2. Handball-Bundesliga Bayers Aufholjagd in Aue endet mit Remis
Dormagen · Der TSV Bayer Dormagens sah im Kellerduell schon wie der sichere Verlierer aus. Doch weil der EHV in der zweiten Hälfte die große Flatter bekam und die Gäste sich steigerten, war am Ende sogar noch der Sieg drin.
Es gibt einen Film aus den 1970-er Jahren, der beschreibt ganz gut, was Drucksituationen im Sport bewirken können. „Angst essen Seele auf“ heißt der Streifen, dessen Inhalt so gar nichts mit Sport tu tun hat. Doch der Titel vermittelt eine Vorstellung davon, was am Samstag in den Spielern beim Kellerduell der 2. Handball-Bundesliga zwischen dem gastgebenden EHV Aue und dem TSV Bayer Dormagen abgelaufen ist. Anders ist es kaum zu erklären, dass zwei Mannschaften, die die vorige Saison auf den Plätzen fünf (Aue) und sieben (Dormagen) abgeschlossen haben, eine Partie auf so bescheidenem Niveau mit etlichen technischen Fehlern und Fehlwürfen gespickt abliefern. Weil beide Teams über die ganze Dauer ihre Schwäche- und Stärkephasen hatten, endete das Spiel mit einem gerechten 28:28, wobei die Gastgeber zur Pause 15:12 vorne gelegen hatten.
Das Pendel schlug nach einem ganz schwachen Start in die zweite Hälfte im weiteren Verlauf allerdings eindeutig in Richtung der Gäste aus und das Momentum sprach am Ende sogar für einen Sieg der Dormagener. Nachdem sie nach dem Wiederanpfiff ähnlich wie am Donnerstag in Dresden für eine Zeit völlig von der Rolle gewesen waren und bereits mit 12:18 fast aussichtslos in Rückstand gelegen hatten, bekam Aue nach einer Auszeit von TSV-Coach Dusko Bilanovic plötzlich die Flatter und produzierte so viele Fehler, dass es den vorher teils schon lethargisch wirkenden Gästen gelang, sich dank einer konzentrierteren Abwehrarbeit und erfolgreicher personeller Wechsel Tor um Tor heranzuarbeiten. Besonders hervor taten sich in dieser Phase der erst am Mittwoch volljährig gewordene Youngster Sören Steinhaus mit wichtigen Toren, der nach einem Durchhänger wieder besser treffende André Meuser und der für Martin Juzbasic ins Tor gerückte Christian Simonsen. Auch der erst kürzlich vom Drittligisten TuS Opladen ausgeliehene Oliver Dasburg machte seine Sache bei seinem Debüt exzellent.
Unter anderem holte der Halblinke einen Siebenmeter heraus, den der sichere Jan Reimer zum 19:22 (45.) verwandelte, dann brachte er den TSV in der 59. Minute mit einer starken individuellen Aktion mit 28:26 scheinbar auf die Siegerstraße und eröffnete Aron Seesing mit einem tollen Kreisanspiel bei 59:26 Minuten sogar die Möglichkeit, den entscheidenden Treffer zum 29:27 zu setzen. Doch Torwart Erik Töpfer, Aues bester Mann, verhinderte das und eröffnete seiner Mannschaft noch die Chance zum Ausgleich. Mit dem siebten Feldspieler ging der EHV volles Risiko und wurde mit dem Ausgleich von Maximilian Lux vier Sekunden vor Schloss belohnt.
„Keinen Vorwurf an Aaron. Wir dürfen uns nicht auf diese Szene konzentrieren. Davor hätten zum Beispiel auch schon Jakub Sterba und Sören Steinhaus mit freien Würfen nach Gegenstößen treffen können“, sagte TSV-Coach Dusko Bilanovic, der seine Strategie für das Match insgesamt aufgegangen sah. Letztlich waren aber elf technische Fehler und sechs vergebene Großchancen zu viel des Schlechten.
Dennoch war Bilanovic mit dem Punkt zufrieden, auch wenn das Unentschieden gleichbedeutend mit dem zehnten sieglosen Spiel in Folge war. Zumal die Dormagener schon seit 14 Jahren nichts mehr Zählbares in Aue geholt hatten. „In unsere Situation müssen wir alles mitnehmen, was wir bekommen können“, betonte der TSV-Coach, der als Begründung für die fehleranfällige Vorstellung immerhin gute Gründe ins Feld führen kann. Schließlich hatte sein seit Wochen personell extrem gebeuteltes und mit vielen Rückschlägen konfrontiertes Team schon die beiden Spiele von Montag gegen Essen (25:25) und Donnerstag gegen Dresden (23:26) in den Knochen.
Anders die Gastgeber, die zwar zuletzt zwei knappe Niederlage kassierten, dabei aber einen Aufwärtstrend erkennen ließen und sich über eine Woche auf die Dormagen-Partie vorbereiten konnten. Entsprechend bedient war EHV-Coach Stephan Swat: „Jeder muss hinterfragen, was er in den letzten 18 Minuten zum Wohle von Aue auf die Platte gebracht hat. Wenn jeder nur individuell agiert, funktioniert das im Teamsport nicht.“