TSV vor letztem Heimspiel „Da müssen wir durch“

Von Volker Koch Als Reserveoffizier und Fallschirmspringer ist Kai Wandschneider an Extremsituationen gewöhnt. Deshalb verfällt der Trainer des TSV Bayer Dormagen vor dem letzten Heimspiel der Saison, das am Samstag ausnahmsweise erst um 19.30 Uhr (!) im TSV-Bayer-Sportcenter gegen den EHV Aue angepfiffen wird, auch nicht in das branchenübliche Jammern und Wehklagen.

"Da müssen wir durch", sagt der 45 Jahre alte Handball-Lehrer mit Blick auf die Personalsituation, die das Aufeinandertreffen des Tabellendritten mit dem Fünftletzten zu allem anderen als einem "Selbstläufer" macht. Umso mehr, als die Gäste aus dem Erzgebirge um jeden Punkt kämpfen müssen.

Nur ein Zähler trennt den EHV Aue (24:40) vom drittletzten und damit ersten Abstiegsplatz, den zur Zeit Tuspo Obernburg (23:41) innehat, dazwischen liegt noch die HG Oftersheim/Schwetzingen (24:40). Obernburg (am Samstag gegen die schon gerettete HSG Gensungen/Felsberg, zum Finale bei der SG Kronau/Östringen, Oftersheim (am Samstag gegen die schon abgestiegene TSG Groß-Bieberau, zum Finale in Balingen) haben das wohl leichtere Restprogramm.

Denn Aue empfängt am letzten Spieltag die MSG Melsungen/Böddiger, die am Samstag mit einem Heimsieg über Balingen Meistertitel und Bundesliga-Aufstieg sicherstellen kann. Da erscheint das Gastspiel in Dormagen angesichts der personellen Probleme der Hausherren beinahe als die lösbarere Aufgabe für die Erzgebirgler. Die mit der Empfehlung von 5:1 Punkten aus den letzten drei Partien anreisen, in denen mit Maik Nowak ein neuer Trainer auf der Bank saß.

Auswärts hat der EHV freilich keine Bäume ausreißen können: Im Herbst vergangenen Jahres gab es einen Überraschungssieg in Eisenach, unter Nowak folgte ein 21:21 bei Schlusslicht TV Hüttenberg. Doch Wandschneider warnt davor, den EHV daran zu messen: "Die werden kämpfen bis zum Umfallen. Und die haben uns ja schon im Hinspiel das Leben schwer gemacht." Da entführte der TSV nämlich beim 33:33 nur einen Punkt aus der Erzgebirgshalle.

Damals fehlten Oliver Tesch, Michiel Lochtenbergh und Michael Kopeinigg. Am Samstag fehlen auf jeden Fall Joachim Kurth, Michael Kopeinigg und Martin Baekhoej. Roland Mainka hat sich für die Torhüterposition hinter Matthias Reckzeh wieder gesund gemeldet. Und Wandschneider hofft, die angeschlagenen Michiel Lochtenbergh und Peter Sieberger zumindest sporadisch einsetzen zu können. "Am Samstag bin ich wieder dabei", signalisierte der von Achillessehnenbeschwerden geplagte Abwehrchef und Mannschaftskapitän bereits am Mittwoch in Melsungen.

Und der an einer Leistenzerrung laborierende niederländische Linksaußen bekräftigte: "Im letzten Heimspiel will ich spielen. Schließlich wollen wir unbedingt gewinnen." Denn für Bayer geht es nicht nur um den dritten Tabellenplatz: Mit einem Sieg am Samstag Abend hätten die Dormagener schon einen Zähler (46:20) mehr auf dem Konto als in der Abschlusstabelle der vergangenen Saison. Kämpfen werden sie deshalb, das ist gar keine Frage.

Eher schon, ob dafür die Kräfte reichen. Schließlich hatte Wandschneider am Mittwoch beim 26:31 in Melsungen kaum Wechselmöglichkeiten, so dass etliche Akteure sechzig Minuten durchspielen mussten. "Nils Meyer, David Breuer, Alex Koke und Marcel Wernicke packen wir auf der Rückfahrt ins Sauerstoffzelt", scherzte der Trainer beim gemeinsamen Bratwurstessen vor der Melsunger Stadtsporthalle. Alex Koke zumindest hatte überhaupt keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen: Er musste am Donnerstag acht Stunden 'ran, weil er seine Prüfung zum C-Lizenzinhaber ablegte.

Doch der vor einem Monat 26 Jahre als gewordene Mittelmann, am Mittwoch nach einer Viertelstunde plötzlich zum "Senior" auf dem Feld avanciert, pflichtet seinem Trainer bei: "Da müssen wir durch." Bildunterschriften: Erschöpft: Nils Meyer und David Breuer spielten am Mittwoch 60 Minuten durch. Engagiert: Bayer-Trainer Kai Wandschneider will einen Sieg zum Heimfinale am Samstag.

(NGZ)
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