Lokalsport Blau-Weiss backt immer kleinere Brötchen

Neuss · Der Immer-Noch-Rekordmeister aus Neuss steht vor seiner vielleicht schwierigsten Spielzeit in der Tennis-Bundesliga.

 Selters statt Sekt - das ist beim TC Blau-Weiss Neuss (hier Tom Schönenberg) in den vergangenen Jahren schon zur Hausmarke geworden. Doch diese Spielzeit droht an der Jahnstraße schwieriger zu werden denn je.

Selters statt Sekt - das ist beim TC Blau-Weiss Neuss (hier Tom Schönenberg) in den vergangenen Jahren schon zur Hausmarke geworden. Doch diese Spielzeit droht an der Jahnstraße schwieriger zu werden denn je.

Foto: A. Woitschützke

Die glatte Niederlage zum Auftakt (0:6 gegen den Gladbacher HTC) kam nicht unerwartet. Es waren eher die Ergebnisse der Konkurrenz, die Abraam Savvidis am Sonntag die Stimmung verhagelten. "Das macht unsere Aufgabe nicht leichter", zog der Vorsitzende des TC Blau-Weiss Neuss nach dem ersten Spieltag der Tennis-Bundesliga ernüchtert Bilanz.

Vor allem das 5:1 von Blau-Weiss Aachen bei Rot-Weiss Köln hat den Neussern einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Denn der Neuling gehört zusammen mit Wieder-Aufsteiger TC Bruckmühl-Feldkirchen (0:6 beim Ex-Meister Kurhaus Lambertz Aachen) zu jenen (wenigen) Klubs, mit denen sich der Immer-Noch-Rekordmeister (10 Titel in der Bundesliga) in dieser Saison auf Augenhöhe wähnt.

Wenn überhaupt. Denn die Neusser gehen ihre 36. Spielzeit im Oberhaus, aus dem sie seit 1979 bisher nur ein Mal aus sportlichen Gründen (plus ein finanziell bedingter Rückzug) abstiegen, mit dem kleinsten Etat der Vereinsgeschichte an. Gerade mal 100.000 Euro stehen für die neun Spieltage zur Verfügung, die Hoffnungen, den Finanzrahmen kurz vor dem Saisonstart noch aufzustocken, haben sich bislang nicht erfüllt. "Wir hatten ein paar Zusagen, aber die sind wieder abgesprungen", verrät Dietmar Skaliks, bis zum Frühjahr geschäftsführender Gesellschafter der BL Pro Tennis GmbH, die für den Klub die wirtschaftliche und organisatorische Seite des Unternehmens Bundesliga abwickelt, der weiterhin im Hintergrund als Berater wirkt. "In Neuss Sponsoren zu finden, das ist nicht einfach", weiß auch Bürgermeister Reiner Breuer um die Problematik, die nicht allein die Blau-Weißen betrifft.

So werden an der Jahnstraße immer kleinere Brötchen gebacken. Das "Vip-Zelt" wurde abgeschafft, Spieler, Sponsoren und Ehrengäste verköstigen sich nun in einem abgetrennten Bereich des Klubhauses. Das gastronomische Angebot für die zahlende Öffentlichkeit wurde auf die "basics" (Bratwurst, Krakauer, Frikadellen, Kuchen) reduziert, die Aufgaben rund um einen Bundesliga-Spieltag, vom Kassenhäuschen bis zur Platzpflege, von ehrenamtlichen Helfern erledigt - am Sonntag griff selbst Gladbachs Teamchef Hendrik Schmidt zu Harke und Besen, um die regengeschwängerten Aschenplätze in einen halbwegs spielfähigen Zustand zu versetzen. "Ein Platzwart könnte vielleicht hilfreich sein", kommentierte Oberschiedsrichter Wolfgang Bäsken mit kaum verhohlener Ironie.

Am gravierendsten wirken sich die Sparmaßnahmen aber aufs spielende Personal aus: Außer gegen die direkten Konkurrenten werden die Blau-Weissen wohl zumeist eine Formation aufbieten, die der des Auftaktmatches ähnelt. Die spannende Frage ist nur: Wer sind die direkten Konkurrenten? Der Rochusclub hat sich mit seinem Überraschungssieg über Titelverteidiger BW Halle (4:2) wohl gleich zu Beginn aus diesem Kreis verabschiedet, BW Krefeld, das mit dem 6:0 über Mannheim den ersten Sieg der Vereinsgeschichte ohne einen Satzverlust feierte, gehörte ohnehin nie dazu. Aufsteiger BW Aachen könnte zwei Tage nach dem stadt-internen Duell mit einem Sieg am Sonntag über Neuss auch schon den vor-entscheidenden Schritt ans rettende Ufer tun. Dass aus den Top-Five (Halle, Mannheim, Kurhaus Aachen, Gladbach, Krefeld) einer in die Abstiegszone abrutschen könnte, ist trotz der Fehlstarts von Mannheim und Halle (erwartet am Freitag BW Neuss) kaum zu erwarten.

Bleiben Köln und Bruckmühl - beide müssten die Neusser am Ende hinter sich lassen, um die Klasse zu halten. Doch beide werden ähnlich kalkulieren wie Blau-Weiss und gegen die direkte Konkurrenz ihre stärksten Aufgebote auf den Platz schicken. "Das macht unsere Aufgabe nicht leichter": Der Aussage von Abraam Savvidis ist wenig hinzu zu fügen - und schon gar nicht zu widersprechen.

(NGZ)
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