2. Handball-Bundesliga Bayer Dormagen zieht bei wilder Hatz den Kürzeren

Dormagen · Nach dem Sieg gegen Würzburg hatten Dormagens Zweitliga-Handballer auf eine Überraschung in Potsdam gehofft. Doch daraus wurde nichts, weil es der Abwehr an Konsequenz fehlte und die Wurfquote nicht gut genug war.

 Jan Reimer, hier im Heimspiel gegen den TV Großwallstadt, machte in Potsdam ein starkes Spiel für den TSV Bayer Dormagen.

Jan Reimer, hier im Heimspiel gegen den TV Großwallstadt, machte in Potsdam ein starkes Spiel für den TSV Bayer Dormagen.

Foto: Heinz J. Zaunbrecher

Die Dienstreise zum 1. VfL Potsdam brachte den Zweitliga-Handballern des TSV Bayer Dormagen bezogen auf die laufende Saison einen Rekord ein, auf den sie gerne verzichtet hätten. Die Defensive war in den vergangenen Jahren zwar meist das Prunkstück der Dormagener, doch beim Aufsteiger mussten sie so viele Gegentreffer hinnehmen wie noch nie in dieser Spielzeit. So stand nach dem wichtigen Heimsieg gegen Würzburg vor 734 Zuschauern am Ende nicht die erhoffte Überraschung zu Buche, sondern nach überaus temporeichen und intensiven 60 Minuten eine 33:38 (18:21)-Niederlage.

In der Bewertung des Geschehens waren sich die Trainer ziemlich einig. „Es war ein Spiel, das noch mehr Zuschauer verdient gehabt hätte. Es waren zwei Mannschaften, die enormes Tempo gegangen sind, die mit offenem Visier gespielt haben“, meinte TSV-Coach Matthias Flohr und sein Gegenüber Bob Hanning sagte: „Es war ein unfassbar intensives, mit unfassbarer Leidenschaft geführtes Spiel. Beide Mannschaften haben ihr Herz auf der Platte gelassen.“ Nach dem knapp gewonnenen Hinspiel der Potsdamer (24:23) hatte Hanning die Dormagener auch gelobt, damals aber für das Kunststück, die ebenso junge wie talentierte Truppe des VfL komplett ihres Tempos beraubt zu haben. Das gelang dem TSV dieses Mal nicht, er wählte offensichtlich einen anderen Ansatz, ließ sich auf die wilde Hatz ein, ging die hohe Geschwindigkeit mit und versuchte, den Gegner mit dessen eigenen Waffen zu schlagen. Und über weite Strecken sah es auch in der Tat so aus, als könne das gut gehen. Doch obwohl die Gäste bis weit in die zweite Hälfte alles versuchten und auf Tuchfühlung blieben, setzte sich das Original letztlich durch. Dass es so kam, lag im Wesentlichen an drei Faktoren. Zum einen zeigte sich im Verlauf des Spiels, dass die Gastgeber trotz ihres niedrigen Durchschnittsalters über die größere individuelle Klasse verfügen. Gerade die beiden Rückraumschützen Max Beneke auf Halbrechts und Matthes Langhoff auf Halblinks bekam die Dormagener Defensive nie in den Griff, in der entscheidenden Phase der zweiten Hälfte gelangen den beiden gegen eine zu passive TSV-Abwehr zu viele einfache Tore.

Damit im Zusammenhang steht auch der zweite Faktor, nämlich die unzureichende Torhüterleistung aufseiten der Dormagener. In Abwesenheit von Christian Simonsen, der sich vergangene Woche einer schon länger angekündigten Leisten-Operation unterziehen musste, war Martin Juzbasic weitgehend auf sich alleine gestellt und bekam viel zu wenig Bälle zu fassen. Insgesamt nur fünf. Auch dass Flohr für knappe sieben Minuten den aus der Reserve mitgereisten Matthias Broy einsetzte, brachte nichts. Zwar waren auch die Potsdamer nicht ganz zufrieden mit der Vorstellung ihrer Torhüter, doch Lasse Ludwig (7) und Mark Ferjan (5) brachten es immerhin zusammen auf zwölf Paraden, wobei Ludwig insbesondere in einer wichtigen Phase der zweiten Hälfte den Gästen wichtige Tore „klaute“. Wiederum im Zusammenhang damit steht der dritte Faktor, der die Dormagener Niederlage forcierte. Sie leisteten sich zu viele Fehlwürfe. Während beim TSV unter dem Strich 17 zu Buche standen (Wurfquote 67 Prozent), waren es beim VfL nur 11 (Wurfquote 78 Prozent).

Die Quote der technischen Fehler, die dem Gegner in der Regel das schnelle Umschalten ermöglichen, war dagegen ausgeglichen (13/13). Wobei den Gastgebern nach einer schellen 2:0-Führung in der Anfangsphase mehr unterliefen, so dass die Dormagener auch dank des hellwachen und insgesamt sehr starken Jan Reimer (10 Tore) ihrerseits in Front gingen und lange auf Augenhöhe agierten. Erst nachdem Moritz Sauter das 18:17 (26.) erzielt und Matthias Flohr eine Auszeit genommen hatte, konnte sich der VfL bis zur Pause etwas absetzen. Nach dem Seitenwechsel kämpfte sich der TSV immer wieder heran, auch weil er auf den Halbpositionen zwischenzeitlich offensiver verteidigte, doch letztlich blieben die Gastgeber zu stabil, als dass ihr Sieg hätte noch mal ernsthaft in Gefahr geraten können. Wegen des spielfreien Länderspielwochenendes bleibt den Dormagenern nun mehr Zeit, um die Versäumnisse der unglücklichen Wintervorbereitung aufzuarbeiten. Wobei Sören Steinhaus (U21), Ian Hüter (USA) und Jakub Sterba (Tschechien) mit ihren Nationalteams unterwegs sind. Auch Patrick Hüter war für die USA nominiert, will sich aber nach der kräftezehrenden WM aktuell ganz auf den TSV konzentrieren. Matthias Flohr: „Dies muss ich ihm hoch anrechnen.“

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