Fußball Der ewige Fußballtrainer sagt ade

Rhein-Kreis · Der Grevenbroicher Willi Weidenstraß ist auf der Ferieninsel Fehmarn auch mit stolzen 81 Lebensjahren noch im Einsatz.

 So hat es Willi Weidenstraß immer noch am liebsten: Der 81 Jahre alte Grevenbroicher beim Training mit dem Insel-Nachwuchs in „Willis kleiner Fußballschule“ auf Fehmarn.

So hat es Willi Weidenstraß immer noch am liebsten: Der 81 Jahre alte Grevenbroicher beim Training mit dem Insel-Nachwuchs in „Willis kleiner Fußballschule“ auf Fehmarn.

Foto: Willi Weidenstraß

Ob er jetzt mit seinen 81 Jahren tatsächlich der älteste Fußballtrainer Deutschlands ist, interessiert Willi Weidenstraß nicht die Bohne. Der 2000 mit seiner von ihm liebevoll „Moni“ genannten Frau Monika auf die in der Ostsee gelegene Sonneninsel Fehmarn gezogene Grevenbroicher braucht die große Bühne eigentlich nicht. Und ist auf ihr trotzdem seit Monaten quasi zu Hause: Lübecker Nachrichten, Fehmarnsches Tageblatt, Heiligenhafener Post, fußball.de, dfb.de, facebook, twitter und natürlich youtube hatten Geschichten über den Trainer aus der Schlossstadt. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) drehte einen Beitrag über ihn, ja er schaffte es sogar in die kultige Fernsehsendung „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ im WDR. Dazu kommen die vielen Auszeichnungen. Zuletzt ernannte ihn der Schleswig-Holsteinischer Fußballverband zum Ehrenamtler des Jahres.

Dabei will der gute Willi, bei den Kickern im Rhein-Kreis nach intensiven Schaffensjahren als Trainer unter anderem in Weckhoven, Rosellen und Orken  immer noch bekannt wie ein bunter Hund, eigentlich nur spielen. Das war schon so, als er vor mehr als sieben Jahrzehnten für den BC Noithausen sein erstes Pflichtspiel absolvierte. Das blieb so, als eine furchtbare Verletzung – Bruch des Schienbeinkopfes, Oberschenkelfraktur, Riss aller Bänder im linken Knie – seine aktive Karriere im Alter von 34 Jahren abrupt beendete. Fußball ist sein Leben, auch nach dem Umzug ins idyllische Dänschendorf. Damals hatte der ehemalige Schlossermeister „seiner Moni“ zum ersten Mal hoch und heilig versprochen, dass die Zweitvertretung des TuS Grevenbroich (Kreisliga A) seine letzte Mannschaft als Trainer gewesen sei. Allerdings hatten auch die Verantwortlichen des SV Fehmarn schnell raus, dass ihnen da ein dicker Fisch ins Netz gegangen war. Also machte der immer noch bekennende Fan des FC Schalke 04 fröhlich weiter, schaffte mit „seinen Jungs“ noch vor drei Jahren den Aufstieg in die Verbandsliga. „Ich war dabei als Co-Trainer vor allem fürs Fußballerische zuständig.“

Schluss war indes auch danach nicht. Nach einer Rücken-Operation am verengten Spinalkanal auf einmal wieder fast schmerzfrei, übernahm er die B-Jugend der JSG Fehmarn. Mit „Willis kleiner Fußballschule“ kehrte er zu seinen Wurzeln zurück und kümmerte sich in den Ferien um den Nachwuchs auch der Urlaubsgäste. „Das ist einfach schön.“ Ein viraler Hit ist der vor einem Jahr bei einer Trainingseinheit mit den B-Jugendlichen entstandene Beitrag des NDR. In dem präsentiert der gewitzte Coach dem überraschten Kamerateam einen seiner vielen Pappkartons, auf denen er schon seit Jahrzehnten die von seinen jeweiligen Schützlingen geforderten Übungen aufzeichnet. „Mein Trainingstablett“, erklärt er lachend, „davon hätten die 60, 70 Stück haben können.“ Ein gelungener Beitrag zur Kontroverse um die jungen „Laptop-Trainer“ in der 1. Liga.

 Daheim im Häuschen im idyllischen Dänschendorf: Willi und Monika Weidenstraß mit Hund Filou.

Daheim im Häuschen im idyllischen Dänschendorf: Willi und Monika Weidenstraß mit Hund Filou.

Foto: Willi Weidenstraß

Inzwischen hat sich auch Fehmarn aus der Umklammerung von Covid-19 befreit. „Die Insel ist gerappelt voll“, stellt Weidenstraß fest, „der Kohlenpott hat wieder das Kommando übernommen – alles ist in schwarz-gelber und blau-weißer Hand.“ Kein Wunder also, dass es ihn nur noch selten zurück an die Erft zieht. Weihnachten war er mit seiner Frau bei den in Hülchrath und Grevenbroich lebenden Töchtern – und registrierte bei dieser Gelegenheit ziemlich traurig, dass das stets am 26. Dezember ausgetragene Fußballturnier der SG Gustorf/Gindorf ausgefallen war.

Trotz einer Makuladegeneration des linken Auges, in deren Verlauf es zu einem fortschreitenden Sehverlust im zentralen Gesichtsfeld kommt, hat sich der Sport-Ästhet den Expertenblick aufs runde Leder erhalten. „Fußballer erkenne ich am Laufstil“, sagt er schmunzelnd. Aber Autofahren kann er damit natürlich nicht mehr. Und auch den Trainerjob könnte er in diesem Sommer tatsächlich aufgeben. „Du lebst nicht ewig. Darum will ich mir gemeinsam mit Moni hier noch ein wenig die Gegend angucken.“ Seine nächsten Reiseziele: Ratzeburg, vor allem Sitz der legendären Ruderakademie, und die Veltins-Arena in Gelsenkirchen, um noch mal ein Match der in der vergangenen Saison so böse abgestürzten Schalker Knappen zu sehen. „Und danach“, kündigt Willi Weidenstraß, der sich immer über Besuch oder Grüße aus der alten Heimat freut, augenzwinkernd an, „werde ich Moni wohl sagen, dass ich wieder eine Mannschaft übernehme.“ Er kann es halt einfach nicht lassen ...

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