Lokalsport Der Europameister ist in Rio nicht dabei

Dormagen · Säbelfechter Benedikt Wagner will nach dem EM-Titel in Polen nun den Teamkollegen Dampf machen.

Am Ende eines mit Gold veredelten Tages war selbst der stets coole Vilmos Szabo sprachlos: "Endlich hat er seine Einzelmedaille bei einer EM. Aber ich weiß nicht, wie er das gemacht hat, zwei Mal ein Gefecht so zu drehen. Das hat er einfach Klasse gemacht", sagte der Bundestrainer. Auf dem Weg zum Titel bei den Europameisterschaften im polnischen Torun hatte Säbelfechter Benedikt "Peter" Wagner in der Tat alle Register gezogen.

Im Halbfinale gegen den Russen Kamil Ibragimov lag der 26-Jährige nahezu aussichtslos mit 8:14 hinten. Und gewann noch mit 15:14. Auch im Finale gegen Vincent Anstett aus Frankreich erwischte der Dormagener einen Fehlstart, kassierte zum Start sechs Treffer in Folge, geriet so mit 0:6 und 4:8 ins Hintertreffen. Aber er kam wiederum sensationell zurück und war nach dem 15:13-Erfolg am Ziel. "Ein Gefecht ist halt erst bei 15 zu Ende", stellte er später lässig fest. "Das ist zwar eine Plattitüde, aber am Ende war es eben so. Ich hatte einfach immer einen guten Riecher. Dann war ich im Flow." Dabei schien schon im Achtelfinale gegen den Italiener Diego Occhiuzzi (15:10) alles vorbei zu sein, als plötzlich die arg malträtierte Patellasehne im rechten Knie Probleme machte. Doch Benedikt Wagner biss sich durch. Damit ist er zwar erst der dritte deutsche Säbel-Europameister nach dem Dormagener Felix Becker (1993) und Wiradech Kothny (1999), doch im Gegensatz zu seinen Vereinskollegen Max Hartung und Matyas Szabo, die bei der Olympia-Generalprobe nur die Ränge 23 und 39 belegten, darf der Europameister nicht in Rio de Janeiro fechten. Die strengen Zugangskriterien und der harte Qualifikationsmodus verwehren dem 26-Jährigen den Start, zudem gehört der Mannschaftswettbewerb mit dem Säbel 2016 turnusgemäß nicht zum Programm. Wagner setzte die Enttäuschung darüber in positive Energie um. "Das war mein letztes Turnier in diesem Jahr, da wollte ich noch mal einen raushauen", sagt er. Und mit der Gelassenheit seiner ersten internationalen Einzelmedaille fügt er hinzu: "Dann bin ich ab jetzt halt nur noch Sparringspartner für Max und Matyas." Im Training will Wagner seinen Freunden helfen, in Brasilien fit zu sein. Dass es für die beiden Olympia-Fahrer in Torun alles andere als rund gelaufen war, sah Szabo relativ nüchtern: "Die Jungs waren ein wenig müde. Man hat gemerkt, dass die Saison ziemlich geschlaucht hat." TSV-Fechtkoordinator Olaf Kawald wertete die Leistung Wagners als Trumpf für den Standort Dormagen: "Peters Sieg zeigt auch, auf welcher Breite wir am Höhenberg Fechter von Weltklasseformat haben." Im vergangenen Jahr hatte Max Hartung bei den Europameisterschaften in Montreux die Silbermedaille eingebracht.

In Torun ist das Quartett aus Dormagen - vierter Mann im Bunde ist der im Einzel in der ersten Runde der Direktausscheidung gescheiterte Richard Hübers - nun auch ein heißer Kandidat auf Edelmetall im Mannschaftswettbewerb. In Montreux hatten die Vier vor den Teams aus Italien und Ungarn Platz eins belegt. Die Entscheidung fällt am Samstag ab 13.30 Uhr.

(sit)
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