die 2,4 Meilen im oftmals aufgewühlten Pazifik liegt bei 48:02 Minuten, aufgestellt im Jahre 1991. Das Besondere an Wolfgang Dittrich: Im Gegensatz zu anderen Ex-Schwimmern, die ins Triathlon-Lager wechselten – er war 1981 Militär-Weltmeister über 400 Meter Lagen – machte Dittrich auch auf dem Rad und auf der Marathonstrecke eine ausgesprochen gute Figur. Das brachte den Neusser vier Mal unter die besten Zehn auf Hawaii – und er hätte diese Serie sicher fortgesetzt, hätte er sich nicht während der letzten Vorbereitungsphase auf den Ironman 1994 nach einem Sturz mit dem Rennrad eine schwere Knieverletzung zu gezogen. Einhergehend mit einer Infektion des Gelenks bedeutete das eine fast zweijährige Zwangspause, nach der er zwar wieder auf Hawaii startete, aber nie mehr an seine großen Erfolge anknüpfen konnte.

Den größten hatte Wolfgang Dittrich am 30. Oktober 1993 gefeiert: Nach 8:20:13 Stunden belegte er hinter Mark Allen (USA), der in 8:07:45 Stunden seinen fünften Sieg (von insgesamt sechs) feierte, und dem Finnen Pauli Kiuru Rang drei. Es war ein historischer Tag für die deutschen Triathleten – Dittrich war der erste von ihnen, der den Sprung aufs Podium schaffte.

Insgesamt standen dort in den vergangenen zwei Jahrzehnten nur acht Deutsche: Außer Wolfgang Dittrich noch Thomas Hellriegel (1995 und '96 Zweiter, 1997 Erster), Rainer Müller-Hörner (Dritter 1995), Jürgen Zäck (Zweiter 1997), Lothar Leder (Dritter 1997 und '98), Norman Stadler (Sieger 2004 und 2006), Faris Al-Sultan (Dritter 2004, Sieger 2005) und Andreas Raelert. Der 36 Jahre alte Rostocker toppte mit Rang zwei am Sonntag hinter dem in 8:18:37 Stunden erfolgreichen Vorjahreszweiten Pete Jacobs (USA) noch seine beiden dritten Plätze aus den Jahren 2009 und 2011. In 8:23:40 Stunden war er dabei allerdings dreieinhalb Minuten langsamer als Wolfgang Dittrichs Bestzeit aus dem Jahre 1993.

Doch bei kaum einem anderen Wettbewerb sind die Athleten so von den äußeren Bedingungen abhängig wie beim Ironman auf Hawaii. Bei der 36. Auflage verhinderte die raue See in der Bucht von Kailua-Kona bessere Schwimm- und damit Endzeiten. Hinter Raelert komplettierten Sebastian Kienle (4.), Faris Al-Sultan (5.) und Timo Bracht (6.) den deutschen Triumph, der nur 1997 getoppt wurde, als Thomas Hellriegel vor Jürgen Zäck und Lothar Leder gewann. Auch Wolfgang Dittrich hatte sich da noch einmal auf die Strecke gewagt. Er kam mit der Spitzengruppe aus dem Wasser, musste aber beim Marathon seinen Knieproblemen Tribut zollen und erreichte nach 9:04:44 Stunden als 21. ins Ziel. Drei Jahre später beendete der damals 38-Jährige mit Rang neun beim Strongman Japan in Miyakojima seine Karriere.

Da lebte er längst in den USA. Heute ist Wolfgang Dittrich in Boulder/Colorado zu Hause und arbeitet beim "Flatiron Athletic Club" als Schwimmtrainer – wie auch der sechsmalige Hawaii-Sieger Dave Scott. Zu ihren Schützlingen zählen unter anderem Chrissie Wellington, Ironman-Siegerin 2011, und Mirinda Carfrae, die am Sonntag Dritte wurde – so schließt sich der Kreis.

(NGZ)
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