Lokalsport Blau-weisser Jubel-Sonntag

Plötzlich wird an der Jahnstraße wieder vom Titel gesprochen: Zwölf Jahre nach der letzten Deutschen Tennis-Mannschaftsmeisterschaft und sechs Jahre nach der letzten Finalteilnahme ist der Griff nach dem Meisterpokal kein Tabuthema mehr beim TC Blau-Weiss Neuss. Zwar stellt Marc Raffel klar, "dass wir mit unseren Ressourcen haushalten müssen, weil unser Etat überschaubar ist."

Doch der blau-weisse Teammanager gibt nach dem gestrigen 5:1-Erfolg über den 1. FC Nürnberg gleichfalls zu: "Wir müssen unsere Planungen neu überdenken, schauen, was möglich und machbar ist." Denn die Neusser liegen nach vier Spieltagen, die ihnen drei Siege und eine knappe und und unglückliche Niederlage bescherten, nicht nur sportlich im Soll. Sondern auch finanziell.

Denn in den vier Begegnungen haben sie mit Agustin Calleri erst ein Mal einen ihrer beiden Spitzenspieler einsetzen müssen, entsprechend einiges auf die hohe Kante gelegt. Dort soll es nicht liegen bleiben: "Wir können jetzt vielleicht in Spielen, für die wir eine schwächere Truppe vorgesehen hatten, Calleri oder Kohlschreiber einsetzen - oder beide", meint Raffel.

Gestern fehlten beide, weil sie beim Turnier in Kitzbühl im Finale standen - und es jeweils gewannen: Calleri das im Einzel gegen seinen argentinischen Landsmann Juan Ignacio Chela, Kohlschreiber das im Doppel an der Seite des Österreichers Stefan Koubek.

"Zwei Blau-Weisse im Finale eines solchen Turniers, und wir gewinnen trotzdem souverän, das hat es lange nicht gegeben", strahlte Raffel gestern Nachmittag, als der 5:1-Sieg über die keineswegs zum Abschenken an die Jahnstraße gekommenen Nürnberger feststand.

Angesichts eines 3:1-Zwischenstandes nach den Einzeln war der Team-Manager bei der Doppelaufstellung auf Nummer sicher gegangen: "Wir wollen das Ding auf jeden Fall gewinnen, deshalb stellen wir ein Doppel so stark wie möglich."

Die Rechnung ging auf, denn Edgardo Massa und der im Einzel nicht eingesetzte Philipp Petzschner schwächelten nur ganz kurz im zweiten Satz, als sie Giorgio Galimberti und Michal Tabara ein Break gestatteten. Doch den Aufschlagverlust holten sie prompt zurück und den Neussern mit ihrem 6:3, 6:4 um 16.40 Uhr den siegbringenden Zähler.

Und weil auf dem Center-Court Tobias Summerer und Flavio Cipolla langsam zueinander fanden, parallel dazu der Widerstand der Nürnberger Sergio Roitman/Daniel Dolbea zusehends bröckelte, stand 18 Minuten später angesichts eines 4:6, 6:2, 10:4-Erfolges der bisher höchste Neusser Saisonsieg fest.

Zu dem die Gastgeber den Grundstein in den Einzeln gelegt hatten. "Es war schon irgendwie blöd, dass ich als einziger verloren habe", kommentierte Dieter Kindlmann seine 3:6, 6:3, 9:11-Niederlage gegen den Tschechen Michal Tabara. Blöd vor allem, weil er sich im Championchip-Tiebreak von 6:9 auf 9:9 herangekämpft hatte, nur um ihn mit 9:11 doch noch abzugeben.

Das setzte auf dem Center-Court Edgardo Massa im Spitzeneinzel angesichts eines auf 2:1 geschmolzenen Vorsprungs unter Druck. Druck, mit dem der Argentinier bestens fertig wurde, schließlich beherrschte er den Italo-Argentinier Sergio Roitman beim 6:3, 6:1 eindeutiger als erwartet.

Auf dem gleichen Platz schien sich anderthalb Stunden zuvor ein Tennis-Drama anzukündigen: Denn Flavio Cipolla schien in seinem zweiten Einsatz für Blau-Weiss nach 6:4 im ersten und 4:0-Führung im zweiten Satz einem eindeutigen Sieg gegen seinen italienischen Landsmann Giorgio Galimberti entgegen zu steuern.

Ein Eindruck, der sich noch verstärkte, als er dem ersten verlorenen Aufschlagspiel gleich ein Rebreak zum 5:1 folgen ließ. Doch dann gelang dem Neusser rein gar nichts mehr, plötzlich stand es 6:6 - im Tiebreak bekam Cipolla allerdings wieder die Kurve und siegte zu Null!

Da hatte es Tobias Summerer beim 6:0, 6:3 gegen Daniel Dolbea wesentlich leichter, konnte das angesichts zweier strapaziöser Turnierwochen in Russland aber auch gut gebrauchen: "Organisation und Verpflegung waren so schlecht, ich habe in zehn Tagen viereinhalb Kilo abgenommen", wusste Summerer zu berichten, "da fahre ich nie wieder hin."

(NGZ)
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