Elephants Grevenbroich Angst vor der eigenen Courage

Von Dirk Sitterle

Von Dirk Sitterle

Die Zweitliga-Basketballer der Elephants Grevenbroich haben ein großes Problem: Sie können einfach keine engen Spiele gewinnen - vor allem nicht auf fremdem Parkett. Das war in Cuxhaven (74:75) so, in Wolfenbüttel (76:79) und nicht anders am Samstag beim 81:86 (35:35) gegen den ETB Schwarz-Weiß Essen. "Und wenn wir zu Hause gegen Braunschweig nicht schon so klar geführt hätten, hätten wir am Ende auch dieses Spiel verloren", ist sich Trainer Raphael Wilder sicher.

Dabei war die Niederlage in Essen so überflüssig wie ein Kropf. Noch in der 36. Minute lagen die Gäste nach einer 8:0-Serie (Soltau drei Punkte, Wilczek per Dreier und Anton Dornhof/2) mit 81:74 vorne. Doch den so wichtigen ersten Auswärtssieg vor Augen, bekamen die Elephants plötzlich wieder Angst vor der eigenen Courage. Für das "kollektive Versagen" seiner Akteure hatte der Coach auch nach zweimaligem Studium des Spielvideos keine Erklärung: "Kein Einziger macht in dieser Phase eine einzige richtige und gute Entscheidung - kein Einziger!"

Die Folge: Wie schon in Wolfenbüttel gelingt Grevenbroich in den letzten dreieinhalb Minuten kein Korb. Das Bild totaler Konfusion: Zwei Ballverluste von Soltau und Wojdyla in Folge nutzt Errick Greene zum 78:81 (37.). Dann lässt sich Rafael Wilczek von Nikola Jovanovic zu einem Ellenbogencheck provozieren. Wilder reagiert sofort, bringt für Wilczek den seit Mitte des dritten Viertels auf der Bank schmorenden Rico Grier. Im Anschluss verwandelt Sebastian Rathjen einen von zwei Freiwürfen zum 79:81 (37.).

Auch die nächsten drei Angriffe der Elephants bringen keine Punkte: Soltau steht länger als drei Sekunden in der Zone unter dem Korb, Wilczek, nach dem fünften Foul gegen Matthias Wojdyla aufs Feld zurückgekehrt, setzt den Ball nur an den Ring. Als Greene, der kurz zuvor von der Freiwurflinie (2/1) auf 80:81 verkürzt hatte, die Hausherren 47 Sekunden vor Schluss per Dreier wieder mit 83:81 nach vorne wirft, nimmt Wilder seine letzte Auszeit, bringt Whitney Harris.

Doch der für den Kanadier angesagte Spielzug misslingt, Soltau springt in die Bresche, verfehlt aber. Anton Dornhof schickt Greene 26,5 Sekunden vor dem Ende erneut an die Freiwurflinie. Von dort sorgt der Amerikaner für die Entscheidung (85:81), zumal auf der anderen Seite Griers Wurf von jenseits der Drei-Punkte-Linie ins Leere fliegt.

Am Tag darauf legte Wilder den Finger tief in die Wunde, nahm sich zunächst seine deutschen Spieler zur Brust. An sie erging der Vorwurf: "So lange ein Spiel eng ist, spielen sie allesamt schlecht." Sieben Punkte vor der Pause von seinen Flügeln, von denen immer zwei gleichzeitig auf dem Feld stünden, seien einfach indiskutabel. Dass Grevenbroich in der 19. Minute mit 35:28 führte, war vor allem ein Verdienst Thomas Soltaus, der allein im zweiten Viertel elf seiner insgesamt 14 Zähler erzielte. Greene indes, bis dahin noch ohne jeden Punkt, brachte Essen mit sieben Zählern in Folge wieder auf gleiche Höhe (35:35).

Im dritten Viertel zogen die Hausherren bis auf 62:46 (28.) davon. Erst jetzt, als die Partie verloren schien, meldeten sich die deutschen Spieler wieder zurück. Angetrieben von Wilczek (vier Dreier) und Wojdyla (3) entschieden die Gäste die Phase zwischen der 28. und 36. Minute mit 35:12 (!) zu ihren Gunsten.

Dass danach nichts mehr ging, lastete der Coach allerdings auch seinen beiden Profis an. Während Grier (13), der während der Aufholjagd auf der Bank saß, und Harris (9) gemeinsam nur auf 22 Punkte kamen, teilten Greene, dem sogar ein Triple Double gelang (30 Punkte/11 Rebounds/10 Assists) und Jacob Chrisman, der ebenso wie Jovanovic 20 Zähler markierte, satte 50 Punkte unter sich auf. Wilder: "Rico hat keine gute Entscheidung getroffen, Whitney war gar nicht präsent. Das war ein Spiegelbild seiner Trainingsleistungen."

(NGZ)
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