Handball Das war einfach nur "ein geiles Spiel"

Korschenbroich · TV Korschenbroich und TuS Ferndorf zeigten am Freitagabend alles, was Handball attraktiv macht. Mit ein bisschen Glück und etwas mehr Geduld hätte der TVK dem Drittliga-Tabellenführer nach 23 Siegen den ersten Punkt abgeknöpft.

 Die Zukunft: Justin Müller wird sie in der neuen Saison auf der Spielmacherposition des TV Korschenbroich verkörpern, die Ferndorfer Bennet Johnen und Heider Thomas (v.l.) zieht es hingegen zum Neusser HV.

Die Zukunft: Justin Müller wird sie in der neuen Saison auf der Spielmacherposition des TV Korschenbroich verkörpern, die Ferndorfer Bennet Johnen und Heider Thomas (v.l.) zieht es hingegen zum Neusser HV.

Foto: Georg Salzburg

Es gibt Handballspiele, da fragt man sich im Nachhinein, warum man eigentlich in der Halle war. Diese Frage wird sich am Freitagabend niemand unter den 563 Zuschauern in der Korschenbroicher Waldsporthalle gestellt haben. Denn sowohl der gastgebende TVK als auch Drittliga-Tabellenführer TuS Ferndorf boten über sechzig Minuten alles, was den Handballsport so attraktiv macht.

Selbst der ansonsten nicht gerade zu Gefühlsausbrüchen neigende TVK-Geschäftsführer Dr. Peter Irmen fasste das Geschehen trotz der 27:30-Niederlage (Halbzeit 11:15) in drei Worten zusammen: "Ein geiles Spiel." Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Was dabei herauskommt, wenn sich zwei Trainer eingehend mit all den taktischen Varianten und Möglichkeiten beschäftigen, die es in diesem Sport so gibt, und ihre Schützlinge das dann auch voller Leidenschaft umsetzen, daraus hätte man ein Lehrvideo drehen können. Von der Dramatik der wechselnden Spielverläufe gar nicht zu reden: Erst führten die Hausherren 4:1 und zwangen Ferndorfs Coach Erik Wudtke schon nach 10:07 Minuten zur frühen Auszeit. Er reagierte, stellte den auch mal in Dormagen beschäftigten Routinier Alexander Koke für den nach Neuss wechselnden Heider Thomas auf die Regieposition - und schon lief's: Fünf Minuten später hatte der seit 23 Spieltagen verlustpunktfreie Spitzenreiter ausgeglichen und nahm eine scheinbar beruhigende 15:11-Führung mit in die Pause. Und auch wenn sich die Hausherren nach Kräften wehrten und "uns mit ihrer überraschenden 5:1-Deckung vor einige Probleme stellten" (Wudtke), gelang es den Gästen, den Vorsprung geschickt zu verwalten.

Bis zur 48. Minute. David Breuer hatte gerade an alter Wirkungsstätte seinen zweiten Treffer in Folge zum 25:20 erzielt, da riss bei den Siegerländern der Faden: Sieben Minuten blieb Ferndorf ohne Torerfolg, rannte sich immer wieder in der offensiven TVK-Deckung fest. Und die Korschenbroicher nutzten das aus, weil sie endlich mal wieder das in dieser Saison so oft vermisste Tempospiel zelebrierten. Sie taten es mit lang vermisster, gnadenloser Effektivität: Beim 25:25 (55.) war der Gleichstand wieder hergestellt. Und mit etwas Glück und vor allem mit etwas mehr Geduld hätten sie dem Tabellenführer den ersten Punkt seit dem 6. September 2014 abknöpfen können. Doch während der TVK - auch schon vorher - mitunter zu hektisch im Ballvortag nach vorne agierte und zu früh den Abschluss suchte, "haben wir die Ruhe bewahrt. Das zeichnet unsere Mannschaft in dieser Saison aus", sagt Alexander Koke.

Freilich: Hätten die Schiedsrichter 26 Sekunden vor Schluss den Schrittfehler von Julian Schneider geahndet, wäre es nicht zum anschließenden Foul von Henrik Schiffmann mit (dann allerdings berechtigter) Zeitstrafe und Siebenmeter gekommen, den Koke zum entscheiden 29:27 verwandelte. Und der TVK hätte bei Ballbesitz noch die Chance zum Ausgleichstreffer gehabt.

Doch das war an diesem denkwürdigen Handballabend irgendwie egal. Wudtke lobte nach dem "glücklichen, aber nicht ganz unverdienten Sieg" nicht nur die eigene Truppe, sondern auch "einen ganz starken Gegner", Ronny Rogawska hatte ein "Superspiel zweier Mannschaften, die alles gegeben haben", gesehen. Nur ein Haar fand der Korschenbroicher Trainer in der Suppe: "Leistungsschwankungen sind bei jungen Spielern normal. Aber solche Schwankungen wie bei uns sind es nicht." Schließlich waren seine Schützlinge in der Vorwoche beim Tabellenletzten regelrecht untergegangen. Aber auch das ist Handball...

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort