Korschenbroich Britta Merten — Ärztin in Haiti

Korschenbroich · Die Chirurgin aus Pesch war eine der ersten Helferinnen nach der Erdbebenkatastrophe in der Karibik. Die Enkelin von Alt-Bürgermeister Heinrich Mühlen sieht die Heimat als Basis, die es ihr ermöglicht, die Eindrücke zu verarbeiten.

 Britta Merten mit Kollegin Annette Frick (l.) in einem Krankenhaus in Haiti, wo tuberkulosekranke Waisenkinder behandelt werden.

Britta Merten mit Kollegin Annette Frick (l.) in einem Krankenhaus in Haiti, wo tuberkulosekranke Waisenkinder behandelt werden.

Foto: Michelis/Gabriel

Pesch/Port-au-Prince Haiti, wenige Tage nach der Erdbeben-Katastrophe: Im Krankenhaus "Espoir" in der Hauptstadt Port-au-Prince fixiert die Chirurgin Britta Merten um 8.45 Uhr den Oberschenkelbruch des 30-jährigen Jean Pierre V., die erste Operation an diesem Morgen. Es wird ein harter Tag werden: Draußen warten Dutzende weitere Schwerverletzte, ein Patient wird nicht überleben. Fließendes Wasser gibt es wegen der geborstenen Rohre nicht, zwischendurch fällt immer wieder der Strom aus. Und im engen, fensterlosen Operationssaal wird es unerträglich heiß.

 Nach Erdbebenkatastrophe zum Hilfseinsatz: Britta Merten aus Pesch.

Nach Erdbebenkatastrophe zum Hilfseinsatz: Britta Merten aus Pesch.

Foto: Michelis/Gabriel

Britta Merten hatte sich freiwillig für diesen Hilfseinsatz gemeldet. Daheim habe sie zuvor einen Fernsehbericht über die Katastrophe gesehen. "Ich fand es ungerecht, dass die Menschen dort unter diesen Bedingungen leben müssen." Spontan entschied sie sich zu helfen und fragte ihren Chef im Helios-Klinikum in Krefeld. Der warf schnell den Dienstplan um und gab ihr unbürokratisch sofort frei — wenige Stunden später saß die Ärztin bereits im Flugzeug.

Korschenbroich: Britta Merten — Ärztin in Haiti
Foto: Michelis/Gabriel

Haiti war nicht der erste Einsatz für die 33-Jährige: In Äthiopien hat sie Straßenkindern und schwangeren Frauen geholfen, in Surinam arbeitete sie in der Notaufnahme einer Klinik. "Ich bin einfach dankbar, dass ich so behütet in Deutschland groß geworden bin."

In Korschenbroich ist Britta Merten in einem christlich-sozial orientierten Elternhaus aufgewachsen, was sie geprägt habe. "So war es selbstverständlich, dass ich mich um meine zwei jüngeren Schwestern und die kranke Großmutter gekümmert habe." Die Eltern regten ihre Kinder auch dazu an, ein Instrument zu lernen und Mannschaftssport zu betreiben. "Ich habe immer gern Handball gespielt. Das hat mit Sicherheit dazu beigetragen, dass ich gut mit anderen zusammenwirken kann — eine wichtige Voraussetzung bei medizinischer Hilfe in Katastrophen. Jeder ist dort nur so gut wie sein Team."

Natürlich habe sie schreckliche Situationen erlebt wie bei der Behandlung genitalverstümmelter Mädchen und schwangerer Kinder in Afrika oder bei den zahlreichen Amputationen an trümmerverletzten Haitianern. "Aber die Auslandseinsätze erweitern auch den Horizont. Mir ist das wichtig."

Von der Organisation "Humedica", der die Fachärztin angehört, wird sie per SMS auf ihr Handy alarmiert, wenn die Helfer in ein Katastrophengebiet irgendwo auf der Welt ausrücken sollen. Vor Ort handle sie wie ihre Mutter: "Ärmel hochkrempeln und durch!" Die Heimat sei ihr eine sichere Basis, die ihr helfe, die Eindrücke zu verarbeiten. Auch ihr Hund Eto freut sich jedes Mal riesig, wenn sie gesund an den Niederrhein zurückkommt. Den Mischling hat sie, typisch Britta Merten, von einer Tierschutzorganisation aus Sardinien übernommen. "Eto ist groß und kuschelig."

Eine Katastrophe wie in Haiti mit Hunderttausenden Verletzten rücke schmerzhaft die Dimensionen zurecht: "Ich muss mir immer wieder klar machen: Du kannst nicht allen helfen." Ihr Freund zeige zum Glück großes Verständnis. "Wenn ein neuer Alarmruf kommt, bin ich deshalb sofort wieder dabei, wenn es beruflich möglich ist."

(NGZ)
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