Handball Ein Spiel für die Vereinsannalen

Essen · Mit einer beeindruckenden Vorstellung entscheidet der TSV Bayer Dormagen den Derbyklassiker der Zweiten Handball- Bundesliga bei TuSEM Essen mit 39:33 (Halbzeit 19:15) für sich und sammelt zwei ganz wichtige Punkte im Abstiegskampf.

 waehrend des 2. HBL Handballspiels zwischen TUSEM Essen und TSV Bayer Dormagen (33:39) im Sportpark am Hallo in Essen, am 22. Maerz 2019. Heinz J. Zaunbrecher

waehrend des 2. HBL Handballspiels zwischen TUSEM Essen und TSV Bayer Dormagen (33:39) im Sportpark am Hallo in Essen, am 22. Maerz 2019. Heinz J. Zaunbrecher

Foto: Heinz J. Zaunbrecher

Das vielleicht größte Kompliment für eine beeindruckende Vorstellung kam aus dem Munde eines unbekannten TuSEM-Fans: „Müsst Ihr uns jetzt auch noch das Bier wegtrinken – ihr habt doch schon die zwei Punkte. Und das vollkommen verdient.“

In der Tat, Diskussionsbedarf gab es wenig an diesem Freitagabend im Essener Sportcenter am Hallo. Zu eindeutig war, wer zumindest 50 Minuten des Derbyklassikers der Zweiten Handball-Bundesliga zwischen TuSEM Essen und dem TSV Bayer Dormagen bestimmt hatte. Denn die gegen den Abstieg kämpfenden Gäste lieferten bei ihrem 39:33-Sieg (Halbzeit 19:15) vor 1902 Zuschauern nicht nur ihre bisher beste Saisonleistung ab. Es war, abgesehen von den ersten zehn Minuten, das beste Spiel einer Dormagener Handball-Mannschaft seit langem, vergleichbar vielleicht jenem 29:25-Sieg am 16. Mai 2015 bei der HSG Nordhorn-Lingen, der damals den Klassenerhalt bescherte.

Von dem sind die Bayer-Handballer zwar immer noch ein gute Stück entfernt. Doch wenn es ihnen gelingt, Leistung, Einstellung, Disziplin und Konzentration dieses Derbys zu konservieren, muss ihnen vor keiner der elf Hürden, die in dieser Saison noch auf sie warten, bange sein. „Jetzt müssen wir nachlegen,“ sagte Dusko Bilanovic, kaum dass die minutenlangen Jubelorgien zwischen Spielern und gut 100 mitgereisten Fans verebbt waren.

Dem neuen Mann auf der Trainerbank war mit dem Schlusspfiff eine zentnerschwere Last vom Herzen geplumpst. Die zweit blutleeren Auftritte in der Fremde unter seiner Regie (24:34 in Wilhelmshaven, 28:33 in Großwallstadt) hatten sichtlich an ihm genagt. Und auch in Essen schien es zunächst auf ein ähnliches Debakel hinaus zu laufen: 7:3 führten die favorisierten Gastgeber nach zehn Minuten, als Bilanovic früh die Reißleine zog. Obwohl eine Auszeit nur sechzig Sekunden dauert, nutzte der 47-Jährige sie gleich mehrfach: Erst faltete der 47-Jährige seine Schützlinge ordentlich zusammen, dann schickte er sie taktisch und mental neu eingestellt zurück aufs Parkett. Und vollzog den vielleicht entscheidenden Personalwechsel, in dem er Carl Löfström in die Deckungsmitte beorderte. „Carl hat uns das Spiel gewonnen,“ lobte er den schwedischen Kreisläufer hinterher, „er war der einzige, der es von der Körperlichkeit her mit einem Spieler wie Dennis Szczesny aufnehmen kann.“

In der Tat fiel den Hausherren fortan wenig ein gegen den stabilen Dormagener Innenblock. Gestützt auf diese Deckung, soielten sich die Bayer-Handballer in einen Rausch. Nach sechs Minuten hatten sie den Rückstand ausgeglichen (8:8), weitere drei Minuten später warf der deutlich verbesserte Joshua Reuland sie mit einer sehenswerten Direktannahme eines langen Passes von Torhüter Sven Bartmann erstmals in Führung (10:9), die sie nach dem 13:12 durch Eloy Morante Maldonado (24.) nicht mehr abgeben sollten. Und das, obwohl TuSEM-Trainer Jaron Siewert personell und taktisch alle Register zog, es im zweiten Durchgang mit so ziemlich allen Deckungsvarianten probierte, die das Handbuch hergibt. Vergebens, denn die Dormagener spielten endlich einmal konzentriert und diszipliniert ihren Stiefel herunter. Selbst als die Hausherren noch einmal von 20:26 auf 23:26 (42.) verkürzten, behielten die Bayer-Handballer Ruhe und Übersicht, zogen nach Bilanovics Auszeit innerhalb von nur vier Minuten auf 30:23 davon. „Die haben jeden Ball aus jedem Winkel getroffen,“ stellte Noah Beyer, mit 8/1 Treffern Essens bester Torschütze, ernüchtert fest.

 Die einen feiern, die anderen sind konsterniert – die Anzeigetafel (oben) verrät, warum. Carl Löfström (kleines Bild) hatte dabei besonders großen Anteil am Dormagener Sieg.   Fotos: Zaunbrecher

Die einen feiern, die anderen sind konsterniert – die Anzeigetafel (oben) verrät, warum. Carl Löfström (kleines Bild) hatte dabei besonders großen Anteil am Dormagener Sieg. Fotos: Zaunbrecher

Foto: Heinz J. Zaunbrecher

Er konnte das beurteilen, denn sein direkter Gegenspieler Tim Wieling lief erneut zu großer Form auf. Der Rechtsaußen traf sogar aus dem Rückraum, patzte bei seinen 14/6 Treffern nur ein Mal aus dem Spiel und ein Mal vom Siebenmeterpunkt. Da war die Partie freilich längst entschieden, weil es diesmal auch keinen kräftemäßigen Einbruch gab auf Dormagener Seite. „Dafür trainieren wir ja auch acht Mal die Woche,“ sagte Ian Hüter. Der 21-Jährige lieferte als Rechtshänder erneut eine exzellente Vorstellung im rechten Rückraum ab. Und als er seine Zeitstrafe absaß, stellte Bilanovic in Heider Thomas einen weiteren Rechtshänder auf diese Position. Nuno Rebelo und Daniel Eggert freuten sich trotzdem ausgelassen über einen Sieg, für den es selbst in den Augen eingefleischter TuSEM-Fans nur ein Prädikat gab: „Vollkommen verdient.“

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