Tennis Acht Stunden Zittern bis zum ersten Sieg

Neuss · Enge Matches und zwei Stunden Regenpause machten aus dem 4:2-Sieg des TC BW Neuss über Reutlingen einen Marathon-Tennistag.

 Nach Verletzung leistungsmäßig noch nicht wieder da, wo er im Daviscup war: Peter Gojowczyk mühte sich zum Sieg über Jordi Samper-Montana.

Nach Verletzung leistungsmäßig noch nicht wieder da, wo er im Daviscup war: Peter Gojowczyk mühte sich zum Sieg über Jordi Samper-Montana.

Foto: -woi

Der TC Blau-Weiss Neuss hat den ersten Sieg seiner 34. Spielzeit in der Tennis-Bundesliga unter Dach und Fach. Doch bis der Spanier Marcel Granollers-Pujol gestern um 19.23 Uhr im Doppel an der Seite von Philipp Oswald den entscheidenden Punkt zum 4:2 über Aufsteiger TV Reutlingen setzte, waren mehr als acht Stunden Zittern und Bangen angesagt bei den nur 500 Zuschauern an der Jahnstraße.

 Packte erst spät, aber nicht zu spät sein Kämpferherz aus: Antonio "Toni" Veic holte gestern Mittag den ersten Punkt für den TC Blau-Weiss Neuss.

Packte erst spät, aber nicht zu spät sein Kämpferherz aus: Antonio "Toni" Veic holte gestern Mittag den ersten Punkt für den TC Blau-Weiss Neuss.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Dass der dritte Spieltag der Bundesliga-Saison zum Marathon-Tennistag wurde, lag nicht nur an einer zweistündigen Unterbrechung, zu der um 15.15 Uhr kräftigen Regenschauer zwangen. Sondern vor allem daran, dass alle sechs Matches zu engen und nervenzehrenden Partien gerieten - fünf davon wurden erst im Champions-Tiebreak entschieden.

Es war so ein bisschen wie bei der Fußball-WM in Brasilien: Das spielerische Niveau war, von gewissen Ausnahmen, für die zeitweise Filippo Volandri, die italienische Nummer eins der Gastgeber, sorgte, eher dürftig. Dafür war es hochspannend - worauf einige Beteiligte liebend gerne hätten verzichten können. "Heute morgen fühlte ich mich meinem Geburtsdatum gemäß wie 60, jetzt eher wie 70", bekannte Dietmar Skaliks, nachdem der vierte und siegbringende Punkt endlich unter Dach und Fach war. Der Neusser Teamchef hatte zuvor vom "Schicksalsspiel" gesprochen und deutlich gemacht, worum es gestern ging: "Wenn wir das nicht gewinnen, weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie wir den Klassenerhalt überhaupt schaffen können."

Seine Spieler schien dieser Druck eher zu lähmen als zu beflügeln. Antonio Veic, im vergangenen Jahr die Zuverlässigkeit in Person, wirkte im Auftaktmatch gegen den Italiener Marco Crugnola jedenfalls fahrig und unkonzentriert. Skaliks hatte den Kroaten am Freitagabend auf der Rückfahrt nach der 1:5-Niederlage in Halle kurzerhand angerufen und für gestern nachverpflichtet. "Weil mir nach dem Spiel Bedenken kamen, ob wir in der ursprünglich vorgesehenen Formation" - in der sollte Doppelspezialist Philipp Oswald das vierte Einzel bestreiten - "tatsächlich eine Siegchance hätten", begründete der Teamchef seine Entscheidung.

Die so ganz falsch nicht war, nicht nur, weil Veic nach kläglich verlorenem ersten (4:6) und 3:5-Rückstand im zweiten Satz plötzlich sein von den Neussern so geschätztes Kämpferherz auspackte und die Partie noch mit 7:6 und 10:2 zu seinen Gunsten entschied. Sondern auch,weil sein Reutlinger Kollege Stefan Schneider nach der wenig erquicklichen Vorstellung seiner Nummern drei und vier bei der 2:4-Heimniederlage am Freitag gegen Krefeld ähnliche Gedanken beschlichen und er die dort eingesetzten Matteo Trevisan und Leonardo Azzaro durch Simone Vagnozzi und Marco Crugnola ersetzte.

Letztlich vergebens - nach der gestrigen dritten Saisonniederlage, der zweiten gegen einen direkten Abstiegskonkurrenten, könnte das Kapitel Bundesliga für den Aufsteiger schnell wieder beendet sein, zumal die Reutlinger aus unterschiedlichen Gründen auch im weiteren Saisonverlauf auf ihre an den Positionen eins bis vier gemeldeten Spieler werden verzichten müssen.

Die Neusser hingegen haben sich zu einem Pflichtsieg gezittert, dem bis zum Happy-end wohl noch zwei weitere folgen müssen. Der nächste soll am Sonntag bei Nachrücker Bremerhavener TV eingefahren werden, da, wo im Vorjahr am letzten Spieltag mit einem 5:1 der Klassenerhalt glückte. Deshalb hat Sponsorenbeauftragter Michael Rötepohl wie vor Jahresfrist einen kostenlosen Fanbus gechartert, Abfahrt ist um 7 Uhr an der Jahnstraße (Anmeldungen bei Anja Rötepohl, Telefon 0172/9232561). "Sollte Deutschland wie erhofft im WM-Finale stehen, sind wir rechtzeitig zum Anpfiff wieder zurück", verspricht Rötepohl - am liebsten mit Saisonsieg Nummer zwei im Gepäckfach.

(NGZ)
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