Zanders dürfte Sportinternat näher gekommen sein Den Erfolg planbarer gestalten

Von Volker Koch

Von Volker Koch

Josef Zanders versteht es wie kein Zweiter, auf der Klaviatur der Medien zu spielen. Wen er in seiner zehnjährigen Amtszeit als Schulleiter des Norbert-Gymnasiums schon alles ins Forum Knechtsteden holte, ist aller Ehren wert. Dass die Prominenz mitunter eine größere Rolle spielt als der Bezug zur Sache, interessiert da nur am Rande. "Gut ist, was dem NKG nützt" - dieses Motto würde bestens ins Schulwappen passen. Bohrten wenigstens ein bisschen kritisch im Thema herum: Arnd Schmitt und Lars Börgeling (von links).

Und es hätte auch am Montagabend über der Aulabühne stehen können... Dort mühten sich sieben Protagonisten unter Anleitung von Frank Plasberg, der ansonsten im WDR seinen Gesprächspartnern "hart, aber fair" auf den Zahn fühlt, um Annäherung an ein Thema. Das war vom Hausherrn vorgegeben. Und es war gut, dass er es in Fettdruck auf die grünen Einladungszettel hatte platzieren lassen.

So konnte man, wenn die Gesprächsrunde in die weiten Gefilde von Handball-Akademien, Profi-Fußball oder die unlauteren Trainingsmethoden des Herrn Emil Beck abdriftete, immer mal wieder nachlesen, worum es an diesem Abend eigentlich ging: "Schule und Leistungssport - passt das unter einen Hut?" Ein Hut, der offensichtlich ein paar Nummern zu klein bemessen war für die sieben Protagonisten.

Deshalb hielten sie sich lieber, den Moderator eingeschlossen, nur am Rande des Themas auf. Als Michael Vesper, als Minister von Amts wegen für das "Sportland NRW" zuständig, den Finger auf den wunden Punkt legte mit seiner Aussage: "Als Sportler kommt man früher oder später an den Punkt, wo man sich fragt: Mache ich meinen Sport weiter oder meine Ausbildung? Diese Entweder-Oder-Situation ist das Bedauerliche, und diese Situation müssen wir beseitigen", da hakte keiner nach mit der Gretchenfrage: "Und wie, Herr Minister?"

Und als Arnd Schmitt, der einzige auf dem Podium, der sich Notizen machte, der einzige, der sich von selbst zu Wort meldete und zu vorher Gesagtem Stellung bezog, befand: "Zur Sportförderung in der Schule reicht auch ein Teilinternat. Ein Vollinternat halte ich zumindest bis zur Oberstufe für problematisch, ich würde meine Kinder jedenfalls nicht so früh in die Obhut anderer geben", da verzog Josef Zanders nur leicht säuerlich das Gesicht.

Fragestunde: Minister Michael Vesper, Josef Zanders, Ulrich Strombach, Heiner Brand und Jürgen Kohler (von links).

NGZ-Fotos (2): H. Jazyk

Eine solche Aussage war im Regieplan offensichtlich nicht vorgesehen... Ein advocatus diaboli ebenso wenig. Podiumsdiskussionen leben von Rede und Gegenrede. Doch Widerspruch meldeten allenfalls Arnd Schmitt und Lars Börgeling an, wenn auch nur zögerlich. Schmitts Einwurf: "Es geht nicht ums System, sondern um die handelnden Personen", verhallte ungehört. So blieb unklar, was der zweifache Olympiasieger im Degenfechten damit meinte. Wahrscheinlich, dass es auch in einer "sportbetonten Schule" letztlich immer auf die Lehrer ankommt und darauf, wie sie zum Sport eingestellt sind.

Über die Einstellung zum Sport, nicht nur bei Lehrern, über den im Vergleich zu anderen Ländern eher geringen Stellenwert, den er in unserem Werte- und folglich auch Bildungssystem einnimmt, darüber wurde überhaupt nicht gesprochen... Arnd Schmitt, als Fechter gewohnt, scharfe Klinge zu schlagen, als Zahnarzt verpflichtet, nachzubohren und Übel an der Wurzel zu packen, blieb es vorbehalten, das Kind beim Namen zu nennen: "Das Ganze dreht sich darum, den Erfolg im Sport und den Erfolg im Leben planbarer zu gestalten."

Sein eigenes Rezept, das ihn zu olympischem Gold und eigener Praxis führte, hält er zwar nicht auf jeden übertragbar: "Ich habe Glück gehabt, dass bei mir alles zusammenpasste." Dennoch stammt einer der wenigen merkenswerten Sätze des Abends von ihm: "Die Ursache für meinen sportlichen Erfolg lag ganz wesentlich darin, dass ich mich nicht nur auf den Sport konzentriert habe, sondern mir immer bewusst war, dass es ein Leben danach gibt."

Keine ganz zu vernachlässigende Sichtweise: "Schließlich stehen neunzig Prozent der Sportler nicht in der Verlegenheit, mit ihrem Sport den Lebensunterhalt bestreiten zu können", stellte Minister Vesper fest. Und um genau die geht es. Genau die stehen nämlich, sagte auch Schmitt, irgendwann an der "entscheidenden Schnittstelle: Mache ich eine Ausbildung oder mache ich weiter?" Nur, und das war das entscheidende Manko des ganzen Abends: Diese Schnittstelle liegt meist jenseits von Abitur und Mittlerer Reife. Dann nämlich, wenn Lehre oder Studium beginnen. Mithin liegt sie außerhalb von Knechtsteden - und wurde deshalb nicht thematisiert.

Dabei wäre es interessant gewesen, einer Frage nachzugehen: Sind Schüler, denen in einem Vollinternat alle Wege geebnet werden, um das "zentrale Problem für Schüler und Sportler, das Zeitproblem" (Zanders), zu lösen, überhaupt fähig, dies in Eigenregie zu tun, wenn sie nach dem Abitur aus der Obhut ihrer Mentoren entlassen werden?

Wird in solchen Einrichtungen zu Selbständigkeit erzogen, oder eher zu Abhängigkeiten? Fragen über Fragen. Sie wurden nicht nur nicht beantwortet, sie wurden erst gar nicht gestellt. Wäre das anders gewesen, wenn statt des farblosen Jürgen Kohler der angekündigte Rainer Calmund in der Runde gesessen hätte? Wohl kaum. Interessanter geworden wäre es aber allemal. Allein schon wegen der spannenden Frage, ob "Calli" sich zwei Stunden auf einem der schmalen Barhocker auf dem Podium hätte halten können...

(NGZ)
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